www.Crossover-agm.de CONSORTIUM PROJECT III: Terra Incognita - The Undiscovered World
von ta

CONSORTIUM PROJECT III: Terra Incognita - The Undiscovered World   (Century Media/SPV)

Da muss entweder alles schief oder alles spiegelglatt gelaufen sein. Veröffentlichte Ian Parry die erste Scheibe unter dem Banner "Consortium Project" noch beim Prog-Label Inside Out, wanderte er schon für den zweiten Teil der ganzen Geschichte zu Locomotive Records ab. Das dritte Kapitel der ConsPro-Story liegt mir nunmehr unter dem Titel "Terra Incognita (The Undiscovered World)" als CD vor, auf deren Hülle das Century Media-Logo prangt. Ein Fall der Prioritätensetzung also ... Wie sehen diese musikalisch indes anno 2003 aus? Auf dem letzten Album "Continuum In Extremis" servierte Initiator/Vokalist/Textschreiber Ian Parry eine adäquate Form des ausschweifenden Power Metals mit viel Melodie, die mit progressiven Versatzstücken durchaus (auch mein) Gefallen erregte, zumal das futuristische Konzept der Texte mit Schmunzeln (sofern man die Bezüge zur Gegenwart unbeachtet ließ) und Interesse studiert werden konnte. An diesen Fakten hat sich indes nichts geändert. Solider Edelstahl mit vielen Spielereien paart sich mit einer etwas bizarren Verbalisierung von fiktiven Gedankenkonstrukten, welche etwa wie folgt beinhalten: Schritt Eins - Weltuntergang/Schritt Zwei - Überlebende/Schritt Drei - Retroperspektive und neue Wege in die Zukunft. Bei Letzterem ist Parry nun angekommen, nähere Details jedoch an dieser Stelle zu erläutern wäre ein gar zu gemeiner Schachzug (schließlich will ich keine individuelle Entdeckung vorwegnehmen). Allerdings sei ins Dunkel orakelt, dass Frau Alice S. oder Christa J. Ian Parry sicher als angenehmeren Zeitgenossen empfänden als die Buben von Cannibal Corpse. Was indes auch daran liegen könnte, dass "The Undiscovered World" schon musikalisch nicht auf Polarisierung angelegt ist, sondern gefällig-gewohntes mit genug frischen Ideen und Arrangements feilbietet. Aus dem allgemeinen Substrat, welches dem grob skizzierenden Genre des Power Metal innewohnt, bezieht Mr. Parry seine Inspirationen, richtig spannend wird das "Terra Incognita" aber erst, wenn die schon oft betretenen Pfade der Straightness und 08/15-Strukturierung verlassen werden. So beginnt "Terra Incognita" mit "The Council Of Elders" noch unspektakulär und unumgänglich: Nach soundtrackartigem Beginn galoppiert der Song los und ist nach dem zweiten Refrain schon fast wieder am Ende. Nur der ruhig-beunruhigende (lediglich diese Wortzusammenstellung klingt paradox) Ausklang setzt ein bedächtiges Komma hinter so ein rasantes Verfahren. "Spirit Of Kindness" und "The Ark" sind da schon etwas ausschweifender, bieten die für den Komponisten vollkommen typischen, sich festsetzenden Refrains, die glücklicherweise nicht nach gängigem Stadionfutter klingen, sondern einfach nach Parry, bleiben dabei aber immer noch sehr geradlinig und leichtverdaulich. In der Form trennen das Consortium Project und Elegy, Parrys Hauptband, nur noch die schmackig säuselnden Keyboards von Joshua Dutrieux, die sich stilistisch nicht essenziell von denen seines Vorgängers Günther Werno (Vanden Plas -von denen ist übrigens auch diesmal wieder Stephan Lill an der Gitarre beteiligt) unterscheiden: Nicht zu exzessiv also, futuristisch-sphärisch und dabei stets etwas experimentell, für die Basis der Lieder als Stimmungsträger aber von tragender Bedeutung. Mit Song Nummer vier, "Lost Empire", wandelt das Consortium Project aber auf weniger urwüchsigen Schlängelwegen. Anfangs wägt man als Hörer, Parallelen ziehend, Elegy und Kamelot gegeneinander ab (speziell die weibliche Partnerin am Gesang, die im Laufe der CD hie und da von sich hören lässt, ist zweifellos dieselbe, welche "Nights Of Arabia" von Kamelots "The Fourth Legacy"-Album als Co-Vokalistin veredelt hat), nach Beendigung des zweiten Refrain wird "Lost Empire" aber plötzlich richtig progrockig, brilliert mit verschachtelten Akzenten und zwingendem Keyboardsolo. Ähnlich funktioniert auch "Reductio Ad Absurdum" an nächster Stelle. Hier erfährt ein Uptempo-Doublebass-Pflasterer eine ungeahnte Wandlung, die sich in SymphonyX-artiger Atmosphäre (Verträumtheit meets Wucht) und Gesangsspuren, die auch bei Queen nicht auffallen würden, offeriert, sich aber stetig wie ein Chameleon unter den Fittichen des Hörers windet, so dass ich bei den ersten Durchläufen immer ein wenig verdutzt und irritiert zurückgelassen wurde. Da ist dann "White Sands" mit seiner Seligkeit spendenden Kraft und seinen ganz, ganz ruhigen Keyboardflächen ein passender Quell für Orientierung und Entspannung. Zärtlich umschmiegen sich Parry und seine Partnerin (ihr Name wird in der Promobeilage seltsamerweise verschwiegen) durch dreieinhalb Minuten, die beinahe wie Adiemus ohne Kinderchor klingen. (Bodenloser Vergleich, ich weiß ...) "Great Exploration" ist in mittleren Temporegionen zuhause und entpuppt sich als treibendes Stück Schwermetall mit rockigen Nuancen und dicken Chören, markiert aber einen Schwachpunkt auf "Terra Incognita", weil es auf längerfristige Sicht einschrumpft und etwas anödet. Mit dem Glücksmoment "Across The Seven Seas" schließlich wird, spielwütig und aus der Hüfte erstklassig zusammengeschustert, endgültig die zweite Hälfte des Albums eingeleitet, d.h. ab "Across The Seven Seas" wird "Terra Incognita" ausufernder, sperriger, dynamischer, kommt weniger auf den Punkt als vorher und deutet eher auf eine Kategorisierung als "dem Prog-Lager zugehörig" hin. Der Instrumentalanteil ist (mehr oder weniger folglich) auch höher und die Songs werden länger. Wem welche Hälfte mehr zusagt, ist letztendlich rein des Individuums Sache (mein CD-Leselaser bspw. suchte tendenziell öfter die hintere Hälfte des Albums auf als die vordere) und soll hier nicht näher eruiert werden. "Nemesis" mag zwar langatmig sein, dürfte aber mit massiver Heavyness und rollender Schwere beide Lager, sollte es sie überhaupt geben, zufriedenstellen. Das fünfzehnminütige Abschlussdoppel aus "Beyond The Gateways Of Legends" und dem Titelsong indes könnte endgültig die Spreu vom Weizen trennen: "Beyond The Gateways Of Legends" wird für Parry werden, was von Queen die "Bohemian Rhapsody", von Savatage "Chance" und von Bach das Gesamtwerk symbolisiert: Vielschichtigkeit, Gestaltenwechsel, Aufbruch und Zusammenfall, Liebe zur Musik und Leben in der Komposition. Werbungskompatibel gesprochen: Ein ungetrübter Hörgenuss der Extraklasse, nicht stellvertretend für das, was das Consortium Project im Ganzen ausmacht, aber einer gesonderten Erwähnung bedürftig. Brilliant! Des gleichnamigen Albums Rausschmeißer "Terra Incognita" ist der finale Aufschwung: Eingeleitet von einem - sich aufgrund der Tatsache, dass Männer zu den in den Texten beschriebenen Überlebenden der Katastrophe, die den Weltuntergang heraufbeschwörte, nicht gehören, ironisch dem Albumkonzept widersetzenden - Männergesangsverein in tiefem Bass, zu dem sich Ian Parrys Stimme und Dutrieux' Säuselkeyboard gesellt (was die konventionellen Hörgewohnheiten meines Ohrs zunächst etwas herausforderte) drückt ein Kraftpacket mit Bombastchören im Refrain, treibender Doublebass in den Strophen und dicken Gitarren allerorten den Hörer zufrieden aus der Tür hinaus und in die Realität zurück. Dann hat "Terra Incognita" auch schon gut eine Stunde gedauert. Den Freund des melodischen Power Metals wird's freuen!
Kontakt: www.centurymedia.de, www.consortiumproject.com oder www.ianparry.com.

Tracklist:
1. The Council Of Elders
2. Spirit Of Kindness
3. The Ark (Of The Covenant)
4. Lost Empire
5. Reductio Ad Absurdum
6. White Sands (California Lighthouse)
7. Great Exploration
8. Across The Seven Seas
9. Nemesis
10. Beyond The Gateways Of Legends
11. Terra Incognita (The Undiscovered World)



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