www.Crossover-agm.de CHINCHILLA: Madtropolis
von rls

CHINCHILLA: Madtropolis   (Metal Blade Records)

Irgendwie haben's Chinchilla mit dem Wahnsinn. Schon die 2000er CD hieß "Madness", und nun taucht das sinnreiche Wortspiel "Madtropolis" als Albumtitel auf. Die Struktur der neuen CD mit dem Intro "The Arise Of Madtropolis" und dem konsequent "The Fall Of Madtropolis" betitelten Outro assoziiert ein Konzeptalbum, was sich aber bei genauerer Betrachtung als nichtig erweist, obwohl sich große Teile der Lyrics tatsächlich mal wieder mit all den Hieben befassen, welche die Menschheit wahlweise der Erde oder aber in Individuumsgestalt ihren Mitmenschen verpaßt. Wenngleich Haupttexter Udo Gerstenmayer an manchen Stellen das Ziel leicht verfehlt (beispielsweise könnte "Our Destiny" textlich aus einem Lehrbuch des Klassenkampfes aus der Zeit August Bebels stammen), so ist mir eine derartige Schwierigkeit immer noch lieber als konsequentes Nicht-Engagement nach dem Motto "Es gibt viel zu tun - fangt schon mal an". Aus dem Konzept, das keines ist, fallen im wesentlichen nur "Satellite" und "Heavy Metal" raus, erstgenanntes mit einer Liebesgeschichte (allerdings auch einer der verzweifelten Sorte), letzteres mit einer Ode an das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Metalszene, das ja im Zuge des Umgreifens von Erscheinungen wie der Plutokratie (behandelt in "Money Rules Everything") auch nicht mehr das ist, was es früher mal gewesen sein soll. Nicht mehr zusammengehörig ist auch die Besetzung der letzten beiden Chinchilla-Alben, denn Sänger Thomas Laasch und Gitarrist Udo Gerstenmayer haben eine komplett neue Hintermannschaft im Nagetierbau, von der Keyboarder Artur Diessner aufgrund von diversen Gastbeiträgen auf besagten Alben kein Unbekannter mehr ist. Für "Madtropolis" war er auch am Songwriting beteiligt - so geht "Satellite" komplett auf sein Konto, was in dreifacher Hinsicht Bedeutung besitzt. Erstens ist die Tatsache, daß "Chef" Udo Gerstenmayer an einem Chinchilla-Song nicht mitgeschrieben hat, sehr ungewöhnlich, zweitens fällt der Song (ein schöner harmonischer Midtemporocker mäßigen Härtegrades, der allerdings die textliche Verzweiflung nur bedingt umsetzen kann) stilistisch ein wenig aus dem Rahmen des gewohnten melodischen Power Metals aus dem Hause Chinchilla, und drittens ist er keine P.O.D.-Coverversion, was den ersten Schritt auf dem Weg des Außenvorlassens jeglicher Covers im Material für das neue Album darstellt. Dieser Weg wurde konsequent zu Ende beschritten, denn auch "Heavy Metal" stammt weder von Formel Eins noch von Judas Priest, sondern ist ein schwäbisches Eigengewächs. Selbige Eigengewächse haben diesmal an manchen Stellen aber das Problem, sich ein wenig zu stark zu ähneln. Da helfen selbst die fast progressiven Versmaßverschiebungen oder das ausladende Keyboardsolo (bisher in dieser Intensität bei Chinchilla kaum bekannt, in "Money Rules Everything" gar hammondartig reproduziert) in "Headless Fools" nichts. Außerdem neigt die Band dazu, einige Parts zu ausladend zu wiederholen, was beispielsweise am (für sich betrachtet sehr guten) Refrain von "When The Sand Darkens The Sun" deutlich gemacht werden kann, der im Schlußteil durchaus die eine oder andere Repetition hätte entbehren können. "Turn Around The Magic Table" wildert letztlich doch etwas in fremden Gefilden - man stelle sich vor, Grave Digger würden sich entschließen, das Intro zu Helloweens "Mission Motherland" zu einem kompletten Song verarbeiten, dann würde man ungefähr dieses Resultat erhalten. Interessant wäre hier noch zu erfahren, wer denn die tiefe cleane Stimme im Mittelteil singt - ist das tatsächlich Thomas Laasch oder aber ein Gast? Ich tippe eher auf letzteres, finde aber im mir vorliegenden Promomaterial keine diesbezüglichen Angaben (ich bilde mir ein, diese Stimme aus einem anderen Zusammenhang her zu kennen, kann mich aber auch irren). Einen Gast gibt es tatsächlich, nämlich Alt-Motörheadler Fast Eddie Clarke, der ein Gitarrensolo beisteuerte (welches allerdings so wenig aus dem Rahmen fällt, daß man lange suchen kann, wenn man nicht weiß, um welches es sich handelt). Wer Chinchilla bisher schon mochte, bekommt mit "Madtropolis" keinen Grund geliefert, sich aus der Supporterschar zu verabschieden, allerdings dürfte sich der Zustrom neuer Fans auch in Grenzen halten, falls es nicht durch ein Wunder gelingen sollte, "Satellite" irgendwo in publikumswirksame Rotation zu bringen.
Kontakt: www.metalblade.de

Tracklist:
The Arise Of Madtropolis
Our Destiny
A Dance With The Devil
When The Sand Darkens The Sun
Entire World
Satellite
Heavy Metal
Headless Fools
Turn Aroud The Magic Table
Money Rules Everything
Battle Of The World
Madtropolis
The Fall Of Madtropolis





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