www.Crossover-agm.de CHINCHILLA: Madness
von rls

CHINCHILLA: Madness   (Metal Blade Records)

Chinchillas sind possierliche kleine Nagetiere, die in ihrer Heimat, den südamerikanischen Anden, der Ausrottung entgegensehen und nur noch in Pelztierfarmen ihr Dasein fristen, um darauf zu warten, daß ihr weiches silbergraues Fell zu Kleidungsstücken für feine Damen verarbeitet wird. Dagegen wehrt sich dieses schwäbische Chinchilla hier ganz vehement, obwohl hinter "Fight" oder "Freedom" nun nicht unbedingt Greenpeace-Hymnen oder Kampfsongs zur paramilitärischen Befreiung der Chinchillas und ihrer Leidensgenossen, der Silberfüchse, Nerze und wie sie alle heißen mögen, aus ihren Gefängnissen stecken. Statt dessen ordnet Chefdenker Udo Gerstenmayer diese Songs den Menschen zu, die es ja nicht nur fertigbringen, drei Viertel der Tierwelt unter ihre Fuchtel zu bringen und das restliche Viertel auszurotten, sondern sich gegenseitig derart beeinträchtigen, gar bekämpfen, daß der Beiname "Sapiens", der ja "vernunftbegabt" bedeutet, einer paradoxen Bedeutungsverschiebung unterliegt, nämlich dahingehend, wie man seinen Verstand zum eigenen Nutzen und damit fast automatisch zum Schaden anderer bestmöglich einsetzt. "Freedom" demonstriert solche anti-altruistischen Gedanken am Beispiel der schottischen Geschichte, in der der "große Bruder" England nicht immer die ruhmreichste Rolle gespielt hat. Apropos Schottland, da war doch mal was ... Genau! Grave Digger hatten sich auf ihrem Meisterwerk "Tunes Of War" ausgiebig mit der schottischen Geschichte auseinandergesetzt, und Chinchilla hören sich lustigerweise wie eine etwas melodischere Variante der Boltendahl-Crew an. Der melodiegeschwängertere Aspekt kommt sowohl in der instrumentellen als auch in der gesanglichen Komponente zum Tragen, obwohl sich der neue Chinchilla-Sänger Thomas Laasch etwas rauher artikuliert als sein Vorgänger Martin Obermeier, der dem Altmetaller noch von Letter X ein Begriff sein dürfte. Zwar hört man Chinchilla deutlich an, daß ihr Power Metal deutscher Herkunft ist (man höre nicht zuletzt das chorische Element einiger Refrains - ein Stilmittel, das seit Blind Guardian im deutschen Power Metal weit verbreitet ist), und originell sind sie auch nur in Maßen, aber das ist ja prinzipiell nichts Schlechtes, solange die Qualität der einzelnen Songs stimmt. Und in dieser Hinsicht punkten Chinchilla mit dem treibenden Titeltrack, dem typischen schnellen Opener "Fight" oder dem abwechslungsreichen, bombastischen "Queen Of The Rain" in oberen Regionen. Dazu fahren sie im Eingangsthema und im Solo von "Living On My Own" einen eigenartigen, blechbläserartigen Keyboardsound auf, den ich in dieser Form noch auf keiner anderen Metalscheibe gehört habe. Und "I Stole Your Love" von Kiss hat meines Wissens nach auch noch keiner gecovert (außer auf so 'ner Tribute-Scheibe vielleicht, aber die kenne ich nicht alle). Als Freund beschriebener Power Metal-Klänge kann man sich "Madness" also quasi ungehört ins Regal stellen.
 



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