www.Crossover-agm.de BEYOND THE BLACK: Songs Of Love And Death
von rls

BEYOND THE BLACK: Songs Of Love And Death   (Airforce1 Records)

Wenn sich eine junge Band nach dem Opener des Metal-Church-Debüts und damit einem der besten Metalsongs (was für ein Spannungsaufbau!) überhaupt benennt, sollte man als qualitätsbewußter Metalfan natürlich prinzipiell hellhörig werden. Die aufgemachte Rechnung geht allerdings gleich in zwiefacher Hinsicht nicht auf. Zum einen ist spätestens nach dem ersten Hördurchlauf klar, daß, falls der besagte Song tatsächlich die Inspirationsquelle gewesen sein sollte, er keine musikalischen Spuren im Schaffen der Band hinterlassen hat (außer daß beide dem metallischen Sektor zuzurechnen sind), und zum anderen ist die Band zumindest auf dem vorliegenden Debütalbum noch gar keine: Von den sechs Menschen, die auf dem Backcover abgebildet sind, hört man auf den 56 Minuten jedenfalls gerade mal zwei, und der eine dieser beiden, Rhythmusgitarrist Christopher Hummels, tritt lediglich in "Running To The Edge" in Erscheinung und greift dort auch gar nicht in die Saiten, sondern liefert den männlichen Gesangspart ab. Bleibt also nur noch eine Person übrig, und das ist, wie sich leicht ausrechnen läßt, die Sängerin: Bei Beyond The Black handelt es sich um ein Projekt, das die beiden Produzenten Hartmut Krech und Mark Nissen rings um die Stimme der Sängerin Jennifer Haben zusammengebastelt haben. Eine solche Arbeitsweise ist im Pop gang und gäbe, im Metal spricht man dann allerdings schnell von einem Retortenprojekt, und die Liveumsetzung würde sich mit der Studiobesetzung auch etwas problematisch gestalten. Ergo ist um die Mannheimer Sängerin mittlerweile das auf dem Backcover abgebildete Sextett entstanden, das beginnend mit Wacken 2014 (!) auch schon einiges an Liveerfahrung gesammelt hat und von dem man Drummer Tobias Derers Namen durchaus schon mal gehört haben könnte. Was diese Truppe songwriterisch und/oder im Studio zu leisten imstande ist, könnte man auf künftigen Alben erfahren, sofern da nicht wieder die auf "Songs Of Love And Death" angewendete Strategie repliziert wird, mit einem hauptsächlichen und einigen ergänzenden Produzententeams zu arbeiten.
Aber das ist noch Zukunftsmusik im wahrsten Sinne des Wortes - konzentrieren wir uns also erstmal auf die vorliegende knappe Stunde des Debütalbums. Die faßt in eklektizistischer Manier so ziemlich alles zusammen, was der melodisch-angedüsterte Orchestermetal in den letzten anderthalb Dekaden an Substilistika hervorgebracht hat, so daß manch ein Purist das Bonmot äußern könnte, die Arbeitsweise habe sich im musikalischen Ergebnis niedergeschlagen. Er übersieht dabei aber zwei Dinge: Erstens ist die Bandbreite durchaus nicht größer als beispielsweise auf den jüngeren Nightwish-Alben, die bekanntermaßen alle mehr oder weniger aus einem Hirn stammen, und zweitens bleibt da immer noch die Stimme der Sängerin als verbindendes Element, die zugleich "normal" genug ist, einen breiten Fankreis anzusprechen - wer sich eine geringfügig kräftiger und dafür nicht ganz so nasal singende Anette Olzon vorstellen kann, liegt prinzipiell schon mal nicht falsch. Elfengesäusel, Sopranlagen und wildes Gehuste gibt es hier jedenfalls nicht, zumindest nicht von Jennifer: Letztgenannte Stimmlage ist auf dem Album durchaus vertreten, wird in "When Angels Fall" aber von Hannes Braun (der hier und da auch mitgeschrieben hat - ja, es ist der von Kissin' Dynamite) und in "Hallelujah" u.a. von Sander Gommans (den man von After Forever her kennt) beigesteuert. "When Angels Fall" ist überhaupt ein gutes Stichwort: Dieser Song steht an Position 4 und leitet einen markanten Umschwung innerhalb des Albums ein. Mit "In The Shadows" und dem Titeltrack stehen nämlich zwei gute und eingängige, aber vergleichsweise "harmlose" Melodic-Rock-Kompositionen am Anfang, gefolgt von der Ballade "Unbroken" - wer sich damit aber schon auf ein gemütliches familienkompatibles Album eingestellt hat, wird mit besagtem "When Angels Fall" und seiner heftigen Metalkante aus dem Sessel gekippt, und nach "Pearl In A World Of Dirt" (auch hier ist Prominenz am Start: Nik Page von den Blind Passengers hat am Text mitgeschrieben, Ingo Hampf von Subway To Sally spielt die Laute des leicht mittelalterlich angehauchten Songs, der u.a. auch noch Flöte und Schalmei auffährt) kommt besagtes "Hallelujah", nach ruhigem Start lossprintend, als sei der heilige Elias gerade auf der Jagd nach Baalspriestern, und das Ganze dann im Hauptsolo sogar nochmal steigernd. Damit ist allerdings im wesentlichen die Dramatikobergrenze erreicht - der Rest des Albums pendelt sich wieder im gediegenen Melodic Metal mit nur gelegentlichen härteren Anflügen, die zudem auf die hier und da, etwa in "Drowning In Darkness", eingeflochtenen Shouts und die eine oder andere Tempoverschärfung, etwa vor dem Finale des eben genannten Songs oder völlig unmotiviert in "Fall Into The Flames", beschränkt bleiben, und einigen interessanten Einfällen, etwa dem Chormittelteil samt angeschlossenem und richtig gutem Heavenly-Voice-Akustikpart in der Mitte des ansonsten eher unauffälligen "Afraid Of The Dark". Das läßt sich alles nicht schlecht anhören und ist erwartungsgemäß auch professionell produziert und eingespielt (immerhin zeichnet ein Könner wie Sascha Paeth für das Gros der Gitarren und Bässe verantwortlich - nur das Shouten sollte er bleiben lassen, wie seine eher bemüht wirkenden Beiträge in "Afraid Of The Dark" zeigen), rechtfertigt höhere Weihen aber sicherlich noch nicht - es ist ein guter Genrebeitrag, nicht weniger und nicht mehr. Und auch wenn Lemmy über Jennifer den im Booklet abgedruckten Satz "She's good, really good!" gesagt hat, womit er ihre Gesangsleistung im abschließenden Motörhead-Cover "Love Me Forever" (als in der Tat herausstechendes Element einer sonst allenfalls soliden und kaum Akzente setzenden Umsetzung) gemeint haben soll (vielleicht aber, wie wir ihn kannten, auch etwas anderes gemeint hat - und die junge Sängerin ist in der Tat optisch nicht zu verachten), so ändert das nichts an der Tatsache, daß hier im Laufe der Zeit durchaus eine Bandgröße heranwachsen könnte, aber keineswegs muß. "Songs Of Love And Death" stellt dann entweder den soliden Grundstein oder das wacklige Fundament dar, und das bereits in Vorbereitung befindliche zweite Album könnte erste Erkenntnisse ermöglichen, in welche Richtung sich der Bau entwickeln wird.
Kontakt: www.beyondtheblack.de, www.universalmusic.de

Tracklist:
In The Shadows
Songs Of Love And Death
Unbroken
When Angels Fall
Pearl In A World Of Dirt
Hallelujah
Running To The Edge
Numb
Drowning In Darkness
Afraid Of The Dark
Fall Into The Flames
Love Me Forever



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