www.Crossover-agm.de BATTLE BRATT: The Anthology
von rls

BATTLE BRATT: The Anthology   (Battle Cry Records)

Eine Anthologie im Musikbereich besitzt ja meist den Charakter einer Best Of oder aber eines Samplers - der vorliegende Fall gestaltet sich allerdings etwas anders, denn die CD enthält praktisch ein komplettes, bisher unveröffentlichtes Album von Battle Bratt aus dem Jahre 1985, ergänzt noch um die zwei Tracks vom ersten Demo der Band, aufgenommen ein Jahr früher. Freilich geht nicht ganz klar aus den Liner Notes hervor, ob es sich bei den zehn 1985er Songs nicht vielleicht doch um eine Ansammlung von Aufnahmen verschiedener Sessions gehandelt hat; soundliche Unterschiede beispielsweise zwischen "Tuff Too Bad" und "Delusions" an den Positionen 2 und 3 der CD (die nicht chronologisch sortiert ist, die 1984er Songs stehen ganz hinten) dürfen als Zeichen für diese Variante gewertet werden, und im Falle einer zeitnahen Veröffentlichung wäre das Material sicher nochmal neu eingespielt oder zumindest soundlich aneinander angepaßt worden. Daß es sich um Stoff von alten Tapes handelt, hört man schon an den gelegentlichen Gleichlaufschwankungen im Opener "Henchman", die allerdings nicht weiter störend ins Gewicht fallen. Jedenfalls kam es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zu einer Veröffentlichung dieses Materials, einzig "Henchman" in seiner 1984er Version fand den Weg auf den Sampler "Speed Metal Hell" von New Renaissance Records, und das einzige offizielle Battle Bratt-Album der damaligen Schaffensperiode, das mittlerweile ebenfalls wiederveröffentlicht vorliegt, erschien erst Jahre später mit einem neuen Sänger und einem neuen Gitarristen in der Besetzung. Auch die 1984er und 1985er Aufnahmen entstanden mit zwei verschiedenen Vokalisten - die beiden Songs des ersten Demos hatte Chris Gallipoli eingesungen, auf den 1985er Aufnahmen ist Jim Kane zu hören, der eine für den damaligen US-Metal typische extrem hohe, teils schrille und gewöhnungsbedürftige, aber technisch gute und für Freunde dieser Stilistik sicherlich entdeckenswerte Stimme besitzt, während Chris etwas tiefer zu Werke ging, allerdings in seiner Version von "Henchman" (sowohl dieser Song als auch "Tuff Too Bad" sind in beiden Versionen zu hören, so daß man schön vergleichen kann) zeigt, daß auch er nach oben hin gute Arbeit leisten kann, wenngleich er sich dort hörbar mehr anstrengen muß als Jim. Einen stilistisch richtig gefestigten Eindruck hinterlassen Battle Bratt in dieser Frühphase freilich noch nicht, statt dessen bekommt man einen Gemischtwarenladen in allerdings sehr ansprechender Qualität zu hören. "Henchman" ist neben "Screaming In The Night" der einzige Titel, der eine Einordnung ins Material von "Speed Metal Hell" musikalisch rechtfertigt, beide flitzen um die Wette, bleiben aber immer streng im melodischen Bereich, nie in das sich damals ausbreitende Geknüppel abdriftend und bei der Spaltung des Lagers in Härtner und Poser in der Mitte verharrend. Zweitgenannter Song erinnert übrigens irgendwie an "Children Of Our Lord" von Recon. Von der Songlänge her unterbietet, abgesehen von der Collage aus Werbespots und Radioansagen namens "WBAB New York / Radio Blurbs", nur die Bandhymne "Battle Bratt" die beiden genannten Speedies noch, und sie läßt als einziger Song Iron Maiden-Einflüsse durchscheinen, diese aber dafür gleich in geballter Manier, lediglich im Solo auf die Situation mit Bill Kania als einzigem Gitarristen Rücksicht nehmend und keine Rhythmusgitarre darunterlegend - diese Praxis soll allerdings einzigartig im hier konservierten Schaffen bleiben. Das Hauptbreak zwischen Solo und Schlußpart wiederum greift Stilelemente auf, die man auf dem Jacobs Dream-Debüt schätzenlernen konnte. Am anderen Ende der Spielzeitskala steht die fünfminütige Halbballade "Remember Me" mit einem zauberhaften fragilen Gestus, wenngleich dieser durch die etwas zu trockene Produktion seine Reize nicht ganz vollständig zum Vorschein bringen kann. Die meisten der restlichen Songs halten sich im geradlinigen Midtempo-Metal, die Ausnahme bildet "Delusions", das schon andeutet, in welche Richtung sich Battle Bratt später weiterentwickeln sollten: "Queensryche" heißt das große Zauberwort, und damit sind die Achtziger-Queensryche und ihr leicht mystisch und progressiv angehauchter Melodic Metal gemeint, wobei "Delusions" anfangs überraschenderweise den Eindruck erweckt, man habe es mit den Black Sabbath der gleichen Schaffensperiode zu tun, also irgendwo zwischen "Born Again" und "Eternal Idol" ("Seventh Star" besitzt der Rezensent bisher nicht und kann daher keine Vergleiche anstellen), bevor sich der Song mit zahlreichen Tempo- und Stimmungswechseln in andere Richtungen bewegt, aber stets nachvollziehbar bleibt. Mehr über diese Entwicklung dann im Review zum selbstbetitelten offiziellen Debütalbum, das wie bereits erwähnt mittlerweile ebenfalls rereleast wurde. "The Anthology" ist nicht nur aufgrund seines dokumentarischen Wertes anschaffenswert, sondern auch wegen vieler starker und sonst nirgendwo erhältlicher Songs; auch das Booklet genügt mit Liner Notes, Lyrics und zahlreichen alten Fotos und Flyern (da spielte doch 1985 eine Band namens Onslaught als Battle Bratt-Support - sollten das wirklich die damals gerade mit "Power From Hell" debütierenden Briten gewesen sein?) definitiv den Ansprüchen an einen vernünftigen Archivrelease, und über die kleinen Soundschwankungen sieht man da gern hinweg.
Kontakt: www.battlebratt.com, www.battlecryrecords.de

Tracklist:
Henchman
Tuff Too Bad
Delusions
Remember Me
Fear Stricken Man
The Guilty One
Prisoner Of Desire
Screaming In The Night
Battle Bratt
WBAB New York / Radio Blurbs
Tuff Too Bad (1984 version)
Henchman (1984 version)



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver