www.Crossover-agm.de ARMAGEDDON: The Money Mask
von rls

ARMAGEDDON: The Money Mask   (Retroactive Records)

Joe Hasselvander kennt man aufgrund seines Mitwirkens bei Pentagram und Raven, aber der Mann war noch bei einer ganzen Anzahl weiterer Bands aktiv, zu denen kurioserweise auch Armageddon gehörten. "Kurioserweise" bezieht sich auf den Fakt, daß die Truppe eigentlich schon zwei Drummer in ihren Reihen hatte: Bandkopf/Gitarrist Robby Lee war von Haus aus eigentlich Schlagzeuger, der das erste Demo einspielte, und auf dem zweiten Demo trommelte Mark Miley, der sich auch noch ums Einspielen des Basses kümmerte, eigentlich aber der zuständige Tontechniker war, der auch bei den späteren Albumaufnahmen in der letztgenannten Funktion tätig blieb. Diese aber spielte wie erwähnt dann Joe Hasselvander ein, der wiederum für Liveaktivitäten nicht zur Verfügung stand, und daher übernahm Scott St. James seinen Posten auf Konzerten. Zentrale Figuren bei Armageddon waren aber Robby Lee und Sänger Mike Vance, die in den Mittachtzigern zunächst als Duo unter dem Namen Second Chance aktiv wurden und zwei Demos einspielten, der Fama nach übrigens in einem Badezimmer in Falls Church, Virginia. Danach bekamen sie die Gelegenheit, "(Liberation From) The Blazing Wasteland" auf dem von R.E.X. Records releasten Sampler "East Coast Metal" (u.a. mit Believer, Rage Of Angels und den weiblich gefronteten Arsenal) zu veröffentlichen, unterschrieben aber letztendlich nicht dort, sondern bei Talkingtown Records, und erst danach stellten sie die Band zusammen, die unter dem neuen Namen Armageddon "The Money Mask" einspielte und dann in wiederum veränderter Besetzung auch auf Tour ging. Zu einem Nachfolgealbum kam es indes nicht, obwohl wie viele andere Bands auch Armageddon im 21. Jahrhundert hobbymäßig ihre Aktivitäten wieder aufnahmen und zumindest einzelne Konzerte spielten; die geplanten Aufnahmen einiger neuer Songs scheinen aber bisher nicht das Licht der Welt erblickt zu haben, wenn es überhaupt zu ihnen gekommen sein sollte.
Die vorliegende Doppel-CD vereint nun nahezu das komplette konservierte Schaffen Armageddons, eingeschlossen das Second-Chance-Material, wobei nicht alle Songs auch in den alten Demoversionen übernommen wurden. Aber der Reihe nach: CD 1 enthält zunächst die 10 Songs des regulären "The Money Mask"-Albums und als Zugabe noch den 1988er Samplertrack, der für das Album dann nochmal neu eingespielt wurde und dessen markante Harmoniefolge im Refrain Jahre später in Annihilators "Don't Bother Me" (vom Album "Set The World On Fire" wieder aufschien. Dieses Material macht deutlich, daß Armageddon einen eigentümlichen Spagat nicht nur wagten, sondern auch meisterten: Sie nahmen klassischen Power Metal her und versahen diesen mit sanften Chören, Akustikgitarren und leicht atmosphärischen Zutaten, und zwar so, daß sie nicht zwischen allen Stühlen landeten, sondern vielmehr die Stärken beider Seiten, also die Energie des Power Metals und die Gediegenheit einer Band wie Stryper, vereinigten. Auf der powermetallischen Seite hörte ein Vorbild natürlich auf den Namen Raven, aber stilprägenderen Einfluß hat eine ganz andere Band ausgeübt: Hört man sich "Nightlight" an, könnte man fast auf die Idee kommen, hier einer unveröffentlichten Savatage-Komposition zu lauschen, zumal Vances Stimme nicht selten an die Jon Olivas erinnert, wenngleich er im Direktvergleich etwas tiefer zu Werke geht. Auch die Halbballade "Ship Of Changes" befeuert durchaus diesen Vergleich, ohne freilich Armageddon als Kopisten brandmarken zu wollen, da Vance in den tieferen Regionen deutlich anders klingt als Oliva und speziell diese Chöre so nie bei Savatage vorgekommen sind. Der Vergleich bezieht sich auch ausschließlich auf die frühen Savatage-Werke - mit der Einflechtung orchestraler Bestandteile, die die Oliva-Truppe ab 1987 ("Hall Of The Mountain King") zu praktizieren begann, hatten Vance und Lee nie etwas am Hut. Statt dessen setzten sie beispielsweise in "More Than Conquerors" konsequent auf die Speedkarte und rückten daher näher an Raven heran, ohne wiederum deren NWoBHM-Wurzeln zu übernehmen. Statt dessen ließen sie sich in "The Judge" von Ozzys Solowerk bzw. speziell von Randy Rhoads inspirieren - man höre sich mal genau das Riff an und gehe dann in Gedanken "Blizzard Of Ozz" durch! Die bisweilen paradox anmutende Kombination, die Armageddon mit ihrem Stilmix boten, wird an "We're Outa' Here", dem regulären Albumcloser, besonders deutlich - kantiger Speed der Raven-Kategorie hier, ein chorseitig aufgelockerter Refrain dort. Das verwirrte offensichtlich zumindest Teile des Publikums, die nicht so richtig wußten, ob in diesem Wolfspelz denn nun ein Schaf steckte, hört sich in der nachbetrachtenden Perspektive aber sehr interessant an.
CD 2 beginnt mit sechs Rough-Mixen von späteren Albumtracks die erkennen lassen, welche Arbeit noch in die Verfeinerung gesteckt wurde. Umgekehrt bedeutet das, daß alle, denen die geschliffeneren Zutaten nicht behagen, trotz des manchmal ganz leicht polternden Soundgewandes vielleicht mit diesen Versionen sogar glücklicher sein werden als mit dem Endprodukt. In dieser Form bemerkt man übrigens auch die Ähnlichkeiten des Titeltracks zu Twisted Sister viel stärker als in der Albumfassung. Danach folgen zwei Proberaummitschnitte, und zumindest für den ersten, nämlich "More Than Conquerors", vermerkt das Booklet, daß hier Joe Hasselvander mitspielt (und zwar nur mit Lee - man hört nur Gitarre und Drums), während für den anderen, "We're Outa' Here" (also beides die Speedbolzen im Repertoire!), keinerlei Information beigegeben wird - allerdings hört sich auch das nur wie Gitarre plus Drums an, so daß die Vermutung naheliegt, auch hier nur Lee und Hasselvander am Werk zu wähnen. Die nächsten drei Songs stammen vom ersten Second-Chance-Demo, und hier tut sich dann die editorische Lücke des ganzen Projektes auf - "Prepare The Way", der vierte Demotrack, fehlt, und er ist auch für das reguläre Album nicht neu eingespielt worden. Platzgründe können nicht die Ursache gewesen sein - auf CD 2 hätte man noch fast 24 Minuten Musik mehr unterbringen können. Immerhin hat man "Get In Line" berücksichtigt, das nicht für das Album aufpoliert wurde. Nicht ganz so problematisch ist die andere, kleinere editorische Lücke: Von den drei Songs des zweiten Second-Chance-Demos fehlt auch einer, aber dabei handelt es sich um "The Judge", das dann den Weg auf das Album fand, so daß man auf die Frühfassung noch eher verzichten kann. Unverzichtbar dagegen ist die Demofassung von "In Your Face", denn dieser Song verblieb in den Archiven und wurde für "The Money Mask" nicht neu eingespielt; rein musikalisch gesehen zweifellos eine korrekte Entscheidung, denn er gehört nicht zu den kompositorischen Spitzenleistungen der Band - da gab's deutlich größere Treffer im Repertoire. Dieses kann man mit der vorliegenden Doppel-CD nun nahezu vollumfänglich kennenlernen und damit einen weiteren Schatz auf dem weiten Feld des christlich sozialisierten Metals heben - die Original-CD war längst vom Markt verschwunden. Bei den Ausgrabungsarbeiten sind gut sortierte Importeure wie www.karthagorecords.de gern behilflich.
Kontakt: www.retroactiverecords.net

Tracklist:
CD 1:
The Money Mask
Mercenaries Of Unjustice
More Than Conquerors
Looking Out For You
The Ship Of Changes
(Liberation From) The Blazing Wasteland
Nightlight
Giving It To You
The Judge
We're Outa' Here
(Liberation From) The Blazing Wasteland (From East Coast Metal Compilation)

CD 2:
Lookin' Out For You (Rough Mix)
We're Outa Here (Rough Mix)
More Than Conquerors (Rough Mix)
Nightlight (Rough Mix)
Money Mask (Rough Mix)
Ship Of Changes (Rough Mix)
More Than Conquerors (Rehearsal)
We're Outa' Here (Rehearsal)
Money Mask (Demo)
Nightlight (Demo)
Get In Line (Demo)
In Your Face
Blazing Wasteland (Demo)
 




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