www.Crossover-agm.de ARIJA: W Poiskach Nowoi Shertwy
von rls

ARIJA: W Poiskach Nowoi Shertwy - CD 1   ARIJA: W Poiskach Nowoi Shertwy - CD 2   (Classic Company)

Das zweite Livealbum von Arija nach dem 1996 veröffentlichten "Sdelano W Russii" bildet zugleich neben "Schtil" den vermutlich endgültig letzten Release (was die Entstehungszeit anbelangt) des 2002 auseinandergebrochenen Line-ups mit Kipelow, Cholstinin, Terentjew, Dubinin und Manjakin. Über den konkreten Mitschnittzeitpunkt und den Ort schweigt sich das dürftige Booklet aus, es muß sich aber um einen Gig der Tour nach dem 2001er Album "Chimera" handeln, denn dieses Album ist in der summiert zweistündigen Setlist gleich mit sechs Titeln berücksichtigt worden. (Ein Blick auf die Arija-Homepage offenbart nach einigem Suchen, daß die Vermutung stimmt: Der Mitschnitt wurde am 1. Dezember 2001 im Lushniki-Palast in Moskau getätigt.) Auch das andere seit "Sdelano ..." erschienene Studioalbum, nämlich das 1998er "Generator Sla", hat vier Songs am Start, und dazu kommt noch das Golden Earring-Cover "Bespetschnij Angel", das zum Zeitpunkt des ersten Mitschnitts auch noch nicht zum Arija-Programm gehörte - damit sollte also die Frage, ob die Veröffentlichung dieses Livemitschnittes Sinn macht, hinreichend beantwortet sein, zumal man, zumindest was "Chimera" betrifft, ein gutes Händchen für die Auswahl der stärksten Tracks des Albums fürs Liveprogramm bewiesen hat. Daß sich nur wenige Titel aus der Feder von Waleri Kipelow darunter befinden (unter 22 sind's gerade zwei sowie noch ein mit Wladimir Cholstinin gemeinsam geschriebener Song) und kein einziger von Sergej Terentjew, kann Zufall sein, muß aber nicht - man bedenke, daß Kipelow und Terentjew zu den Abtrünnigen von 2002 gehörten, und man denke auch daran, daß Kipelow (die Band) ihrerseits beim auf "Putj Nawerch" festgehaltenen 2003er Gig in St. Petersburg nahezu keine Cholstinin/Dubinin-Titel ins Programm aufnahmen. Ob das hier verewigte Arija-Programm länger war und Titel herausgeschnitten wurden, weiß ich nicht - Platz wäre auf beiden CDs noch gewesen, die Liveatmosphäre geht aber durch, und zwei Stunden Konzertdauer sind ja auch nicht gerade wenig. Lassen wir die Frage offen und stellen lieber fest, daß Kipelow nicht schlecht bei Stimme ist, aber auch von seiner Hochform ein Stückchen entfernt - er bricht manchmal etwas weg. Von den Instrumentalisten kann man bei Arija eigentlich immer Höchstleistungen erwarten, und so ist es auch hier. Zudem hat die Truppe einen ganzen Sack Gastmusiker dabei: Daß ein Keyboarder gelegentlich für den einen oder anderen atmosphärischen Einwurf sorgt, ist ja nichts Ungewöhnliches, aber dann geht's los: Flötist Oleg Mischin soll in "Wampir" auch live dabeigewesen sein (das ist akustisch nicht zu beweisen, das Solo kann auch eingesampelt sein), ein vierköpfiges Streichquartett wird genannt, ferner zwei Percussionisten, vier Backingvokalistinnen, der Knabenchor "Weselij Weter" und das Chorensemble "Solowuschki". Ich habe auf eine eingehende Analyse verzichtet, wen man denn wo genau hören kann; manche hört man gut, andere weniger. Platz genug war auf der Bühne jedenfalls, sofern das Coverfoto beim aufgezeichneten Gig entstanden sein sollte - es zeigt eine relativ geräumige sechseckige Bühne in der Hallenmitte, so daß also das Publikum ringsumher steht bzw. auf den Rängen sitzt. Die Stimmung scheint jedenfalls richtig gut gewesen zu sein, auch neuere Songs werden lauthals bejubelt (wer da im Hintergrund von "Schtil" mitsingt, ist das Publikum und nicht etwa eines der Gastensembles!), wenngleich die alten Klassiker natürlich einen ganz besonderen Stellenwert einnehmen (was spätestens der Jubelschrei des Auditoriums belegt, als Kipelow vor "Torero" ansagt, jetzt komme 20 Jahre altes Material). Von der Setlist her werden die ersten zwei Drittel von den neueren Songs dominiert, bevor die Band ab "Torero" das erwartete Klassikerfeuerwerk abbrennt. Von "Igra S Ognjom" kommt dabei überraschend nur "Rab Stracha" zum Zuge (und das schon sehr früh im Set, nämlich mittig eingebettet in den eröffnenden Block aus vier "Chimera"-Tracks), dafür stellen "S Kem Ty?" und "Geroi Asfalta" umfangreichere Positionen zur Verfügung, wobei letzteres neben dem unvermeidlichen Titeltrack (der etwas lebendiger rüberkommt als in der Kipelow-Liveversion und als zweiter Klassiker auf CD 1 steht, also schon vergleichsweise früh im Set eingebaut wurde) und dem ähnlich unvermeidlichen "Uliza Ros" auch die "Ballada O Drewnorusskom Woinje" auffährt. Einzig auf "Sdjes Kujut Metall" hätte man gegebenenfalls verzichten können, denn dessen in dieser Liveversion fast industrialartiger Charakter wirkt leicht unentschlossen - da bietet die Oversun-Version vom "A Tribute To Arija"-Sampler eine stringentere Umsetzung dieser Idee, wenngleich auch die noch Steigerungsmöglichkeiten in Richtung Konsequenz aufweist. Aber das ist letztlich Erbsenzählerei - man bekommt mit "W Poiskach Nowoi Shertwy" insgesamt zwei Stunden feinen und spielfreudig umgesetzten Melodic Metal, der natürlich Tendenzen gen Iron Maiden nicht verleugnen kann und will (man höre sich nur mal die Gitarre-Baß-Einleitung zu "Notsch Korotsche Dnja" oder das Zwischenspiel vor der zweiten Strophe des gleichen Songs an), in der Gesamtbetrachtung etwaige Spannungen im Bandgefüge aber kongenial überspielt und zugleich als wichtiges Zeitdokument in der Karriere von Arija gelten kann. "W Poiskach Nowoi Shertwy" (was übersetzt übrigens "Auf der Suche nach neuen Opfern" bedeutet, die Angabe eines deklariert letzten Konzerts im Jahre 2002 nachträglich also zu einer reinen Marketingmaßnahme degradiert, was ja auch mit der weiteren Entwicklung hin zum in neuer Besetzung eingespielten Album "Krestschenije Ognjom" korrespondiert) ist mir als Doppel-CD in einem ebensolchen Case über den Weg gelaufen, also nicht als zwei einzelne CDs, wie es in Rußland bei Doppelalben eigentlich verbreiteter ist; die Originalpressung scheint aber tatsächlich auf zwei einzelnen CDs erschienen zu sein, deren Coverfarbgebung (siehe oben) geringfügig voneinander abweicht. Vielleicht ist deren Booklet dann auch noch informativer als das meiner Version. Aber egal in welcher Form: "W Poiskach Nowoi Shertwy" gehört in jede vernünftige Melodic Metal-Sammlung und ist als Einstieg in die Welt von Arija hundertmal nützlicher als eine dieser komischen Best Of-Scheiben, die seit einigen Jahren zu Dutzenden erscheinen.
Kontakt: www.metalglory.de

Tracklist:
CD 1:
Intro
Chimera
Njebo Tebje Naidjot
Rab Stracha
Gorjaschaja Strela
Wampir
Otschelnik
Geroi Asfalta
Schtil
Begi Sa Solnzem
Sakat
Bespetschnij Angel

CD 2:
Notsch Korotsche Dnja
Obman
Oskolok L'da
Torero
Angelskaja Pil
Sledui Sa Mnoi
Ballada O Drewnorusskom Woinje
Wstan, Strach Preodoljei
Uliza Ros
Sdjes Kujut Metall
Wolja I Rasum


 



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