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von rls

ARIJA: Krestschenije Ognjom   (Mystery Records)

Da ist es also nun, das erste Album der "dritten Generation" von Arija. Wir erinnern uns: Nach den ersten zwei Kassettenalben stiegen vier der damals sechs Bandmitglieder aus und gründeten Master - zwei der weiland drei Bandgründer, Sänger Waleri Kipelow und Gitarrist Wladimir Cholstinin (Bassist Alik Granowsky als dritter Gründer war unter den vier Ausgestiegenen), verpflichteten drei neue Mitglieder, u.a. den Bassisten Witali Dubinin, und spielten den 1987er Meilenstein "Geroi Asfalta" ein. Es folgten weitere Alben in vergleichsweise stabilen Besetzungen, das letzte dieser "zweiten Generation" 2001 unter dem Titel "Chimera". Nach diesem Album begann das Besetzungskarussell erneut wild zu rotieren, und diesmal verließ neben Drummer Alexander Manjakin und Gitarrist Sergej Terentjew auch Sänger Waleri Kipelow die Band, der mit seiner markanten Stimme ein wichtiges Identifikationsmerkmal gebildet hatte. Da aber mit den erwähnten Herren Cholstinin und Dubinin die Hauptsongwriter immer noch an Bord waren, sahen diese keinen Grund, Arija zu Grabe zu tragen. Also wurde die Besetzung wieder komplettiert: Maxim Udalow kehrte ans Schlagzeug zurück (er war vor "Geroi Asfalta" ein- und danach wieder ausgestiegen), auch der neue zweite Gitarrist entpuppt sich als alter Bekannter, nämlich Sergej Popow, der von der Gründung bis zum 96er Album "Pesni Mjortwych" bei den schon erwähnten Master tätig war, und nur Sänger Artur Berkut geht als "Frischling" durch, jedenfalls ist mir von etwaigen früheren Bands nichts zu Ohren gekommen, auch wenn es ungewöhnlich erschiene, daß ein völliger Nobody gleich mal ans Frontmikro der größten russischen Metalband gelangt. Vielleicht sind uns im "Westen" seine bisherigen Betätigungsfelder also nur verborgen geblieben. Jedenfalls schafft Berkut das für unmöglich gehaltene Kunststück, Kipelow einerseits stimmlich so sehr zu ähneln, daß kein Kipelow-Fan ihn als Fremdkörper ansehen muß, den Alt-Sänger andererseits aber auch nicht zu kopieren (hört "Chimera" und "Krestschenije Ognjom" nacheinander, und ihr wißt, was ich meine) und ihn drittens erstklassig zu ersetzen. Er liefert eine ausgezeichnete Leistung ab, die ihn aus dem Stand in die erste Riege der russischen Metalsänger katapultiert - relativ hoch, leicht angerauht, kräftig und nur in den balladesken Tonlagen noch ganz leicht unsicher wirkend. Aber das wird sich spätestens auf dem nächsten Album gelegt haben, und zudem gibt's auch gar nicht so sehr viele balladeske Passagen auf "Krestschenije Ognjom". Die neuen Mitglieder haben der Band nämlich offensichtlich einen derartigen Frischeschub injiziert, daß, wiewohl der Grundsound immer noch im Melodic Metal anzusiedeln ist, die Durchschnittshärte und die Geschwindigkeit ein gutes Stück angehoben wurden. Gleich der Opener "Patriot" macht dies sehr deutlich - er brettert energisch und doch filigran mit immenser Spielfreude aus den Boxen. Der an Position zwei befindliche Titeltrack will da nicht nachstehen - nach einer das große Vorbild der Band, Iron Maiden, erahnen lassenden Introduktion (typischer Dubinin-Harris-Baß!) geht's auch hier geradewegs nach vorn, bis der Refrain in ein zwischen hymnisch und stampfend gelegenes Tempo verfällt und auch die nicht der russischen Sprache mächtigen Anhänger der Band beim Mitgrölen nicht ausschließt: "Ohohohoho, ohohohoho - Krestschenije Ognjom". Einfach, nicht? "Kolisei" wurde schon vorab als Single ausgekoppelt - die Albumversion ist immerhin sechseinhalb Minuten lang und bietet vielschichtigen Metal mit erneut starker melodischer Komponente. Analoges gilt für "Palatsch", mit achteinhalb Minuten die längste Komposition der CD und halbballadesk beginnend, bevor auch hier ein abwechslungsreiches Arrangement zutage tritt. Dieser Song bindet auch wieder Gastmusiker ein - war es auf "Chimera" ein Flötist, der für Wohlklang sorgte, so haben Arija hier gleich ein ganzes Streichquartett namens Bach'Us ins Studio geholt, das allerdings wenig vordergründig agiert und nur einleitend mal thematische Arbeit leistet. Mit ungewohnt massiven Gitarren beginnt "Twoi Nowij Mir" - heutzutage sind solche Gitarrensounds im Power Metal zwar alles andere als ungewöhnlich, aber im mir bekannten Schaffen Arijas treten sie nur sehr selten auf. Die Bridges und ganz besonders das Solo dieses Songs zeigen aber wieder den gewohnten Spirit Iron Maidens, dessen Kultivatur man von Arija gewöhnt ist (nach wie vor gilt jedoch: Arija kultivieren den Spirit Iron Maidens, aber sie kopieren diese Band nicht). Speziell der stakkatounterlegte Soloteil gehört zum Besten, was Harris und seine Mannen nie geschrieben haben. Die Halbballade "Tam Wijsoko" fällt weder positiv noch negativ aus dem Rahmen - ein guter, wenngleich nicht weltbewegender Song, aber mit einem starken hymnischen Refrain versehen. "Belij Flag" hißt selbige noch lange nicht, denn auch dieser Song gehört fast in die erste Reihe, pendelt geschickt zwischen halbakustischen Teilen und treibenden Metalparts und findet seine Krönung in einem brillanten Hauptsolo. Stilistisch aus dem Rahmen fällt "Bitwa", die einzige Komposition von Neuzugang Popow (die anderen acht Trackplätze teilen sich Cholstinin und Dubinin brüderlich), etwas moderner gehalten und im Intro erst verzerrte Vocals und dann hintergründig auch noch WahWah-Gitarreneffekte der Marke Monster Magnet einsetzend, bevor der Song in einen verhältnismäßig traditionellen Strophen- und Chorusaufbau mündet, die erwähnten moderneren Elemente aber an mehreren Stellen weiterhin einbaut. Der Spannungsaufbau der Bridge in Richtung des Hauptsolos beansprucht jedenfalls ebenfalls das Prädikat "Sehr gelungen". Dürfen Arija experimentieren? Ja, sie dürfen - wenn es wie in "Bitwa" im Rahmen bleibt und in diesen paßt. Scheinbar hat sich auch Dubinin davon etwas anstecken lassen, denn auch er baut im abschließenden "Bal U Knjasja Tmij" einige eigenartige Gitarreneffekte in den Hintergrund ein und schreibt rhythmisch nunmehr fast ein Progmetalstück, aber spätestens im Hauptsolo ist wieder alles klar: Maiden pur! Keine Kopie, aber die gleichen Stilelemente. "Krestschenije Ognjom" klingt unterm Strich also deutlich frischer als das beileibe nicht schlechte Vorgängerwerk "Chimera" und hat reihenweise starke Songs an Bord - ein Highlight metallischen Musizierens also, das der Gourmet dieser Musizierkunst auf der Suche nach unklischeehaften Releases schleunigst einheimsen sollte. In Deutschland kann man das beispielsweise bei www.metalglory.de tun.
Kontakt: www.aria.ru, www.mystery.msk.ru

Tracklist:
Patriot
Krestschenije Ognjom
Kolisei
Palatsch
Twoi Nowij Mir
Tam Wijsoko
Belij Flag
Bitwa
Bal U Knjasja Tmij





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