www.Crossover-agm.de ADASTRA: The Last Sunset
von rls

ADASTRA: The Last Sunset   (Violent Journey Records)

Spielen Finnen Melodic Metal, handelt es sich in den allermeisten Fällen um die neoklassisch angehauchte Schiene. Bei Adastra ist das anders: Das Quintett hat keinen Keyboarder in der Besetzung, beschäftigt auch gasthalber keinen solchen, und die beiden Gitarristen halten sich von Bach-Arpeggien und anderen beliebten Zutaten gleichfalls fern. Zudem erfüllen Adastra aber auch nicht das Klischee, jeder finnische Metalmusiker ließe automatisch einen gewissen Grad Düsternis in seine Musik einfließen. Sie haben sich ganz einfach dem klassischen NWoBHM-beeinflußten Eurometal der 80er verschrieben, wobei "Eurometal" hier beispielsweise in Richtung Frankreich zielt: Bands wie Sortilege liegen durchaus nicht weit abseits, wobei sich Adastra von Speedausflügen weitgehend fernhalten (Teile von "Stood My Ground" und "Get Back To The Ring" markieren die obere Tempogrenze, zeigen allerdings, daß sie auch in diesem Metier gute Arbeit leisten können, wenngleich man sich an die plötzlichen Blastbeats im Hauptsolo des letztgenannten zweifellos erst gewöhnen muß), dafür aber das komplette Midtempospektrum von unten bis oben durchpflügen und zudem geschickt Akustikelemente einfließen lassen, etwa gleich im Opener "Visions Of Armageddon". Mit "This Life" haben sie auch eine schöne Halbballade im Gepäck, die allerdings nach knapp zwei Minuten etwas mehr Tempo aufnimmt, als man sonst im Metalhalbballadensektor gewöhnt ist. Dieser Song und "Lady Pain" standen auch schon auf der 2006er EP "Eyes Of The Night", dem ersten regulären Tonträger der Band nach drei Demos aus den früheren Jahren des neuen Jahrtausends; da das Booklet von "The Last Sunset" allerdings nur von einer Recordingsession anno 2007 spricht, wird es sich bei den Albumfassungen um Neueinspielungen handeln, zumal das Klangbild der neun Albumtracks relativ einheitlich anmutet. Sucht man in Finnland Vergleichsbands, fallen einem nicht viele ein, am ehesten vielleicht noch die allerdings immer noch etwas geschliffeneren Thunderstone zu "Dirt Metal"-Zeiten - und dieses Album erschien drei Jahre nach "The Last Sunset", also kann man beileibe nicht von Abkupferei der Undergroundler bei den etablierteren Kollegen sprechen. So richtig bekannt geworden sind Adastra nämlich nicht, was auch daran liegen mag, daß sie mit Violent Journey Records nur ein recht kleines Undergroundlabel hinter sich haben, das zudem sonst eher im etwas härteren Bereich unterwegs ist, so daß es durchaus schwerfällt, z.B. eine passende labelinterne Tour zusammenzustellen. Dabei haben Adastra sogar ein sehr stabiles Bandgefüge, und das gleich im zweifachen Sinne: Vier der heutigen Bandmitglieder (plus zwei ehemalige) spielen bzw. spielten auch bei Breaker (natürlich den finnischen Breaker, nicht etwa den bekannteren amerikanischen), wo sie sich ebenfalls dem traditionellen Metal verschrieben hatten bzw. haben, und seit dem Einstieg des einzigen Bandmitglieds ohne Breaker-Mitgliedschaft anno 2006 (Gitarrist Jari Hartman) gab es bei Adastra keine Besetzungswechsel mehr. Der Entwicklung hat's freilich wenig genützt - Adastra sind ein Undergroundthema geblieben, trotz zweifellos starker Alben wie eben "The Last Sunset". Bei dessen Durchhören fällt übrigens auf, daß nach hinten hinaus die Detaildichte ein wenig zunimmt, was besonders auf das vielschichtige "Get Back In The Ring" und den vertrackten Closer "The Sun" zutrifft, und "Loving Me To Death" fährt dann sogar Keyboards auf, die ein bestimmtes melodisches Thema der Gitarren mit einem Teppich hinterlegen. Der verzerrte Gesang im Intro dieses Midtempotracks ist dann allerdings schon das größte Zugeständnis des Quintetts an modernere Stilelemente - alles andere der reichlich 51 Minuten hätte durchaus auch schon in den mittleren bis späteren Achtzigern entstehen können. Kollege Tobias hat die Bandhymne "Adastra", die auch auf dem Labelsampler "Spiritual Possessions" zu finden ist, als Mixtur aus Iron Maiden und Jag Panzer klassifiziert, und tatsächlich schimmern hier und da auch mal Einflüsse des US-Metals hindurch. Von beiden deutlich zu unterscheiden ist allerdings Ville Siikamäkis Gesang - der Mann trägt die Melodien leicht angerauht, aber stets treffsicher vor, ohne sich dabei in allzugroße Höhen zu begeben. Alles überstrahlende Songs haben die fünf Finnen auf ihrem Debütalbum zwar noch nicht geschrieben, aber ein Einstand nach Maß und auf gut- bis hochklassigem Niveau steht im Stammbuch, den man sich bei Sichtung (vielleicht hat www.karthagorecords.de ja noch was auf Lager) als Genrefreund mit Vorliebe für leadgitarrenlastig abgemischte melodische Traditionsmetalscheiben bedenkenlos zulegen kann, wenn man sich am merkwürdigen Nessie-Lookalike auf dem Frontcover nicht stört.
Kontakt: www.adastracave.com, www.violentjourneyrecords.com

Tracklist:
Visions Of Armageddon
Lady Pain
Fight Against Time
This Life
Stood My Ground
Get Back To The Ring
Loving Me To Death
Adastra
The Sun



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