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José Luis Granado: Larga Vida Al Rock And Roll. Historia del Hard Rock y el Heavy Metal en Espana 1970-2002
von rls anno 2003

José Luis Granado: Larga Vida Al Rock And Roll. Historia del Hard Rock y el Heavy Metal en Espana 1970-2002

"Larga Vida Al Rock And Roll" hieß anno 1981 das Debüt von Baron Rojo, einer Formation, die zur stilprägendsten und bekanntesten Heavy Metal-Band Spaniens der 80er Jahre werden sollte (und der kürzlich ein umfangreicher Tributesampler gewidmet wurde). Daß es den Titel in englischer Übersetzung vier Jahre zuvor schon einmal bei Rainbow gab (man krame in der Plattensammlung, lege "Long Live Rock'n'Roll" mal wieder aufs Abspielgerät und erfreue sich an zeitlosen Juwelen wie "Kill The King" oder "Rainbow Eyes"), läßt einen Rückschluß auf die stilistischen Einflüsse zu, und der Untertitel des vorliegenden Buches impliziert das Vorhandensein einer Hardrockszene auch schon in den 70er Jahren (als immerhin noch Franco an der Macht war). Obwohl beispielsweise Sex Museum heute klingen, als ob sie damals schon dabeigewesen wären (also museal), so gebührt das Verdienst um die Geburt spanischen hardrockigen Musizierens anderen, wie beispielsweise Tapiman, Vértice oder in besonderem Maße Lone Star (wobei es letztere schon in früheren Zeiten gab, wo sie sich aber anderen Musizierformen widmeten). Die musikhistorische Entwicklung über den Hardrock zum Heavy Metal und dessen mannigfache Ausdifferenzierung geschah in Spanien nicht wesentlich anders als im Rest Europas. Allerdings blieb für spanische Bands in der Vergangenheit oft nur ein Exotenstatus, da die meisten von ihnen in ihrer Heimatsprache sangen (das konnte neben Spanisch durchaus auch Katalanisch oder gar Baskisch sein), was die Eroberung der anglophon geprägten Rockwelt erschwerte. Einige Bands, z.B. die erwähnten Baron Rojo, erstellten folglich je eine spanische und englische Version einiger ihrer Alben und wurden damit im Ausland zu den bekanntesten Bands ihrer Heimat. So richtig salonfähig wurde spanischer Gesang außerhalb Spaniens im Rockbereich erst mit dem immensen Erfolg der Heroes del Silencio, und heute stört sich kaum noch jemand entscheidend an der Tatsache, daß mit Tierra Santa und Mägo De Oz die beiden Flaggschiffe des spanischen Heavy Metal ihre Heimatsprache verwenden (man bedenke, daß Rammstein in den USA auch großen Erfolg haben, obwohl sie deutsch singen).
Der Autor José Luis Granado, eine offensichtlich nicht unbekannte Persönlichkeit in der spanischen Metalszene, arbeitet nun also die Geschichte des Hardrock und Heavy Metal in Spanien auf, und natürlich tut er das ebenfalls in Spanisch, was aufgrund meiner allenfalls marginalen Sprachkenntnisse einige Verstehensschwierigkeiten hervorruft, speziell in den textlich bearbeiteten Kapiteln. Nach einer kurzen Einleitung, die der Themenabgrenzung dient, was denn nun Hardrock bzw. Heavy Metal im Sinne dieses Buches überhaupt sei, geht's also gleich in die 70er zurück (das Kapitel ist mit "Los Dinosaurios" überschrieben, was selbst ich noch unfallfrei übersetzen kann). Ab 1979 begann die Szene förmlich zu explodieren, und es brachen goldene Jahre an (das nächste Kapitel heißt dementsprechend "Los anos dorados"). Granado wirft dabei immer auch einen Blick auf die internationale Szene und vergleicht die spanische Entwicklung mit der in anderen Ländern (Musik als globale Sprache erzeugte und erzeugt mannigfaltige wechselseitige Beeinflussungen), wobei er sich als wahrer Insider erweist. Wer kennt Virgem Atómica aus Brasilien oder Edda Müvek aus Ungarn? Wem sagen Ramsés aus Mexiko oder Pomaranca aus Jugoslawien etwas? Nach einer allgemeinen Einleitung folgen wie schon im vorigen Kapitel kurze Bandvorstellungen bekannterer und auch weniger bekannter spanischer Protagonisten. Dieses Schema durchzieht gleichfalls das nächste zeitbezogene Kapitel. Die zweite Hälfte der Achtziger führte auch in Spanien zur Polarisierung der "Immer härter und schneller"-Welle gegenüber den Traditionalisten oder den sogenannten "Posern", wohingegen in den Neunzigern die Diversifikation der Szene einerseits fortschritt, sich aber gerade Spanien als wahrer Hort des traditionellen Metals erwies, auch in Zeiten, wo man in anderen Ländern solche Art Musik eher kritisch beäugte. Bands wie Gamma Ray stießen so bei ihren Spanien-Gigs auf gewaltige Resonanzen und ermunterten gleichzeitig zahlreiche junge Bands, ihnen nachzueifern. Aufgrund der angesprochenen Diversifikation und des immensen Wachstums der Bandanzahl unterbleibt im Kapitel über die 90er eine explizite Bandvorstellung, statt dessen erfolgen noch kurze Abschweifungen, beispielsweise zur Ablösung der LP durch die CD oder zu Napster.
Die folgenden Kapitel gehören ausführlichen Interviews mit Legenden des spanischen Metal: Carlos Pina (Ex-Sänger von Panzer) sowie Carlos und Armando de Castro (die Gründer von Baron Rojo) berichten über ihren Werdegang und die Szene in den 80ern, der noch nicht ganz so bekannte Alberto Rionda (Gitarrist bei Avalanch) beleuchtet eher die 90er. Danach folgt der für den Nichtspanischkundigen wertvollste Teil des Buches, nämlich eine riesige Diskographie spanischer Hardrock- und Metalbands jeweils mit kurzen Stilangaben. Im klassischen Metalbereich scheint eine ziemlich große Vollständigkeit erreicht worden zu sein (auch diverse Eigenproduktionen fehlen nicht), wohingegen Bereiche wie Death Metal eher schlaglichtartig behandelt werden (Haemorrhage beispielsweise fehlen ganz, obwohl die wohl die führende Grindcoreband Spaniens sind). Daß dagegen die Argentinier Imperio mit "Paz En La Tormenta" mit reingerutscht sind, könnte daran liegen, daß die Scheibe auf einem spanischen Label erschien (Arise Records). Vielleicht gab es auch noch andere Ausschlußkriterien, die aber für mich unverständlich im erläuternden Einleitungstext geparkt wurden. Dafür gibt's hier aber auch noch 16 Farbseiten mit Coverabbildungen zu bestaunen, wo einem dann beispielsweise eine Band namens Colditz ins Auge fällt (was auch immer die gleichnamige sächsische Kleinstadt mit Spanien zu tun haben mag). Ganz zum Schluß listet Granado noch seine Topfavoriten auf, erst die spanischen Platten/Songs und dann die internationalen, letztere noch nach drei Epochen aufgegliedert. Diese Liste beweist den Insiderstatus des Autors einmal mehr. Wer kennt Elonkorjuu aus Finnland noch? Wem sind Poobah aus den USA bekannt? Wer besitzt ein Album einer philippinischen Band namens Wolfgang? Genug davon ...
Für Interessenten in das härtere Musizieren Spaniens unverzichtbare Lektüre, für Spanischkundige ebenfalls zu empfehlen, für alle anderen zumindest ein brauchbares Nachschlagewerk. Einige Exemplare in Deutschland sind über Stefan Riermaier verbreitet worden (einfach mal anfragen: riermaier@aol.com), ansonsten gehe man zum Importbuchladen seines Vertrauens oder frage mal direkt beim Autor nach: José Luis Granado, Apartado 4124, 50080 Zaragoza, Espana, Mail dingo-zgz@terra.es

José Luis Granado: Larga Vida Al Rock And Roll. Historia del Hard Rock y el Heavy Metal en Espana 1970-2002. ISBN 8460765091. 224 Seiten + 16 Farbseiten. Importpreis unbekannt






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