Werben oder erben - Teil 9: Mörtschändaising von Kerstin Braun Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nun habt Ihr’s auch aus berufenem Munde erfahren (wenn nicht, dann schleunigst
Cäsar-Interview
lesen!): Der Musiker braucht nicht nur Können und Ideen, sondern auch
einen gehäuften Kaffeelöffel voll Werbung und Marketing. Und
wenn er noch keine geeignete Agentur o.ä. gefunden hat, muß
er das eben vorläufig selbst besorgen (sie, die Musikerin, natürlich
leider auch). Widmen wir uns also heute zum letzten Mal der reinen Werbeschiene
- es gäbe sicher zum Thema noch einiges mehr zu sagen, aber das geht
vielleicht allzusehr ins Detail. In künftigen Folgen soll es daher
um Vertragsgestaltung, rechtliche und Steuerfragen, GEMA und ähnliches
gehen. Außerdem werden die Themen dieser Serie in überarbeiteter
Form (und mit nützlichen Adressen und weiterführenden Literaturhinweisen)
in nicht allzu ferner Zukunft als gesammeltes Werk erscheinen - CrossOver
wird zu gegebenem Zeitpunkt darauf hinweisen.
Erstens: Zunächst müßt Ihr natürlich etwas investieren, um später den großen Gewinn einstreichen zu können. Falls Ihr selbst vorfinanzieren könnt - um so besser. Ansonsten kann Euch vielleicht jemand etwas vorschießen oder einen Kredit geben. Den müßt Ihr zunächst zurückzahlen, dann verbleibt Euch der Gewinn, der vernünftigerweise gleich wieder in die neue Produktion gesteckt wird. Zweitens: Um die Sachen zu verkaufen, braucht Ihr möglichst beim Konzert jemanden, der das für Euch tut, oder Ihr müßt Euch selbst nach dem Konzert hinstellen. Als kleine Band kann man das vorläufig selbst von der Bühne aus machen - wollt Ihr aber gleich Nägel mit Köpfen machen, dann wird ein Merchandising-Stand aufgebaut. Sowas erweckt den Eindruck von Professionalität; er sollte natürlich die ganze Zeit über besetzt sein, und oft sieht man dort die Freundinnen der Musiker agieren (in seltenen Fällen auch die Freunde eventuell vorhandener Musikerinnen) oder auch mitgereiste Fans der Band. Ein Stand hat natürlich den Vorteil, daß sich Interessenten in Ruhe alles ansehen können, was zum Verkauf steht. Aber - man muß ihn transportieren (na gut, notfalls reicht auch ein Tisch am Veranstaltungsort), und man braucht wenigstens eine Person, die sich darum kümmert (auch die muß transportiert werden). Übrigens: Wenn sich nach dem Konzert auch die Musiker dort sehen lassen, wirkt das meist verkaufsfördernd - und gibt den Leuten Gelegenheit, Euch ihre Meinung zum Konzert mitzuteilen, was auch nicht ganz uninteressant ist. Drittens: Ihr müßt Euch um die Herstellung kümmern, dafür sorgen, daß genug von dem Zeugs mit auf Tour geht bzw. zum Veranstaltungsort geschickt wird, und vorher mit dem Veranstalter vereinbaren, daß Ihr auch wirklich verkaufen dürft. Das gehört in den Gastspielvertrag (siehe eine der nächsten Folgen) und wird vom Veranstalter kommentarlos akzeptiert - oder diskutiert, weil er auch ein Stück vom Kuchen haben will. Das ist in gewissem Maße akzeptabel - solange Ihr auch noch was dran verdient. Viertens: Habt Ihr eine Plattenfirma,
dann achtet beim Prüfen der Künstlerverträge auch auf eventuelle
Merchandising-Klauseln. Am besten sollten die Rechte komplett bei Euch
verbleiben. Wenn Ihr die Rechte übertragen wollt oder müßt
(weil sonst der Vertrag scheitert, oder warum auch immer), dann solltet
Ihr darauf achten, daß Ihr
Plakat: (siehe Werben ... - Teil 4 und oben) Bandfoto, Autogrammfoto: Fotos, die Ihr nicht an die Presse weitergebt, sondern als Merchandising-Fotos verwenden wollt, könnt Ihr in höheren Auflagen drucken lassen, so wird’s billiger. Für den Abdruck in Zeitungen usw. sind diese Fotos jedoch aus drucktechnischen Gründen nicht geeignet. Tonträger: Zur Preisermittlung Produktionskosten zusammenrechnen (Studioaufnahmen, Mix, Mastering, Glasmaster, Presswerk, Gestaltung, Litho und Druck der Inlays, GEMA), von der Auflage die geplante Anzahl der Promoexemplare abziehen, Gesamtpreis durch die verbleibende Stückzahl teilen - damit erhaltet Ihr den Einzelpreis. Den braucht Ihr als Grundlage, um einschätzen zu können, ob Ihr die CD im örtlichen Plattenladen für 12 Mark 50 in Kommission geben könnt, oder ob Ihr doch lieber 17,50 ansteuert. Ihr selbst könnt die CD natürlich beim Konzert für 20 bis 30 Mark verkaufen, je nach Länge und Qualität. MCs sind in der Herstellung wesentlich billiger, und mit einem Verkaufspreis von ca. 15 DM kommt Ihr gut weg, wenn Ihr nicht jahrelang im Studio herumgelungert habt. T-Shirt: bei einfarbigem Aufdruck (auf nur einer Seite) kosten 50 Stück ca. je 12 Mark, bei Vierfarbdruck ca. 22 Mark. Zusätzlich kann man noch die 2. Seite und die Ärmel bedrucken lassen. andere Textilien: Basecaps, Bandanas, Socken, Unterwäsche - was Ihr Euch nur vorstellen könnt! Sogar Kondome. (Kerstin, seit wann sind Kondome Textilien? - Anm. rls) Baumwolltaschen: Nicht nur für die Ökos unter uns, manchmal auch ganz praktisch zum Verstauen der vielen gekauften Fanartikel. Einfarbig bei 100 Stück je ca. 3 DM, vierfarbig ca. 8 Mark Buttons: Das sind diese runden Dinger zum Anstecken, mit Folie drauf, 25 - 55 mm Durchmesser und in jedem Fall rund. 500 Stück einfarbig à 1 DM, vierfarbig à 2 DM Pins: Im Musikladen gibt’s sowas in Form von Instrumenten. Ihr könnt aber auch welche anfertigen lassen, mit den Umrissen Eures Stargitarristen, falls der Drummer einverstanden ist und nicht selbst samt Set „gepinnt“ werden will. Dann wird’s wegen der größeren Ausdehnung teurer. Vorkosten pauschal 170 DM, dann bei 300 Stück und Größe 17 mm (größte Ausdehnung) je ca. 2 DM, bei Größe 35 mm je 3 DM. Aufkleber: Bei Fechenbachs gibt’s die aus umweltverträglicher (weil kompostierbarer) Folie und Farbe. Runde, mit Durchmesser 100 mm, bei Auflage 500 einfarbig je 0,70 DM, vierfarbig 2 DM. Möglich sind aber auch andere Größen und Ausdehnungen. Spuckis: Das sind diese kleinen Papierdinger, die man anleckt und irgendwo hinklebt, wo sie kein Mensch je wieder abkriegt. Ihr bekommt sie in Blöcken à 50 Blatt geliefert; 100 Blöcke einfarbig je 3,50 DM. Sowas ist eher als Werbegag in Betracht zu ziehen, denn kaum jemand braucht 50 Spuckies mit Eurem Logo (außer vielleicht Eure ganz heißen Fans, die die Dinger auf sämtlichen greifbaren Toiletten verkleben wollen), und die Blättchen einzeln zu verkaufen ... naja, das müßt Ihr selbst wissen. Kaffeepötte: auch Henkelbecher genannt, mit dem Logo oder Foto der Band oder - viel besser - einem Textauszug mit ‘ner passenden Message zum frühen Morgenkaffee. 50 Stück einfarbig für je 14 Mark, 4 Farben für 20 Mark Taschenkalender: Ihr wißt schon, diese kleinen Dinger, wo vorn Firmenwerbung und hinten das Kalendarium drauf ist. Kann man Veranstaltern als kleine Beigabe mitschicken und überhaupt an Freund und Feind verteilen. Kosten bei Druckereien anfragen, die machen auch die Gestaltung für Euch. Kugelschreiber, Bleistifte ...: ebenfalls eher als Werbegeschenk anzusehen. Diese und noch viel mehr „Werbegeschenke“ werden in Werbemittelkatalogen angeboten. Werbeagenturen aller Art müßten Euch da weiterhelfen können. Bandinfo (siehe Werben ... - Teil 2): Das solltet Ihr beim Konzert immer dabei haben und vielleicht auch am Stand auslegen, damit sich interessierte Veranstalter oder auch begeisterte Fans, die Euch gern in ihrem Stammclub sehen würden, so ein Teil mitnehmen können. Notfalls genügt auch ein Stapel Visitenkarten oder oben beschriebene Kalender, auf jeden Fall: Kontakt muß draufstehen! Newsletter/Gig-Guide:
Viele Bands verschicken einen Rundbrief mit den neuesten Nachrichten und
Tourdaten an ihre Fans; heutzutage kann man das auch billiger per eMail
besorgen. Auf jeden Fall könnt Ihr am Stand - oder auch ohne Stand
am Tresen oder an der Kasse diese kleinen Zettelchen hinterlassen, wo Eure
Tourdaten draufstehen. Auch hier unbedingt Kontakt vermerken, sowie eine
Homepage, auf der ihr Eure Tourdaten updaten laßt (zum
Beispiel die von CrossOver).
Hier
geht's zum 10. Teil von "Werben oder erben".
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