www.Crossover-agm.de
Threshold, Serenity, Spheric Universe Experience   01.11.2009   Pratteln (CH), Z7
von CSB

Man darf auch mal ohne neues Album auf Tour gehen, sofern man sich was einfallen lässt, werden sich die britischen Ausnahmeproggies von Threshold wohl gesagt haben. Vielleicht entschloss man sich diesmal auch zur erneuten Konzertreise, da die Umstände nach ihrem außerordentlich respektablen letzten Werk "Dead Reckoning" mit turbulent wohl noch harmlos umschrieben sind und der ganzen Tournee etwas ungewollt Provisorisches anhaftete. Immerhin war wenige Wochen zuvor der langjährige Sänger Andrew "Mac" Dermott von einem auf den anderen Tag ausgestiegen und übergab das Mikro an den neuen/alten Fronter Damian Wilson, der seine Sache sicherlich hervorragend löste, aber dennoch in kürzester Zeit eine nicht auf ihn zugeschnittene Setlist auswendig lernen musste. Und wem bekannt ist, wie perfektionistisch die Herren Groom, West und Co. normalerweise zu Werke gehen, kann erahnen, dass hier ein drängendes Bedürfnis entstand, nochmal über Los zu gehen und es diesmal geplant und "richtig" zu machen. Im Gepäck hatte man anno 2009 zwei Nachwuchshoffnungen, die ziemlich genau die beiden Musikstile repräsentieren, in deren Schnittmenge sich Threshold seit jeher wieder finden. Für die Proggies hatte man die nahezu unbekannten, aber ordentlich vertrackten Spheric Universe Experience dabei, für die eher dem melodischen Powermetal zugetanen Fans die Österreicher von Serenity.
Erstere habe ich leider komplett verpasst, da mir eine sehr ärgerliche Dienstplanumstellung einen Strich durch die Rechnung machte und mich exakt die Stunde gekostet hat, um die Franzosen noch zu erleben ... Nun ja, dem Vernehmen nach scheinen die verhältnismäßig hart proggenden Gesellen gut angekommen zu sein - schade ...

Serenity  Serenity

Serenity durfte ich jedoch in voller Länge beiwohnen und muss feststellen, dass mir ziemlich unverständlich ist, wie man diese Truppe als die große neue Hoffnung des melodischen Powermetal hypen kann. Sicherlich, die 5 Jungs beherrschen ihre Instrumente, schreiben eingängige und flotte Liedchen und mit Sänger Georg hat man einen echten Könner in den Reihen, der zudem noch recht sympathisch wirkt und das an diesem Abend etwas müde Z7-Publikum durchaus zum Fäusterecken und Mitträllern motivieren kann. Dummerweise fällt es zumindest mir aber schwer, aus dem Material der 5 Ösis sowas wie eine eigene Identität heraushören. Man nehme ein bisschen Edguy, etwas mehr Kamelot und ganz viel Sonata Arctica - und fertig ist der Sound a la Serenity. Verschlimmert wird dieser Eindruck auch noch durch den Umstand, dass sich Frontmann Georg Neuhauser mit seinem langen Ledermandel ziemlich genau wie Kamelot-Fronter Roy Khan bekleidet, dabei aber haargenau so singt wie Arcticas Tony Kakko. Nun ja, sicherlich nicht die schlimmsten Referenzen, aber auch nicht die originellsten ...

Threshold  Threshold

Mit Fragen der Identität braucht man Threshold nicht zu kommen. Kaum eine Band hat einen so unverwechselbaren Bandsound über viele Jahre hinweg etabliert und bringt dennoch das Kunststück fertig, auf jedem Album frisch und unverbraucht zu klingen. Kein Zweifel, die Briten haben ihre Nische gefunden, ziemlich genau in der Schnittmenge von melodischem Powermetal und typisch britischem Neoprog. Und so finden sich auf allen Alben der Band neben knackig-kurzen Dampfhammersongs stets auch vertrackte, überlange Epics. An diesem Abend im gut gefüllten Z7 betonen Threshold ihren Status als Progband allerdings deutlich stärker als auf früheren Reisen. Ohnehin ist die Setlist im Vergleich zur letzten Tour vollkommen umgestellt - nicht mal Dauerbrenner wie das seit bald 10 Jahren unverzichtbare "Phenomenon" oder die Jahrhundertsongs der "Hypothetical"-Scheiblette "Oceanbound" und "Light And Space" kommen diesmal zum Zuge.
Lediglich vier Überschneidungen hat man parat, ansonsten jede Menge Überraschungen und mit "Fighting For Breath", "Avalon" und dem völlig überragenden Meilenstein "Critical Mass" gleich drei im Prinzip noch nie gespielte Perlen im Angebot. Ohnehin entdecken Groom und Co. 2009 ihren Hang zum Epos. Gleich fünfmal übersteigt man die 10-Minuten Marke deutlich - gleich der Einstieg mit "Consume To Live" zeigt, wo es diesmal langgeht. Es sollen noch "Part Of The Chaos", "The Art Of Reason" (von Wilson als bester Threshold-Song aller Zeiten angekündigt), erwähntes "Critical Mass" und "Pilot In The Sky Of Dreams" folgen. Außerdem kommen die Fans auch in den Genuss der noch unveröffentlichten Traumballade "Smile At The Moon", die für das nächste ganz auf Damian Wilson zugeschnittene Album Großes Erahnen lässt. Überhaupt, dieser Wilson ist wirklich ein Phänomen - nicht nur, dass er das Kunststück fertig bringt, die McDermott-Stücke ohne Fehl und Tadel zu interpretieren. Zusätzlich schenkt er dieser manchmal ein wenig technisch wirkenden Band auch eine fantastische Bühnenpräsenz und eine warme, positive Ausstrahlung. Wie schon zwei Wochen zuvor, als er mit seiner fantastischen Damian Wilson Band das Z7 beehrt hatte, ist er wieder bestens aufgelegt, plaudert zwischen den Songs munter drauf los, lässt Fans ins Mikro singen oder rennt wie angestochen durchs Publikum. Und nie gewinnt man dabei den Eindruck, er ließe sich lediglich feiern, sondern man spürt sehr deutlich - der Kerl hat einfach richtig viel Spaß mit dem, was er tut ... Das merkt man auch seinen Mitstreitern an, die durch die umfassende Präsenz ihres Fronters trotz mitunter irrwitziger Instrumentalabfahrten ziemlich entlastet wirken, jede Menge Kabinettstückchen veranstalten und sich auch immer mal mit witzigen Bemerkungen zu Wort melden.
Als nach gut 2 Stunden und einer nochmal alles abräumenden Zugabe "Paradox" die Lichter wieder angehen, wirken jedenfalls alle Beteiligten sehr zufrieden. Das lässt sich ebenso auch für den Verfasser dieser Zeilchen bestätigen. Wieder mal alles bestens im Z7, dessen professionelle und freundliche Atmosphäre wohl jede Band zur Hochform auflaufen lässt ...

Setlist Threshold:
1. Consume To Live
2. Fighting For Breath
3. Stop Dead
4. Part Of The Chaos
5. Avalon
6. One Degree Down
7. Critical Mass
8. Smile At The Moon
9. Art Of Reason
10. Long Way Home
11. Pilot In The Sky Of Dreams
12. Slipstream
---------------
13. Mission Profile
14. Paradox



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver