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Deep Purple, Alice Cooper, Mad Max 17.02.2006 Mannheim, SAP-Arena
von gl
Nachdem vor 3 Jahren schon in Karlsruhe über 10.000 Leute zu Deep Purple kamen, hatte ich keine Sorgen, dass auch die gerade mal 5 Monate junge SAP-Arena bei mir um die Ecke ziemlich voll sein würde - dass jedoch über 11.000 Personen sich dieses Package bei stolzem Eintrittspreis nicht entgehen lassen würden, ist ein Beweis für ein Wiedererstarken des Rocks. Von wegen "Dinosaurier", "bieder", "altbacken" usw.; gerade solche Musik-Magazine wie Visions, Rolling Stone oder Musik-Express, aber auch unser lokales Stadtmagazin "meier" lassen ja keine Gelegenheit aus, Häme oder Spott über solche Acts wie eben Deep Purple loszulassen, featuren aber eher minderbegabte Kurzzeit-Erfolge wie Adam Green oder diesen Monat halt die Arctic Monkeys als das neue Credo der Musik. Dass dann aber solche Massen aller Altersgruppen - insgesamt waren es über 50.000 alleine bei den Konzerten im Februar - zu den Shows auftauchen, verschweigen diese Blätter natürlich.
MAD MAX hatte kaum jemand der Besucher auf dem Schirm, gerade mal einige Eingeweihte oder eben Interessierte waren informiert, während ein Großteil der Besucher vor 19.00h entweder damit beschäftigt war, sich erstmals staunend im großen Rund, sorry Oval des "Ufos" umzuschauen bzw. zunächst einen Parkplatz bei 5 Euro Gebühr, selbst wenn das Auto draußen stand, zu finden. Aber die glücklichen Münsteraner, die den Slot aufgrund des unter dubiosen Umständen vorgenommenen Abgangs der Pechvögel von CHALICE übernommen hatten, begannen überpünktlich um 18:55h. Endlich machte sich die jahrelange Arbeit von Michael Voss nun auch live bezahlt und man konnte heute eindrucksvoll sehen, dass dieser Mann nicht nur den Rock'n'Roll im Blut hat, nein die Band zeigte auch keinerlei Scheu oder Unsicherheit vor dieser gigantischen Kulisse.
Als ob sie es gewohnt wären, zockte die Band, die jahr(zehnt)elang nicht in dieser Konstellation zusammenspielte, ihren Set herunter. Jener bestand aus 5 Songs des neuen Klasse-Albums "Night Of White Rock" und dem Titeltrack von "Night Of Passion". Live unterstützt durch JADED HEART-Keyboarder Henning Wanner agiert die Band nun als Quintett, wobei neben Drummer Axel jetzt das zweite Mitglied von JADED HEART hinzustieß. Und Henning konnte man nun nach seiner Gastrolle bei MIKE TRAMP zum 3. Mal innerhalb von 8 Monaten mit der dritten Band live sehen und er geht jedes Mal hinter seinem Keyboard ab wie 'ne Rakete. Michael sagte den letzten Song mit den Worten "Für den Herrn!" an, worauf sich einige vor der Bühne verwundert anschauten, die selben jubelten dann 30 Minuten später wieder Alice Cooper zu, ohne zu wissen, dass jener auch Christ ist.
Und die Band der Routiniers von ALICE COOPER ließ erneut nichts anbrennen und stellte einiges im Vergleich zu der Show von vor 7 Monaten in Freiburg um. Und es wurde keine Minute langweilig - im Gegenteil, obwohl die Setlist bekannt ist, war es erneut eine große Freude, diese brillante Band zu begutachten. Mensch, was ist Bassist Chuck Garric doch für eine "coole Sau" - macht Mätzchen nebenher, singt Background, läuft umher, post, wie man das halt von einem Rockstar erwartet, und präsentiert seine Tattoos. Oder Eric Singer - ich halte ihn für einen der besten Drummer auf diesem Planeten - schneidet Grimassen, macht Wurfspiele mit seinen Stöcken, grinst noch für die Kameraleute und verpasst doch keinen Punch. Nicht ohne Grund reißen sich alle namhaften Bands um ihn. Und ich hab noch nichts zu den beiden Gitarristen Ryan Roxie und Damon Johnson gesagt, die ebenfalls das Erbe von zahlreichen virtuosen Vorgängern würdevoll weiterführen. Mit solchen Assen um sich hat natürlich der 58-jährige Alice Cooper schon gewonnen und ich will nicht sagen, dass er nun sein Programm runterspult (sowohl die Perlen zum Schmeißen als auch die Geldscheine für den Dolch waren schon gerichtet), sondern dass er einer übermütigen Meute genau das gibt, was sie will - eine grandiose Show. Dies sei an einem geradezu grotesken Punkt festgemacht: Links vor der Bühne war unser Standort, neben uns minutenlanges Gerangel und Geschiebe einer ganzen Menschentraube von ca. 15 Personen, etwa eine Schlägerei?!? Nein, Alice hatte seinen Stock in den Mob geworfen und 7 Personen hatten ihre Hand dran, und kämpften und catchten darum!! 10 Minuten später traf ich wieder einen des verrückten Mobs, patschnass, aber überglücklich mit einem Stückchen Holz in der Hand. Ich fragte ihn, ob sie draußen um eine Säge gebeten hatten. Oben liefert sich die liebreizende Calico Cooper, die natürlich immer der größte Hingucker der Show ist (Wen wundert's bei dem Outfit?!), wieder das übliche Duell mit ihrem Vater. Und die Band räumt wie gewohnt mit den alten Hits ab und ist vom Status her mehr als ein Opener.
Doch die längste Spielzeit heute abend ist natürlich DEEP PURPLE vorenthalten und jene wirken keineswegs wie die alten Herren, als die sie o.e Nichtsblicker immer einstufen, sondern scheinen durch einen Jungbrunnen gegangen zu sein und liefern auch einen überzeugenden Auftritt an diesem Abend ab. Und es wurde deutlich, hier steht eine Band, die sich freundschaftlich verbunden ist, auf der Bühne. (Parallele zu UFO: Man spürt es einfach, ob sich die Akteure da oben grün sind oder nur zusammen vertragsbedingt spielen!) Wobei sie mutig auf Risiko setzten und mehrere Songs des neuen Albums, aber auch ältere eher unbekannte einbauten, während derer die Stimmung eher verhalten, bedächtig wartend auf die allen bekannten Klassiker, in der Arena war. Aber dafür können die Musiker ja nichts, dass nur ein geringer Prozentsatz "Rapture Of The Deep" kennt, klar, die Ticketpreise sind hoch, man muss die tolle neue Platte nicht besitzen, um heute Spaß zu haben, es erhöht aber das Vergnügen. Ich persönlich hätte keine Freude daran, nur 90 Minuten dazusitzen und zu gucken, um dann lediglich bei "Smoke On The Water" abzugehen wie ein Zäpfchen. So zu beobachten hinten auf dem oberen Sitzrang, wo wir uns auf zwei der ganz wenigen noch freien Plätze zurückgezogen hatten, wo die Ansagen von Ian Gillan im übrigen nicht sehr gut zu verstehen waren, was aber nur bedingt an seinem Akzent lag. In der Lokalzeitung war eigens ein Artikel nach der Eröffnung gestanden, die Arena sei speziell mit einem superteueren System ausgestattet, welches für einen prächtigen Sound sorgen soll. Dies kann von meiner Warte aus für die oberen Ränge nicht bestätigt werden, besser als in der Europahalle zu Karlsruhe war es aber allemal.
Die beiden Soloparts von sowohl Steve Morse, der jetzt auch schon über 10 Jahre dabei ist, als auch Tastenmann Don Airey sind jeweils mit Klassik durchsetzt. Der Keyboarder baut den "Türkischen Marsch" und "Krieg der Sterne" in seinen Part ein, während man ihm dank der Leinwand auf die Finger schauen kann.
Und natürlich erhält Ian Paice als einzig verbliebenes Originalmitglied auch noch die Chance, sein Können zu demonstrieren. Sogar während der Zugabe, die übrigens "Hush" heißt, ein Song, der sogar vor Ian Gillans erstem Einstieg 1969 entstand. Das ist nur eine Überraschung für Journalisten von Tageszeitungen, die wohl lange keine Deep Purple-Show mehr sahen aber dafür den Opener heute komplett ignorieren (gab's vorher Schnittchen in der VIP-Lounge?).
Danach wittern einige clevere Jungs und Mädchen, die es (ob nun aus Eigeninitiative oder dank umsichtiger Eltern) vorzogen, eben nicht das zeitgleich stattfindende TOKIO HOTEL-Konzert im benachbarten Ludwigshafen zu besuchen, das (Taschengeldaufbesserungs-) Geschäft des Jahres: Die 10 Cent für die Pfandrückgabe aus den Becher-Automaten sind Dutzenden zu wenig, um sich dafür in lange Schlangen anzustellen. So dass sich sicher alle glücklich an diesem Freitagabend in den Stau begeben!
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