www.Crossover-agm.de
Alice Cooper, Evidence One   15.07.2005   Freiburg, Zelt-Musik-Festival
von gl

Mein letzter Besuch beim immerhin schon seit 23 Jahren bestehenden Zelt-Musik-Festival, in Freiburg nur ZMF benannt, datiert aus dem Jahre 1991. Damals war das Gelände am Tierpark Mundenhof noch umgeben von Wald, wo jetzt ein kompletter Stadtteil entstanden ist, was natürlich vollkommen neuartig wirkt, wenn man 14 Jahre nicht dort war. An einem Freitag mit hochsommerlichen Temperaturen hat der Schock-Rock-Meister gerufen und Hunderte fahren etliche Kilometer, um ohnehin schon total verschwitzt sich auch noch in eine große Sauna = ein großes Zirkuszelt zu stellen, in dem es NOCH wärmer ist und wo sie noch mehr ölen! Aber schließlich spielen dort EVIDENCE ONE auf, und nachdem Sänger Carsten Schulz erst vor kurzem wieder in Heidelberg mit DOMAIN ein Konzert ablieferte, war der Vergleich, ihn nun mit seiner (einst als Projekt gestarteten) anderen Band zu sehen natürlich reizvoll. Die große Bühne steht ihnen gut, der Platz wird reichlich ausgenutzt. Erst einige Wochen zuvor hatten sie einige Hundert Meter weiter für einen anderen großen Act, die SCORPIONS bei der Jubiläums-Fete des Eishockeyclubs DIE WÖLFE auch spielen dürfen und bauen so langsam ihren guten Ruf aus.
Doch leider, auch wenn berücksichtigt wird, dass so ein Zelt natürlich schwer zu beschallen ist, war es VIEL zu laut, so dass mir die Anwesenden ohne Gehörschutz leid taten. Der Auftritt der Band wirkte durchgehend sympathisch, gutes Stage-Acting, aber leider eben, wenn man das Songmaterial nicht kannte, gingen die Songfeinheiten in der zu übertriebenen Lautstärke unter. Und gerade als der Soundmensch es etwas in den Griff bekam (beim letzten Lied), mussten die Franken nach 30 Minuten oder etwas mehr auch schon wieder von Bühne.
Letztes Jahr auf dem "Bang Your Head"-Festival hat mir ALICE COOPER schon sehr gut gefallen, im Gegenteil zu Bernd, der damals die Show hier für unsere Seite rezensiert hatte. So fand sich mit schlecht zu schätzenden 2500 (?) Personen im gefüllten Zelt ein erwartungsfrohe Menge ein, von der sich viele mit den von SWR3 verteilten Fächer Luft zuwedelten. Jene flogen dann aber in die Luft, als nach einem "Phantom Of The Opera"-Intro(-Tape) die Band zu "Department Of Youth" auf die Bühne kam. Tja, wenn ich nun die durchweg renommierten Musiker erwähne, mit denen sich Vincent Furnier umgibt, und all ihre Bands, mit denen sie spielten, dann gibt das eine eigene DINA4-Seite in diesem Dokument hier und es interessiert eh nur die 3% Die-Hards - und die wissen's schon. Belassen wir es deswegen dabei, dass die beiden Gitarristen Ryan Roxie und Damon Johnson, Bassist Chuck Garric und natürlich Drummer Eric Singer alle eine bewegte und illustre, bei letzterem natürlich extrem erfolgreiche Vergangenheit haben und allesamt exzellente Vollprofis sind. Sie sind selbst Stars, von den Gitarristen gibt's eigene CDs und auch die Drum-Felle von Eric werden gekauft, wie am Souvenir-Stand zu beobachten war. Aber die Augen sind doch auf die Person gerichtet, dessen Alter Ego "Alice Cooper" jeweils nur für die Show in diese Rolle schlüpft.
Und der schmeißt gleich zu Beginn kiloweise "Dirty Diamonds" mit verächtlichen Gesten in die Meute (in dem Fall wohl Modeschmuck) um dann im nächsten Stück von seinem Degen runter Dollarnoten hinterher zu werfen. Klar, wer sich nur ein wenig für den Künstler interessiert, kapiert die Botschaft, die hier vermittelt wird, dass es natürlich weder Brilliantenketten noch der schnöde Mammon sind, auf die es ankommt. Calico Cooper, seine Tochter, ist auch wieder mit on tour, umrahmt bzw. inszeniert einige Songs mit passenden Einlagen, und wird leider auch verprügelt. Dann stolziert sie z.B. als Clone der Nicht-Persönlichkeit Paris Hilton mit Chihuahua-Hündchen über die Bühne, und der stets leicht sarkastische und hintersinnige Wortwitz erschließt sich denen, die das Stück "Sunset Babies" von der neuen Platte kennen, obwohl jenes gar nicht gespielt wird: "I'd buy her a diamond collar, if she'd only throw me a bone". Die Band, sie könnte auch in einem Rocker vs. Mods-Film in den 60ern als Statisten mitspielen, zockt trocken und routiniert ohne jedoch zu einstudiert zu wirken den Set runter. Einige Lieder, wie z.B. "Lost In America" von dem Album "The Last Temptation" und vor allem auch "Feed My Frankenstein" von "Hey Stoopid" werden in, ja einfach härteren und leicht abgespeckteren Version zelebriert, was aber doch einen Reiz hat, wenn man die Studio-Versionen im Ohr hat.
Die unvermeidliche Guillotine (die der Tourtross kaum ins Flugzeug nehmen durfte in den USA; was Alice mal herrlich karikierend durch den Kakao gezogen hat) wird gerichtet, und logo, was nun kommt.
Als der Kopf dann wieder auf Alices Schultern sitzt, kommt er in weißem Frack und Zylinder auf die Bühne zurück, um zu verkünden, dass die Schule vorbei ist. Danach kann nur noch ein Stück kommen, das wirklich jeder kennt, natürlich "Poison", wobei selbst hinten in den Rängen die Leute nun aufstehen und mitsingen, zuvor waren die Reaktionen bei einigen Songs doch eher verhalten. Doch genau dieses Konzept Jahr für Jahr durchzuziehen, die ganz alten Sachen mit den neueren zu mischen und nicht auf Nummer Sicher zu gehen, das bewundere ich so an der Alice Cooper Band. Nun kommt einer der größten Spannungsabfälle, die ich live je erlebt habe, von einem tobenden Zelt bei "Poison" bis zur Bewegungslosigkeit und Ratlosigkeit beim direkt im Anschluss gespielten "I Wish I Was Born In Beverly Hills" dauerte es nur ein paar Sekunden, absolut skurril. Doch die Profis da vorne nehmen's gelassen, setzen noch "Under My Wheels" drauf, das kannten dann zum Glück doch noch einige und entlassen nur zufriedene Gesichter in die Zeltlandschaft, wo noch lange nicht Schluss ist.



Alice Cooper  Alice Cooper

'Die Sonne scheint mir ins Gesicht!'  Danke!

Chuck Garric am Bass  Eric Singer liebt deutsche Wortspiele - oder ist er verheiratet?!?  Die linke Bühnenseite

Setlist:
(Phantom Of The Opera Intro-Tape)
Department Of Youth (part)
No More Mr Nice Guy
Dirty Diamonds
Billion Dollar Babies
Be My Lover
Lost In America
I Never Cry
Woman Of Mass Distraction
Eighteen
Between High School And Old School
What Do You Want From Me
Is It My Body
Go To Hell
Black Widow Jam (Incl. Drum solo)
Gimme
Feed My Frankenstein
Welcome To My Nightmare
"The Piece" (Includes The Awakening)
Steven
Only Women Bleed
Steven
Ballad Of Dwight Fry
Killer
I Love The Dead (Band vocal only)
School's Out
Poison
I Wish I Was Born In Beverly Hills
Under My Wheels

PS: Thanks an Tomasz Biniek für die Setlist. Alice Cooper-Mega-Fan-Tomasz verdient eine besondere Erwähnung - nicht nur dass er mit seinen Kumpels aus Polen (!) angereist ist, das war nur eine von 8 Shows, die sie mit eigenem Banner "Polish Alice Cooper Fans on Tour again" begleiteten, und die machen das jedes Jahr!!!

Fotos: Michael Langer von www.ffm-rock.de (Thanks Mike! - Evidence One durfte er vom Veranstalter aus leider nicht fotografieren, obwohl ihn die Band eigens darum gebeten hatte!)






www.Crossover-agm.de
© by CrossOver