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King Diamond, Brainstorm,
Trojan 28.04.2001 Zwickau, Alarm!
von
rls
Gerade mal drei Dates spielte
King Diamond auf seiner aktuellen Tour in Deutschland, und löblicherweise
fand eins davon im Osten statt. Da sich der noch relativ neue Alarm!-Schuppen
in kurzer Zeit einen Namen als interessante Konzertpilgerstätte gemacht
hat (hinter ihm stehen u.a. einige Leute, die auch an der Organisation
und Durchführung des With Full Force-Open Airs
beteiligt sind) und die nächsten Auftrittsorte des Herrn Diamond etliche
hundert Kilometer entfernt lagen, war ein entsprechender Radius an Fans
angereist, füllte indes die Halle nicht bis zum allerletzten Quadratmeter.
Im Vorfeld war etliches Rätselraten
um die Supportbands entstanden. Das Quartett, das als erstes die Bühne
betrat, löste die Unklarheiten vorerst auf, indem es sich nach dem
zweiten Song als "Wir sind Trojan aus Dresden" vorstellte. Und die Herren
aus der Landeshauptstadt machten von Anfang an deutlich, daß sie
mächtig stolz waren, hier spielen zu dürfen, kamen allerdings
nicht ganz an die Wegblasqualitäten der stilistisch vergleichbaren
Gorgons
Eyes heran. Daß mich einige Passagen etwas an eine gewisse Band
namens Brainstorm erinnerten, sollte trotz des Billings als Zufall gewertet
werden. Im Gegensatz zu diesen blieb von den Trojan-Kompositionen aber
eigentlich nur "Speed King", der aktuellste Song, im Gedächtnis haften,
und das nicht etwa ob seiner besonderen Qualität, sondern erstens
positiverweise wegen der gekonnt plazierten Stops in den Strophen, zweitens
negativerweise aber, weil er bisweilen noch etwas unfertig klang. Der pathetische
Gesang des Fronters paßte zwar zum bisweilen leicht thrashlastigen
Power Metal, aber der Gitarrist machte deutlich, daß ihm ein zweiter
solcher an seiner Seite fehlt, der dann auch gleich ein paar mehr Akzente
setzen könnte. Daß der Mixer ihn etwas arg leise und den Trommler
dafür arg laut gedreht hatte, dafür kann der Arme nun aber wirklich
nix. Besagter Trommler bot mit seinem abwechslungsreichen Spiel den hellsten
Lichtblick des reichlich halbstündigen Trojan-Gigs auf, wohingegen
der Sänger nach jedem Song ein Kleidungsstück ablegte, bei Erreichen
der Marke "freier Oberkörper" aber dankenswerterweise damit aufhörte.
Insgesamt eine solide Leistung, aber nichts Weltbewegendes.
Die angekündigten Einherjer
waren letztlich doch nicht mit von der Partie, aber darob wird wohl kaum
einer böse gewesen sein, denn nun enterten Brainstorm die Bühne.
Unzählige Tourneen haben den schwäbischen Fünfer längst
zu einer homogenen Einheit zusammengeschweißt, die auch an diesem
Abend wieder zu überzeugen wußte. Eröffnend mit "Crush
Depth", konzentrierten sich Brainstorm erwartungsgemäß auf den
aktuellen Longplayer "Ambiguity", pickten
sich aus diesem aber auch seltener gespielte Tracks wie "Coming Closer"
heraus und vergaßen selbstredend auch die ersten beiden Scheiben
nicht. Besonders die beiden Gitarristen feuerwerkten, was das Zeug hielt
- aber auch sie wurden vom Mix teilweise in die zweite Reihe gestellt,
da Dieter Bernert an den Drums mächtig Krach machte. Ich weiß
nicht, ob ich nur an Amnesie leide, aber ich bilde mir ein, in früheren
Zeiten besser ausbalancierte metallische Sounds gehört zu haben, wohingegen
auf fast allen Metalgigs, die ich in letzter Zeit besucht habe, die Drums
viel zu laut abgemischt waren. Sei's drum, die Dreiviertelstunde Brainstorm
zeigte, wohin Trojan nach vielen Monden Übens auch kommen könnten,
und war nur etwas unglücklich zusammengestellt, da sich Brainstorm
diesmal mehr auf midtempolastigen Power Metal konzentrierten und den Speed
etwas vernachlässigten, so daß mehr oder weniger alle hauptsächlich
auf "Tear Down The Walls" und "The Healer" warteten, von denen letztgenanntes
dann gar nicht gespielt wurde. Und auch zum Sänger muß ich noch
ein Wort verlieren: Andy B. Franck ist zweifellos sehr fähig, besitzt
ein breites Spektrum zwischen ganz tief und kurz vor der Sirene (auch die
Backings der Saitenakrobaten standen wie 'ne Eins) und reproduzierte seine
Leistung von "Ambiguity" an diesem Abend auch ohne Abstriche. Nur: Als
ich Brainstorm 1998 letztmalig live gesehen hatte, stand da ein Henning
Basse am Mikro, und der hat mir seinerzeit noch einen Tick besser gefallen.
Bevor das Ganze jetzt aber zu negativ klingt: Brainstorm waren an diesem
Abend gut bis sehr gut mit kleinen Schönheitsfehlern, und die sollte
man zwar nicht unter den Tisch kehren, aber auch nicht überbewerten.
King Diamond war gleich dreimal
anwesend, denn außer dem Menschen auf der Bühne standen zwei
mit analogem Make-Up im Publikum. Der Däne hat es mit zunehmendem
Output natürlich immer schwerer, seine Sets zusammenzustellen, aber
irgendwie schaffte er es wieder, so vielseitig wie nur möglich zu
klingen. Eine zu vier Fünfteln altbekannte Besetzung half der Corporate
Identity ein Stück weiter (neben dem ewigen Mitstreiter Andy LaRocque
und dem neuen Drummer Mark Simpson hatten zwei alte Bekannte, nämlich
Mike Wead und Hal Patino, den Weg zurück in die Band gefunden), aber
prägende Figur ist und bleibt natürlich King Diamond selbst.
Der sang sich wieder mal in allen Stimmlagen zwischen unheilvollem Grollen
und vielen Falsettpassagen durch seine kleinen Gruselgeschichtchen, welche
zweifellos düstere Elemente transportieren, aber dümmliche Glorifizierungen
höllischer Schergen außen vor lassen. Die theatralische Umsetzung
einiger Tracks ließ allerdings etwas zu wünschen übrig:
Wenn die Tänzerin, die bei "Voodoo" auf der Bühne erschien, Voodootanz
zelebriert hat, dann bin ich Van Gogh, und wenn genau die gleiche Aktrice
nach einer Hexenverbrennungsszene (die mit einer geschickten Ausleuchtung
visualisiert wurde), die aus ihr ein Häuflein Asche macht, für
alle sichtbar hinter den Herren Patino und LaRocque von der Bühne
zu huschen versucht, dann kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Dafür
agierte die komplette Band mit einer unbändigen Spielfreude, und trotz
der schon recht lange währenden Tour präsentierte sich auch der
King selbst in stimmlich guter Form. Von der "King
Diamond & Black Rose"-Scheibe hatte niemand ernstlich einen Track
erwartet (interessant wär's aber allemal gewesen, und irgendwann will
ich von diesem Mann nochmal "Child In Time" hören), und mit dem neueren
Schaffen bin ich nicht sonderlich vertraut, aber traditionsmetallische
Uraltschinken von der "Abigail"-Scheibe ("Black Horsemen", meine Güte,
wie klasse ist dieser Track auch heute noch!) wußten auch meine Aufmerksamkeit
zu wecken, und zu meiner Freude fehlte auch "The Candle" vom 85er Debüt
"Fatal
Portrait" nicht, dessen Eingangssequenz mit den feisten Orgelklängen
seinerzeit Maßstäbe in puncto Bombast setzte. Rein musikalisch
wurden uns also 90 Minuten feiner klassischer Metal vorgesetzt, der zwar
leider auch ein wenig unter zu lauten Drums litt, aber mit einer weihnachtlichen
Parodie (war das "No Presents For Christmas"? Ich hab' die Single nicht.)
einen hübschen Schlußgag landete, der uns den fürchterlich
kalten Betonfußboden der Halle doch noch vergessen ließ.
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