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WITH FULL FORCE FESTIVAL    23.-25.06.2000    Roitzschjora bei Leipzig
von Janet



Dies soll ein Bericht werden, der beschreibt, wie die Atmosphäre auf einem großen Rock- und Metal-Festival ist. Eins sag ich mal gleich vorneweg: für Feingeister ist das nix. Ich selbst bin ja inzwischen ziemlich Festival-erfahren, aber für einige von euch wird das hier vielleicht ein wenig... naja, lest selbst.
Schon die Anreise am Vortag (Donnerstag, 22.06.) war chaotisch. Auf der A9 bewegte sich alles nur sehr langsam. Irgendwie waren wir so ein bisschen die Chefs mit unserem 37 Jahre alten himmelblauen Barkas. Das ging so weit, dass uns ein besonders belustigter (oder mitleidiger?) Brummi-Fahrer eine Tüte Chips rüberreichte. Wir aßen die halb auf und gaben sie dann an unsere Hintermänner, einen Kleinbus voller langhaariger Bayern, weiter, wegen der Solidarität und so. Das war schon alles erhebend. Die Metal-Gemeinde ist eine kleine, feine Randgruppen-Solidargemeinschaft, in der man richtig dolle heimisch werden kann. Ich jedenfalls bin da sehr zu Hause, und auf Festivals wie dem WITH FULL FORCE fühle ich mich einfach nur wohl, wohl, wohl.
Viele Besucher mussten sich stundenlang in den mehrere Kilometer langen Schlangen anstellen, die sich vor dem Gelände auftaten, und sich dann supergründlichen Auto-Durchsuchungen überlassen. Auch das Errichten von Camps, wo man Plätze freihält für seine Freunde, die weiter hinten in der Schlange stehen, gestaltete sich sehr stressig. So war am Ende alles wahllos über das riesige Camping-Areal verstreut. Dass man nicht am Zelt parken kann, sondern seine Habe ewig weit schleppen muss, ist irgendwie auch nicht gerade angenehm, wird aber wohl seine Gründe haben. Und selbstverständlich darf man auf einer solchen Veranstaltung keinen sanitären Luxus erwarten. Dass man hinterher seine Badewanne von einem formidablen Dreckrand befreien muss und fast Lust hätte, sein Klo zu umarmen, weil man es plötzlich so sehr liebt, ist völlig normal. Duschen gab es zwar auf dem Gelände, aber die meisten hatten Besseres zu tun und gaben sich mit den Waschbeckenanlagen zufrieden. Dixi-Klos werden nie was Angenehmes sein, aber wenn sie regelmäßig geleert und gesäubert werden wie hier, ist das schon erträglich. Man darf sich halt nicht so mädchenhaft haben...
Die Verpflegung war auch o.k., auch wenn ich davon fast keinen Gebrauch gemacht habe. Die Pizzas und Pommes und Calamares-Ringe sind ziemlich teuer, trotzdem haben die Leute gespachtelt wie irre. 0,4 Liter Pülsbier kosteten 4 Mark, das ist vertretbar. Übrigens finden die Gäste aus der Schweiz das richtig billig...
So, und nun will ich mal langsam zur Hauptsache kommen, nämlich der Musik. Da man nie und nimmer alles sehen kann (es spielten 63 Bands an diesen drei Tagen), muss ich mich auf die Bands beschränken, die mich auch interessiert haben. Für einige weitere habe ich einen kompetenten Helfer finden können, meinen besten Kumpel Christian Meißner, der vorher auch noch ein paar Impressionen loswerden will (selbige und seine Beiträge kommen in kursiv) (außerdem ist er mittlerweile zum Redaktionsmitglied mutiert, sollte noch hinzugefügt werden - Anm. rls):

Dem Schreiberling ist nicht bekannt (bzw. er ist zu faul für Recherchen), ob bei dieser Veranstaltung jemals größere Ordnungsprobleme aufgetreten sind. Jedenfalls gehören zu den Fazits des Festivals die Bemühungen der Ordner um eine ordentliche Ordnung. Es ist zum Beispiel nicht leicht einzuordnen, ob ein Barkas, Baujahr 63, der nicht mehr ganz neu aussieht, auf dem normalen Parkplatz parken darf oder wegen dem original Presseausweis auf den VIP-Parkplatz muß, obwohl kein Ordner einem das „VIP“ abkauft („Was, ihr? Presse? Jaja, is klar. Und für welche Zeitung? Cross-was?“), oder ob man ihn lieber zum Caravan-Parkplatz umleitet, Bedingung wäre dann aber, daß einer im Bus schläft, was wir jedoch nicht unbedingt wollten, oder was denn nun. Im direkten Vergleich z.B. zum Wacken-Open-Air fällt zunächst also ein gründlicher Ordnungssinn auf. Es war auch nicht leicht, einen Zeltplatz zu bekommen. Wenn einer der Veranstalter das hier liest, sträuben sich dem sicherlich die Nasenhaare. Ich will aber keineswegs Platzmangel anprangern. Es war lediglich so, daß in ihrem Ordnungssinn die (aber in jedem Fall sehr netten) Ordner peinlich ordentlich darauf bedacht waren, die vorher sorgfältig abgesteckten Parzellen der Wiese nur eine nach der anderen mit Zelten zu füllen und das nach für Einzelfälle entsprechend Gutdünken erteilter Zeltaufbauerlaubnis. Nach Errichtung der Wohneinheiten war aber dann alles nur wie’s sein soll. Alle langhaarigen Menschen in ihren übelriechenden Kutten verstanden sich ohne viel Worte prächtig, das Dosenbier wurde geflissentlich vernichtet, die kleinen Plastekassettenrecorder brüllten von allen Seiten des Zeltplatzes Iron-Maiden- und Slayer-Songs und man bereitete sich überall mental auf die Ereignisse vor, die kommen würden.
Zum versorgungstechnischen Rahmen der Veranstaltung bleibt mir zu bemerken, daß die Preise o.k. waren und die Auswahl ebenfalls, der geneigte Hungrige konnte wählen aus Vielfältigkeiten von Döner-Kebap und Bratwurst über Tintenfischringe und Käsebrezeln bis hin zu Erdbeerbowle und Bier für 4 Mark. Mit den Dixies hatte zumindest ich ebenfalls Glück. Alles in Butter also. Kommen wir zur Sache!!

Das Festival bestand aus zwei Bühnen: der Mainstage, auf der die größeren Acts spielten und wo mehr Metal lief, und der Hardbowl-Tentstage mit ihren häufig weniger bekannten Bands vor allem aus dem Hardcore-, Punk- oder Rotzrock-Bereich. Keine Frage, wo wir uns hauptsächlich aufhielten...

FREITAG

Die Aufgabe des Eröffnens für den musikalischen Reigen fiel am Freitag den DIRTY DEEDS zu. Im Gegensatz zu späteren Acts war ihnen von Anfang an ein brillanter Sound vergönnt. Die professionelle Bühnen-Action wirkte nie aufgesetzt sondern nur sympatisch. Solides Riffing und eine hervorragende Gitarrenarbeit - besonders bei den Solo-Atacken des Lead-Gitarristen - machten Spaß beim Zuhören. Die Band spielte ihren Set routiniert und überzeugend, allein den Songs fehlte ein wenig das zündende Etwas, das den Merkichmir und Wiedererkennfaktor ausmacht.
Die APOKALYPTISCHEN REITER hatten wie alle nachfolgenden Bands zunächst große Soundprobleme zu „überspielen“. Trotzdem wußten sie schnell zu überzeugen. Der anfangs sehr dünne Klang der zweiten Gesangsstimme wurde vollauf ersetzt vom Fanblock, hinter dem mein Standpunkt gelandet war und der alle Klanglücken professionell füllte. Besondere Bemerkung verdient die Bühnenaktivität des kahlköpfigen Keyboarders. Sie bestand in gelegentlichem Anheben der Mundwinkel (ich bin jetzt stoisch und gehör’ nicht dazu und spiel’ bloß mein’ Kram) - auch irgendwie sehr eindrucksvoll. Die abwechslungsreichen Songs und die abschließende Klischeebombe „Metal will never die“ vereinten letztendlich alle Brothers in Mind. Irgendwie herrlich und auf solch einem Festival total angebracht.

Für mich startete das WITH FULL FORCE mit den mir schon vom Fuck The Commerce-Festival bekannten VIU DRAKH. Die machten richtig Spaß und waren richtig hart, also genau der passende Auftakt.
Mit CANNIBAL CORPSE stand wenig später schon das erste Highlight auf der Bühne. Genau auf sowas fahre ich derzeit ab: ultrabrutaler, schneller, technischer Death Metal vom feinsten. Die US-Amis trümmerten präzise und melodiearm ihr Publikum in Grund und Boden, dass es eine wahre Pracht war. Von solch exzellenter Gitarrenarbeit können die meisten anderen Bands nur träumen. Absolut beeindruckend!!!
Und gleich danach ENTOMBED! Die Schweden klangen früher ein bisschen auch so wie ihre US-Kollegen, inzwischen haben sie aber (leider) viel mehr Rock’N’Roll- und Punkelemente in ihren Sound integriert, was mir persönlich nicht sehr behagt, aber trotzdem gut ankam. Danach brauchte ich dann wirklich erstmal ‘ne Pause. Und kam erst wieder, als die unerreichte Legende IRON MAIDEN auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stand. Eigentlich hab ich die gar nicht sehen wollen, weil mich True Metal nicht vom Hocker reißt, aber ich hab mich überreden lassen (danke Tobias!!!). IRON MAIDEN waren für viele der Anwesenden die Band, die sie erst zum Heavy Metal gebracht haben. Manche behaupten, sie hätten den Metal überhaupt erfunden. Wie dem auch sei: Inzwischen haben die gestandenen Männer sich ihren früheren Sänger Bruce Dickinson zurückerobert, die Fans haben sich davon sehr viel versprochen, und sie sind nicht enttäuscht worden. Ich kenne die Band kaum. Ich weiß nur eins: IRON MAIDEN haben zwei Stunden lang zur totalen Party animiert. Es war grandios! Christian kann euch mehr dazu erzählen:

Irgendwann: endlich - IRON MAIDEN!!! Ich hatte schon nicht mehr geglaubt, sie jemals vor meinem Tode zu Gesicht zu bekommen, geschweige denn mit Bruce Dickinson! Und was soll ich sagen, es war eine MACHT! Der Set begann mit einer ganzen Reihe Stücke vom neuen Album, das ich noch nicht kannte. Naturgemäß fand ich mich nicht sofort rein, stellte jedoch später nach Kauf der CD fest, daß sich die Dinger doch ganz schön in die Gehörgänge gefressen hatten. Und dann folgten die Klassiker. Ich kann nur jedem befehlen, sich einmal Bruce Dickinson mit Iron Maiden anzukucken! Der Mann ist das überragendste, sympatischste und beststimmgesegnete Front-Energiebündel das ich jemals gesehen habe. Anders als bei seiner Solo-Karriere (gesehen auf der „Skunkworks“-Tour) ist er förmlich explodiert, fegte über die Bühne, über die verchromten Klettergerüste und die überhaupt exquisite Bühnen-Bestückung, legte eine unglaubliche Action an den Tag und ließ sich stimmlich nicht die geringste Anstrengung anmerken! Im Schatten dieses Vulkans die anderen - Bassist Steve Harris exhibitionierte seine Freizeitvorlieben im Football-Dress, Janick Gers benahm sich einigermaßen übertrieben und albern (machte ein wenig den Eindruck der Profilneurose des inzwischen an die Stelle des „dritten“ Gitarristen verrutschten), Neugitarrist Adrian Smith war irgendwie nur von seiner Ausstrahlung her stärker beeindruckend und mußte gar nicht groß posen, die übrigen machten einfach nur einen sauguten Job. Die Band lieferte genau das, was man von ihr erwartete: ein Come-Back mit einem Paukenschlag, erstklassige neue Songs und unübertroffene Klassiker. Natürlich durfte auch „Number Of The Beast“ im Zugabeteil nicht fehlen. Mein Gott, ich habe IRON MAIDEN gesehen!!! (der Verfasser bittet die leicht subjektive Berichterstattung zu entschuldigen)

Die KNÜPPELNACHT fand nach der Geisterstunde im Hardbowl-Zelt statt und bot wieder Stoff der ganz derben Sorte. Wenigstens zwei Bands davon hab ich gesehen: ASPHYX und KRISIUN. Beide haben mich vollkommen überzeugt. ASPHYX gibt es jetzt schon seit 13 Jahren, zwischendrin waren sie mal aufgelöst und sind - vielleicht deswegen - ein bisschen in Vergessenheit geraten, aber mit ihrem neuen Album „On The Wings Of Inferno“ melden sie sich lautstark zurück. Gekonnt zelebrieren sie Ami-Death der alten Schule, und ich freu mich schon, sie auf dem Partysan Open Air in Bad Berka wiederzusehen... KRISIUN ließen ebenfalls keine Fragen offen. Wenn einem mehrminütige Doublebass-Attacken um die Lauschlappen geblasen werden und das alles haargenau auf den Punkt kommt, kann man nur noch auf die Knie gehen. Manchmal ist es schon ein wenig schade, dass die Brasilianer ihr Können hinter so extremem und schnellem Spiel verbergen, aber eigentlich dann doch wieder nicht...

SONNABEND

Heute gab es echte Probleme mit dem Sound. Den ganzen Tag über waren die Gitarren zu leise und zu matschig. Das kann ganz schön nerven. Richtig beeinflussen ließen sich die Musiker davon glücklicherweise nicht.
Die erste Band meines Sonnabends waren PRIMORDIAL. Die Iren spielen eine Art Black Metal und klingen live ganz schön anders als auf ihrem neuen Album. Härter, wuchtiger, dramatischer. Mag am Sänger liegen, seine Vorstellung konnte wirklich überzeugen. Insgesamt eher melodisch und getragen, hat es mir ziemlich gut gefallen.
Aufgrund des wärmstens ans Herz gelegten Tipps eines Freundes machte ich einen Abstecher zum Hardbowl Tent, wo die Stuttgarter FARMER BOYS aufspielten. Ihr intelligenter Hardrock konnte das Publikum sehr begeistern, mir stand allerdings beizeiten der Sinn mehr nach anderen Dingen...
Die Vollbedienung auf der Mainstage lieferten dann endlich wieder DISMEMBER. Wir hatten in unserer Gruppe am Vormittag eine heiße Diskussion, ob Schweden-Todesblei pauschal ist oder nicht, und für mich gibt’s da überhaupt keine Fragen: Ikea-Death ist cool, und DISMEMBER sind gnadenlos geil! Das bewiesen sie auch auf dem WITH FULL FORCE eindrucksvoll. Kompromisslos, ein bisschen umstritten wegen ihrer Texte, aber musikalisch schnurgerade und einfach nur gut.
THE EXPLOITED standen als Nächste auf dem Spielplan. Ich bin kein Fan von Punkrock, aber wenn er so ehrlich und unkommerziell und hart rübergebracht wird, kann man sich sowas schon mal ansehen. Die Briten waren schwindelerregend energiegeladen. Wie SODOM. Wenn er bei SODOM die Stimmbänder schwingen lässt, mag ich Tom Angelripper sogar. SODOM sind eine Ikone des Thrash Metal, die zu Recht viele jüngere Acts beeinflusst haben.

Meine OOMPH!-Kassetten schimmeln irgendwie schon lange im Regal rum. Ewig nicht gehört. Sooo toll auch wieder nicht(.?!) Aber man sollte sich wohl doch mal die Mühe machen und sich durchweg ein Konzert der Band reinziehen. Zumindest was sie auf dem Full Force boten konnte gelangweilte Vorurteile zerstören. Viel Wert lag auf der Optik - die Gitarristen in glänzenden Schutzanzügen, Sänger Dero im Kontrast dazu in schniekem weißen Anzug. Mit einem amtlichen Sound knallten die Songs in die Menge, sorgten nach und nach für Bewegung. Rammstein-Vergleiche sind trotz einiger klanglicher Parallelen unangebracht, da Oomph! schon eine ganze Weile länger aktiv sind und mehr Tiefe in ihren Songs aufbringen, weniger anbiedern. Dero suchte immer wieder das Bad in der Menge und ließ sich auf Händen tragen, wobei die Ordner jedesmal sehr darauf bedacht waren, wenigstens seine Füße in ihrer Obhut zu behalten. Zum Ende des Gigs hatte es die Band geschafft, das Publikum auf seine Seite zu ziehen und konnte die Bühne begleitet von begeistertem Jubel verlassen.

Nach einer kurzen Pause meinerseits durfte ich BOLT THROWER erleben. Auch das war wieder eine heftige Granate, Death Metal aus dem Königreich auf der Insel, und so ganz nebenbei gelten die Jungs als Miterfinder des Grind Core. Ich brauche also nicht extra zu betonen, dass es hier ganz herb zur Sache ging!
Mein ganz persönlicher Höhepunkt des Tages fand spät nachts im Zelt statt: Peter Tägtgren. Diesmal stand der sympathische Schwede mit seinem Industrial-Metal-Projekt PAIN auf der Bühne, das gnadenlos abräumte. Die Stimmung war grandios, lange hielt ich es nicht in den vordersten Reihen aus, aus Angst, zerquetscht zu werden. Peter beweist auch mit dieser Band sein Gespür für Ohrwurmmelodien. Obwohl das neue Album „Rebirth“ erst wenige Wochen auf dem Markt war, konnten viele Zuhörer einwandfrei mitgrölen. Komischerweise hörte ich am nächsten Tag von vielen Leuten, dass diese Musik nicht so ihr Geschmack ist. Den Anschein hatte ich während des Gigs nicht. Oder fesselt der kleine, schmächtige Peter allein mit seiner charismatischen Ausstrahlung?
Irgendwann zwischen zwei Gigs begab ich mich zum ersten Mal mit meinem Very-wichtig-Pass backstage. Dort traf ich Frank Albrecht und Michael Rensen vom ROCK HARD, erzählte ihnen vom Verdienst ihres Blattes an meiner Tätigkeit beim CrossOver, und sie konnten sich tatsächlich an jenen betreffenden Leserbrief von mir erinnern...

SONNTAG

Wenig Schlaf und die Tatsache, dass es zum Frühstück schon ein Bier sein muss, gehören ebenfalls zum Ambiente eines Metal-Festivals. Manchmal kann einem das schon auf die Füße fallen, aber das kommt dann später im Text...

Den absolut schlechtesten Sound des Wochenendes bekamen ANGEL DUST. Einfach grauenhaft. Schlagzeug und Gesang waren das Einzige, was zu hören war. Es ist mir daher leider unmöglich, die musikalische Seite zu beurteilen. Nix zu merken von melodischen, progressiven und harten Einflüssen in den charakteristischen Sound (welchen?). Schmerzhaft, da mich gerade diese Band aufgrund der sehr guten Resonanzen der Presse auf das neue Album besonders interessiert hatte. Dem Soundmann gebührt ein kräftiger Tritt dahin, wo’s wirklich wehtut. Einer aufstrebenden Band eine so einmalige Chance dermaßen zu versauen!

Lustig sollte es heute aber auch werden. Zunächst mit der inzwischen 16jährigen DDR-Kult-Combo MANOS. Ganze Bäume wanderten da, an die Klampfe gebunden, über die Bühne. Ziemlich originelle Show, und die Musik stimmte auch noch. Aber das war noch gar nichts gegen KNORKATOR (siehe nächstes Foto). Wer die noch nicht gesehen hat, hat definitiv was verpasst. Auch wer sie nur von ihrem Auftritt zum Vorausscheid des Grand Prix de la Chanson her kennt. Denn auf der Bühne sind sie noch tausendmal besser. Es war fast nicht zum Aushalten, wie die Bauchmuskeln vom Lachen strapaziert worden sind. Eine Slo-Mo-Variante von AC/DCs „Highway To Hell“ und ein lieblich zart dahingehauchtes „Haaaardcoooore...“ waren dabei nur der Anfang. Natürlich verkloppten und zerhackten sie wieder gnadenlos ihre Orgel, waren völlig schräg gekleidet und sich überhaupt nicht zu schade, sich total zum Löffel zu machen. Das faszinierende an dieser Band: So ganz „nebenbei“ sind das auch noch exzellente Musiker... Vor allem der Gesang verursachte ein ums andere Mal Gänsehaut. Beifall! Das war spitze!


Auf KNORKATOR hatte ich mich im Vorfeld besonders gefreut. Zum ersten Mal gesehen bei ihrem furiosen Grand-Prix-Auftritt (ich hab 32mal für sie angerufen) hab ich mich sofort in diese Chaotencombo verliebt. In Roitzschjora war ich dann eine Dreiviertelstunde von einem fürchterlichen Lachkrampf geplagt. Aua aua. Wie immer wurde eine Orgel und allerlei Sperrmüll auf der Bühne zerlegt. Leider funktionierten die wichtigen Utensilien Gemüse-Schredder-Werfer und Konfettikanone nicht. Jedesmal beim Einschalten legten sie den Bühnenstrom lahm. Also wurde das Gemüse kurzerhand im Stück auf das Publikum geschmissen. Es entstand eine kurze Kartoffel- und Krautkopf-Schlacht. Aber nicht nur im Blödeln sind die Jungs unschlagbar, überraschenderweise weiß das Songmaterial - wenn man vor Lachen überhaupt mal was gehört hat - sehr zu überzeugen. Variabler Gesang (Sopran oder gegrunzt), fette Sounds und originelle Songideen. Hört euch unbedingt diese Band an! Schade nur, daß wir auf das göttliche „Weg nach unten“ und „Ik wer zun Schwein“ verzichten mußten.

SUBWAY TO SALLY (Foto) hatten ihren Set dem auf härtere Kost eingestellten Auditorium angepaßt. Die zarten Balladen fehlten gänzlich, es regierte das volle Brett. Und so kam es, daß die nach unzähligen Konzerten - mir ist keine Band bekannt, die fleißiger tourt - perfekt eingespielte Mannschaft das Publikum schnell im Griff hatte. Besonders umjubelt war Fast-Frontfrau und Geigerin Frau Schmidt. Erics Frage „Seid ihr unser?“ wurde mit frenetischem Jubel beantwortet. Auch optisch war der Auftritt eines der Highlights des Festivals. Die Bühnendekoration und das Outfit der Musiker waren mit viel Liebe zum Detail dem Metal-Mittelalter-Mix angepaßt. Die funkenschlagenden Subway-Schädel werden sich wohl jedem, der die Band noch nicht kannte, als Markenzeichen und Hausaufgabe für den Einkaufszettel eingeprägt haben.

Tja, und dann wurd’s kritisch, jedenfalls für mich. Viele bauten schon mal ihre Zelte ab, um nach SLAYER, dem heutigen Headliner, die Heimreise anzutreten. Für mich spielte nichts Interessantes, und so hatte ich „genug“ Zeit zum ... Also, ich muss erwähnen, SLAYER sind die Band gewesen, die ich am allerunbedingtesten sehen wollte auf diesem Festival. Es ging mir nichts über SLAYER, DIE Thrash-Band überhaupt, und ich hab mich wochenlang wie ein kleiner Schneekönig darauf gefreut. Als es dann endlich soweit war, lag ich auf der Wiese und war zu nichts mehr zu bewegen. Akustisch hab ich alles mitbekommen, so zum Beispiel, wie einer meiner Freunde sagte: „Endlich mal Männer-Mucke!“, aber ich hab mich einfach nicht getraut, aufzustehen, weil ich für nichts garantieren konnte, was dann passieren würde. Ich wußte genau, ich würde mich hinterher schwarzärgern (tat ich dann auch), aber es ging nicht! Ich fasse es noch immer nicht: Ausgerechnet vor dem Auftritt meiner Lieblingsband des WITH FULL FORCE erreichte ich meinen höchsten Bierpegel des gesamten Wochenendes. Aufgrund gewisser Hartnäckigkeit (nochmals danke, Tobias!!!) erlebte ich die zweite Hälfte des Gigs dann doch noch im Stehen und konnte sogar die großartige Lightshow und die bombige Stimmung wahrnehmen, aber an Details erinnere ich mich leider nicht ... sorry ...
Später herrschte Aufbruchstimmung, zahlreiche Menschen mussten am Montag pünktlich zur Arbeit erscheinen, und irgendwie war das traurig. Mein Zustand hatte sich inzwischen so weit stabilisiert, dass ich mir noch GODDESS OF DESIRE anschauen konnte, richtig gut fand ich sie aber nicht. Ihre angeblich umwerfende theatralische Bühnenshow geht mir eher auf den Zeiger.
Bei einer gemäßigteren Party zwischen den Zelten ließen wir den Abend und das Festival ausklingen, und als wir am Montag vormittag die Heimreise antraten, waren wir erschöpft bis auf die Knochen, aber glücklich und voller Vorfreude auf das nächste Festival.

Es bleibt ein Montag, wie es selten einen müderen gab. Völlig geschafft, mit total verwirrten Körperfunktionen, veralberten inneren Organen und Augen, aber glücklich. Nachdem der ganze Festivaldreck sofort nach Rückkehr in die Zivilisation abgewaschen war, bleibt ein Sack voll Eindrücke, die zu verarbeiten wohl eine ganze Weile dauern wird, und die das eintönige Arbeitsleben wieder für eine Weile ertragsam machen. Irgendwann kommt ja wieder ein With-Full-Force!
 



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