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Armored Saint, Brainstorm,
Jacobs Dream 01.10.2000 Glauchau, Alte
Spinnerei
von
Christian
Jacobs
Dream starten mit dem Opener des Debüts
- „Kinescope“. Die Keyboardparts übernimmt dabei Gitarrist John Berry
über ein Effektgerät. Leider sind nur schätzungsweise 20
Nasen vor der Bühne versammelt, erst gegen Ende des Gigs füllt
sich der Laden langsam. Obwohl die enge Bühne sechs Musikern nicht
viel Platz für Bewegung bietet, macht die Performance Spaß.
Die Band sucht den Kontakt zum Publikum und Sänger David wirkt durch
seine Gestik wie ein verstörter Psychopath. Etwas drollig sieht nur
sein Beinkleid aus. Die untersetzte und ziemlich kräftige Figur ragt
unten aus einer weiten kurzen Turnhose heraus. Nach dem Auftritt entpuppt
er sich als wahnsinnig netter Zeitgenosse, der sich halt keine Gedanken
über seine Klamotten macht, wenn sie bequem sind. Pech hat die Band
mit dem Sound, der sehr matschig und undifferenziert tönt. Ist aber
auch nicht leicht hinzukriegen, mit drei Gitarren. Die tiefgründigen
Kompositionen kommen so nicht ganz zu ihrem vollen Recht. In den zwanzig
Minuten ihres Sets (Songs vom Debüt und das neue „Theatre Of War“
als Abschluß) wissen sie trotzdem zu überzeugen und ernten mehr
als nur Höflichkeitsapplaus. Das kauft man ihnen ab: Die Jungs leben
ihre Musik, sie lieben, was sie tun, und sie sind drei dicke Freunde und
drei schlanke!
Dann die heimlichen Gewinner
des Abends: Brainstorm. Nachdem mich das neue
Album beim Durchhören nicht soooo umgehauen hat, muß ich
meine Meinung angesichts des Auftritts in Glauchau in ein klares Booaaarr
ändern! Zuerst fällt auf, daß Leadgitarrist Todde singt!!!
Bei einer beachtenswerten Gesangsleistung schüttelt er sich nebenbei
noch irrwitzige Gitarrenläufe und Soli aus dem Ärmel! Nach ein
paar Songs erklärt er die Situation: Da sich der Sänger der Band
eine Woche zuvor das Schlüsselbein gebrochen hat und nicht auftrittsfähig
ist, hat Todde mal eben sämtliche Vokal-Parts übernommen. Nebenbei
hat dieser Mann noch den Job des Tourmanagers inne. Ziemlich breiter Aufgabenbereich
auf so ‘ner Tour. Wenn man die Band so sieht, fragt man sich: Wozu brauchen
die noch einen Sänger? Klasse Leistung! Die Songs wissen ebenfalls
durchweg zu überzeugen und knallen gehörig in die Fresse. Musikalisch
anspruchsvoll, eingängig, einfach Heavy Metal, wie er sein soll.
Die Headliner Armored Saint
haben einen supersympathischen Auftritt zu toppen. Sie setzen auch wahrlich
noch einen drauf. Man merkt sofort, daß hier alte Hasen am Werk sind,
und vor allem fünf Freunde. John Bush ist ein Frontmann, der einfach
Spaß macht, ein Schmaus für Ohren und Augen (auch wenn mein
Nebenmann meint, bei Anthrax wäre er besser). Bassist Joey Vera scheint
die - im Gegensatz zu seiner etwas „ruhigeren“ Hauptband Fates
Warning - explosive Mucke sehr gutzutun. Hab ihn fast nicht erkannt
mit seiner neuen Frisur (Schenkelbürste). Der Sound ist inzwischen
etwas besser. Wenn man jedoch die Songs nicht kennt, kriegt man immer noch
kaum was von Gitarrenmelodien mit. Am nächsten Tag bei Destruction
und Crematory im gleichen Lokal klang durchweg
alles transparenter. In unserer Ecke sorgt Gitarrist Jeff Duncan für
Erheiterung, da er aussah wie nach einer sehr durchzechten Nacht, ihm ging’s
wohl nicht so gut. Auf den Fotos ist er immer viel rosiger. Auch wenn der
absolute Überzünder bei der Musik irgendwie nicht kam, alles
in allem eine sehr professionelle und mitreißende Show. Hoffentlich
tut sich nach dieser Tour mal bissel was mit ihren Albumverkäufen.
P.S.: Wenn irgendwo Brainstorm
spielen, geht mal hin!
© by CrossOver
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