www.Crossover-agm.de Warum der Metal nicht meucheln muss
DownloadText hier downloadenDownload

von ta

Diesmal wieder zu einem echten Metal-Internum. Die Frage, weswegen Künstler manchmal besser die Klappe halten sollten, taucht je nach Diskussionsbrennpunkt vergleichsweise oft in den einschlägigen Foren/Magazinen auf, z.B. in der Kontroverse um Iced Earths "The Glorious Burden"-Album, in Rock Hard-Leserbriefen zu Impaled Nazarene oder Amon Amarth und nicht zuletzt in Interviews mit den betroffenen Bands selbst. Die Trennung, die hier ebenfalls vergleichsweise oft aufgemacht wird zwischen "ernstem, aber bescheuertem Anliegen" und "unernstem, überzogenem Schwachsinn", ist nun m.E. aber erst der zweite Schritt. Nimmt man als Statement des Künstlers das, was er als Text für ein Lied verfasst hat, wird hinfällig, was der Künstler sonst noch darüber sagt (etwa in der Selbstauslegung, die in Interviews stattfindet). Unbewertete Darstellung von Gewalttätigkeiten wird auch dadurch nicht besser, dass der Künstler sie eigentlich im Unernst verstanden haben wissen will. Um dieses Thema wird sich der folgende Text drehen. Er richtet sich hauptsächlich gegen Musikerstatements in Form von Liedtexten, die eigentlich gar nicht die Meinung/Moral des Verfassers widerspiegeln (also eher gegen z.B. Cannibal Corpse als gegen Jon Schaffer (Iced Earth)). Wer so widersprüchlich agiert, ist von vornherein in einer Defensivposition anzusiedeln und sollte sich nicht drauf verlassen, dass nur die "richtigen Leute" aufschreien. Zudem soll im Folgenden angedeutet werden, dass ein Musiker/Texter, der nicht mehr drauf hat, als die Zutaten Blut/Gerinsel/Gedärme/Ungetier/Stichwaffen/Schusswaffen/Schlagwaffen oder Hass/Gewalt/Gebrüll/Verfluchung/Körperverletzungsdrohung in einen Topf zu werfen und aufzukochen, eigentlich ein armer Tropf ist, weil er sich selbst zu einem Hampelmann degradiert, der immer noch ein Stück extremer versucht, um jeden Preis aufzufallen. Zumindest legt die Schwäche anderer Erklärungsmuster das nahe.

Vorab erlaube ich mir ein paar allgemeine Bemerkungen.
1) Im Folgenden versuche ich, Aussagen eines Künstlers in ihrem Gehalt ernst zu nehmen. Ich verstehe also einen Künstler nicht als reines Imageprodukt. Auch der Metal lebt zwar genug vom Image seiner Musiker, seien es nun Metalgötter, Trauerweiden oder Pappnasen. Aber ich nehme für den folgenden Text einfach einmal an, dass ein Musiker ernst meint, was er in Interviews sagt und schaue, was daraus zu gewinnen ist.
2) In der Kunst kann gemordet, geprügelt und Analsex mit Bohrmaschinen betrieben werden. Ist ja alles fiktiv. Gründe muss ein Musiker trotzdem angeben können, weswegen er mordet und prügelt. Kunst darf nicht nur Naivität sein.
3) Lohnt sich soviel Gerede eigentlich wegen eines solchen Themas? Macht das nicht den Spaß kaputt, den man mit dieser-und-jener Musik hat? Zur ersten Frage: Ich weiß es nicht. Vielleicht nicht - aber weswegen eigentlich? Zur zweiten: Möglicherweise macht zuviel Analyse die naive Freude kaputt. Da ich aber naive Freude an extremen Gewalttätigkeiten nicht so toll finde, habe ich ganz egoistisch auch kein allzu schlechtes Gewissen, sollte ich hiermit jemandem selbige verderben (was so wahrscheinlich nun auch wieder nicht ist, obwohl's schön wäre).
4) Was hier steht, ist nur die Beleuchtung eines einzelnen Aspekts einer Szenestruktur, die damit nicht ansatzweise beschrieben ist. Und wenn hinterher Diskussionen entstehen, weil das zu einseitig ist: Um so besser. Here we go.

Es ist ein alter Schuh mit der Kunst und wie weit sie gehen darf, und auch, vielleicht sogar besonders im Metal-Bereich tut man sich schwer daran, ihn zuzubinden. (In der Pop-Szene z.B. würde keine Band durchkommen, die einen anschaulichen Text über jemanden schreibt, der von Ungeziefern verspeist wird. In der Metal-Szene ist das offenbar möglich.) Diskussionen sind allgegenwärtig und gelegentlich wird eine Band besonders ins Visier genommen, genug andere Bands werden ausgelassen, obwohl sie nicht minder fragwürdig agieren. Fragen werden gestellt und halb beantwortet, Kommentare gibt es viele, Hoffnungen auf einen allgemeinen Konsens sind vermutlich inzwischen fehl am Platze, weil jeder andere Kriterien hat, mit denen er etwa an Texte eines Musikers herantritt. Aber so manches Statement lässt sich immerhin plausibilisieren, ein anderes in Frage stellen. Besonders in den Death- und Black-Zonen ist m.E. bei so manchem Musiker (aber auch Hörer) spartennamengemäß der Hirnstrom auf ein Niveau herabgesenkt worden, welches dem Dasein als mündigem Weltbürger eigentlich nicht mehr entspricht. Gerne jagt der musizierende Künstler einem abstrakten Ideal nach (sei dieses nun "Brutalität und Gewalt" (DM) oder "Hass und Bösartigkeit" (BM; Angaben ohne Gewähr)), zu dem sich diverse Epi-Phänomene reihen, die besonders Texte und Auftreten einer Band betreffen. (Dass hier mitnichten eine pauschale Degradierung der Extrem-Metal-Szene vorgenommen werden soll, ist hoffentlich klar. Dass sich platte Gewaltattitüden nicht allein auf die Death/Black-Szene beschränken, hoffentlich ebenso.)
Ein imaginäres Beispiel: Wenn der Sekretär einer Ingenieurfirma sich in einer, branchenimmanent gesehen, inakzeptablen Darstellungsweise gefällt, beispielsweise seinem Chef eine scheuert, mag das unfein sein, ist aber für den Angestellten der gleichen Berufssparte eine Stadt weiter nicht von Belang, weil ihm als Geschehnis im Regelfall unbekannt. Im Gegensatz zum Sekretär ist der Künstler, zumindest der Popularmusiker, aber eine weitaus öffentlichere Person und sei es nur in Figur eines Mythos, den der Hörer um ihn anhand von Liedern, Texten, Interviewaussagen und Bildern spinnt. Der Musiker braucht eine Öffentlichkeit, um ein solcher sein zu können. Lieder und ihre Aussagen sind nicht dazu da, nur ihm selbst zu gefallen, denn sonst bräuchte er damit gar nicht an die Öffentlichkeit zu treten. Dementsprechend ist es angebracht, die (Verbal-)handlung des Musikanten kritisch und vielleicht kritischer zu betrachten als die des Sekretärs, weil sie vor genug Leuten geschieht (nämlich allen Hörern der Platte bzw. Lesern der Texte), die sie sich an- und ggf. abschauen, und weil von ihm zu verlangen ist, dass er sich über das, was er in einer Öffentlichkeit repräsentiert, Gedanken gemacht hat. (Es ist etwas anderes, ob der Sekretär seinem Vorgesetzten eine Backpfeife gibt oder ob er einen Song kommerziell vermarkten würde, der da heißt: Haut eurem Chef eine rein. Eine singuläre Handlung ist ein persönliches Statement, ein Liedtext ist Sinnreservoir für eine Öffentlichkeit.)

Nach dieser grundsätzlichen Vorbemerkung nun wirklich direkt ins Thema: So manchen Death- und Black-Metaller, soll in dem Fall eingeschränkt heißen: ihre verbalen Meuchelmorde und Panzerfahrten, allein aus Spartensolidarität ("United we stand" usf.) zu entschuldigen, ist eine verfehlte Auffassung. Denn die Entscheidung, den Meuchelmord zu besingen, war eine bewusste und hätte auch anders ausfallen können und warum sie so ausgefallen ist, muss gerade dort hinterfragt werden, wo sie Missgefallen auslöst (und Meuchelmord sollte das). Man muss sich dazu argumentativ gar nicht auf das (auch nicht ganz problemlose) Modell der "Jugendgefährdung" zurückziehen, wenn man einer Band zu Leibe rücken will, die in ihren Texten anderen Leuten zu Leibe rückt. Die Entscheidung eines Musikers, einen Liedtext so zu verfassen, wie er ihn verfasst hat, kann auch unabhängig von den möglichen oder unmöglichen Folgen des Rezipierens dieses Textes wo doch nicht als falsch belegt, da doch immerhin hinterfragt werden. Beispielsweise ist es erlaubt, zu erforschen, welches legitime Interesse jemanden dazu motiviert, in seinen fiktiven Texten eine Moral zu vermitteln (zumindest nicht zu negieren), die er im realen Leben für nicht ernsthaft unterstützbar hält. (Was ich in dem Falle den bluttriefenden Death Metallern einmal unterstelle. Die Kriegsmanie des gleichen oder benachbarten Kreises ist noch einmal ein etwas anderes Thema, weil sie keine Projektionsfläche imaginärer Handlungen und Haltungen darstellt, sondern oft genug auf einer ernsthaften, positiven Beurteilung von Krieg basiert oder sich zumindest unverblümt in der Faszination vom schnellen und wirkungsvollen Töten badet. Davon ist im Folgenden nur indirekt die Rede oder dort, wo eine Vermischung nicht der Sachlichkeit schadet.)
Die unbewertete Darstellung von Gewalt ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass niemand etwas dagegen sagt. Sie ist in einer Gesellschaft, die glücklicherweise das, was hier (d.h. - nicht nur, aber vergleichsweise häufig - im DM und BM) fiktional vermittelt wird, wenn es realiter geschehen würde, hart und zurecht hart sanktionieren würde, so ohne Weiteres erst einmal gar nicht gerechtfertigt.
Was heißt "ohne Weiteres"? Gemeint ist: Extreme Gewaltdarstellung ohne Kommentierung braucht plausible Erklärung. Wer sich hinstellt und eindeutige Dummheiten von sich gibt, hat den harten Gegenwind durchaus verdient und tut gut daran, seine Verbalausfälle in ein besseres Licht zu stellen. Leider ist es gerade in Extrem-Metal-Geschwadern - wie weiter oben schon angedeutet - oft genug üblich, ein Minütchen weniger zu reflektieren um sich nicht den Spaß am Rock'n'Roll zu verderben. Versuche einer Intellektualisierung das Ganzen fallen auch nicht besser aus. Die Selbstreflexionsangebote der betroffenen und befragten Künstler zeichnen, insofern sie Verbalmetzgerei rechtfertigen wollen, ein eher desillusionierendes Bild (die folgenden Zitate sinngemäß, aber auch mit ein paar O-Tönen ausgestattet):
1. "Alles, was wir bieten, ist eine extreme Form von Entertainment."
Das ist eine nette faktische These (wobei vielleicht anzuzweifeln ist, dass das Ganze wirklich automatisch Entertainment-Qualitäten hat). Es ist jedoch wichtig, zu bemerken, dass damit noch nicht eigentlich schon eine Rechtfertigung vorliegt. Auch kommentarlose Texte über Judenvergasung sind ggf. Extrementertainment, aber selbst Cannibal Corpse würden die wohl ablehnen. Der Verweis auf die unterhaltende Funktion ist nicht falsch, aber er berechtigt erst einmal zu gar nichts.
2.1. "Wir schreiben nicht die Texte, das Leben schreibt sie. Wer uns anklagt, klagt die Welt an, wir halten nur den Spiegel vor, wir beobachten nur."
Auch den Spielraum dieser Erklärung halte ich für relativ begrenzt. Die bloße unbewertete Abbildung der Welt bringt ohne einen Appell nicht weit (abgesehen davon erschöpft sich die Welt nicht in Blut und Hass). Death Du Jour z.B. (deren jüngst erschienenes Debüt "Fragments Of Perdition" an anderer Stelle behandelt wurde) haben ins Booklet zum gerade genanntem Album visuelle Untermalungen (bearbeitete Fotos) ihrer textlichen Gewaltphantasien gepackt, die eine kurze Geschichte von einem Mädchen, einem Mann, viel Blut, einer Vergewaltigung, einem Mord und einem Selbstmord erzählen. Was bringt eine solche Darstellung von "hate, anguish and egoism towards humanity and all it's forms" (Zitat aus der Promotion-Beilage der Plattenfirma) als einfache Wiedergabe anthropologischer Konstanten? Zuerst einmal nichts. Mit einer bloßen Abbildung ist noch nichts getan. Oder schwingt vielleicht doch in der angeführten Legitimationsstrategie eine Wertung mit, etwa von dieser Form:
2.2. "Der Hörer soll eigentlich von dem abgestoßen werden, was wir besingen."
Aha, was für ein ehrenwerter Anspruch! Abgesehen davon, dass dieses Rechtfertigungsmodell aufgrund seiner - von mir hiermit unterstellten - Verlogenheit recht selten vorkommt (im Death/Black Metal ist mir konkret niemand bekannt, der es explizit vertritt, implizit schon), erreicht eine kommentarlose Schilderung von extremer Gewalt Abstoßung nur bei denen, die Gewalt ohnehin schon für nicht so toll bis absolut illegitim halten. Da braucht es niemanden mehr, der sich mit einem wie auch immer gearteten Aufklärungsanspruch hinstellt, um etwas über die Welt zu sagen. Und wer keine Meinung hat und auch vom Musiker keine Absage zu bestimmten Handlungen angeboten bekommt, hat auch danach keine. Und wer sich selbst in Gewaltphantasien übt, übt sich nun eben in Gewaltphantasien, die in Death Du Jour eine ansprechende Bebilderung gefunden haben. Abstoßungseffekt: Null.
3. "Wir wollen zur Reflexion anregen."
Reflexion über einen Gegenstand wird notwendig, wenn eine Frage zum dargebotenen Gegenstand entsteht, weil das Dargebotene auf den ersten Blick keinen eindeutigen Sinn ergibt. Reflexion entsteht aus Unverständnis. Doch was im Falle Cannibal Corpse, Death Du Jour, Marduk, Impaled Nazarene usf. dasteht, ist nun doch recht eindeutig und auch gar nicht darauf angelegt, in seinem aussagetechnischen Gehalt missverstanden zu werden. Ein Reflexionsprozess soll erschließen, was die Darstellung sagen soll. Darum mag es im Falle Rammstein z.B. gelingen, Reflexion zu provozieren, weil hier keineswegs immer eindeutige Texte vorliegen, aber mit der an Sinnerschließungslücken freien Gewaltdarstellung - Sinnlücke im Sinne eines "Was soll das heißen?", nicht eines "Warum ist das so?" (diese Frage soll ja hier gerade beantwortet werden) - automatisch einen Reflexionsgewinn beim Hörer zu unterstellen, ist schon ziemlich frech. Würden Carnal Forge, deren pubertäre Hass-Lyrik auch keinen schätzenswerten Weltbeitrag liefert, z.B. singen, dass sie jemandem gerne einen Wald schenken wollen statt ihm die Zähne einzeln rauszuschlagen, mag man als Hörer angeregt sein, sich im Rahmen des Gesamttextes einen Reim darauf zu machen, was es heißt, jemandem einen Wald zu schenken. Was das Zähne-Rausschlagen peu a peu für ein Akt sein soll, ist aber so unergründlich nicht.
4. "Wir wollen die letzten Tabus brechen."
Tabus unterscheiden sich von Gesetzen dadurch, dass sie erstens ungeschrieben sind und zweitens über sie nicht geredet wird. Nun handelt es sich bei Vergewaltigung und Tötung nicht um Tabus, sondern um gesetzlich verbotene Handlungen und auch Schlitzer-Deather werden kein Interesse daran haben, dass sich daran etwas ändert. Geht es hier also um das Tabu, über Vergewaltigung und Mord nicht unbefangen - in welchen Sinne auch immer - zu reden? Welche sachlichen Gründe aber bestehen, dieses Tabu zu brechen? Ein Tabubruch kann nicht reiner Selbstzweck sein, wenn er Sinn machen oder eine Botschaft übermitteln soll. Rockbitch ernteten eine Menge Ärger mit ihren an nackter Haut sehr reichen Shows, die ein sexuelles Tabu brachen. Darüber und über ein Tabu der Darstellung von Sex in diversen Spielarten kann man schmunzeln. Doch muss ein Tabu über die Darstellung von Mord in allen seinen Spielarten genauso beschmunzelt werden? Hier sind zumindest noch eine Menge Erklärungen einzuholen. Provokation nur der Provokation wegen ist noch keine Rechtfertigung, sondern eine dumme Attitüde ohne sachliche Basis, der verzweifelte Versuch, Reaktionen zu ernten. Dann kann ich mich auch auf die Straße stellen und "Heil!" schreien.
5.1. "Wir kanalisieren die Gewalt beim Hörer. Wer unsere Texte gelesen hat, geht wenigstens nicht mehr raus und killt jemanden, weil er es schon in seiner Phantasie getan hat."
Eigentlich ist dieses Modell der Rechtfertigung eher bei Hörern der entsprechenden Sparten verbreitet als bei den Musikern selbst. Mit dem damit verbundenen hehren Anspruch zur Leistung eines Künstlers entstehen jedoch m.E. einige Probleme. Ob Musik/Text eines Künstlers tatsächlich in der Lage sind, reale Wünsche quasi imaginatorisch zu kompensieren, ist eine streitbare Frage. Zumindest scheinen genug Gegenbeispiele der Geltung dieser Behauptung zu widerspechen. Musik ist sicherlich Identifikationsfläche für ohnehin schon vorhandene Strukturen (charakterliche Dispositionen, Gefühlsmomente), aber a) wäre die Begrenzung auf gewaltverliebte Neigungen des Hörers dann doch sehr spezifisch auf einen Hörerkreis zugeschnitten, der quantitativ weit hinter dem zurückbliebe, der sich tatsächlich von Death/Black Metal angesprochen fühlt, und b) ist die bloße Einpassung in eine schon vorhandene Struktur (Mordphantasie eingepasst in realen Mordwunsch) ja nicht deren Aufhebung (Mordwunsch verschwindet). Hier besteht zumindest, wie so oft, weiterer Erklärungsbedarf.
5.2. "Meine Texte bieten mir selbst die Möglichkeit, meine eigenen Aggressionen zu kanalisieren."
Hier gilt zuerst der gerade eben bereits eingewendete Kritikpunkt. Außerdem ist allein die Möglichkeit, sich selbst zu therapieren, noch kein Grund, diese Selbsttherapie dem potenziellen Hörer zugänglich zu machen. Des weiteren ist das ständige Repetieren seiner hochaggressiven Wünsche gegen die Mitmenschenschaft sicher kein probates Mittel, sich dauerhaft zu therapieren. Wenn ich tatsächlich über Jahre hinweg soviel und sooft Mordphantasien herumtrage, dass ich mich nur in ihre ständige Verbaldarstellung retten kann, um sie nicht in die Tat umzusetzen, gehöre ich nicht an die Gitarre, sondern auf die Couch. Wenn mir die Blase drückt, kann ich unruhig auf dem Stuhl umherrutschen - oder aber ich verschwinde einfach zum Pissoir.
6. "Ich interessiere mich eben dafür."
Hier gilt im Prinzip das gleiche wie für den Versuch, auf den hohen Unterhaltungsgrad zu verweisen (s. Pkt. 1.). Dass man ein persönliches Interesse hegt und dementsprechend Freude daran hat, sich Gewalt- oder Kriegsszenarien zu widmen, ist streitbar, soll hier jedoch nicht diskutiert werden. Damit ist aber kein Grund angegeben, warum man damit an eine Öffentlichkeit treten muss. (Diese Erwiderung gilt in besonderem Maße für die angesprochene Textergruppe Marke "Metzger". Wer einfach aus Interesse über weite Weltraumreisen, das Geschäft der Imkerei oder dunkelbraune Biedermeiermöbel berichtet, muss deswegen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Bei den mit weniger unbedenklichen Inhalten versehenen Texten, die hier kritisiert werden, ist das sehr wohl der Fall.)
7. "Wir schreiben brutale Musik, dazu gehören nun mal brutale Texte."
Dieses Rechtfertigungsmodell ist überaus verbreitet und lässt verschiedene Lesarten zu, die ich im Folgenden extrapolieren will. Weil die Rede dabei auf allgemeinere Gesichtspunkte gehen wird, die überhaupt den Status des "Klischees" im Metal ein wenig beleuchten sollen, sei es mir erlaubt, hierfür ein wenig mehr Platz zu reservieren.
Klar ist, dass man sich hier auf eine Tradition beruft, nach der brutale Musik immer mit brutalen Texten einherging bzw. bestimmte Metal-Spielarten auch eine bestimmte textliche Untermalung aufwiesen. Nun kann man einerseits die Notwendigkeit dieser Kombination postulieren ("Wenn nicht Gewalt, dann nicht Death Metal") und andererseits auf die traditionelle Bewährung dieser Kombination jenseits aller Notwendigkeit verweisen ("Das wurde bis jetzt nämlich immer so gehalten") - beides wird auch realiter getan. Möglichkeit eins halte ich für falsch, Möglichkeit zwei für außerordentlich wackelig. Dazu nun in einer kleinen Abschweifung, die sich partiell ein Stück vom Thema wegbewegen wird, aber der Sache hoffentlich und sicherlich nicht undienlich ist.
Die brutale textliche Untermalung musikalischer Gewalttätigkeiten ist ein Klischee des extremen Schwermetalls. Was tut ein Klischee? Das Klischee ist in irgendeiner Form sinnstiftend. Wenn ich mich aufs "Bang Your Head!!!"-Festival begebe, bin ich umgeben von Klischees aus Leder, Jeans und Eisen und habe das Gefühl, zuhause zu sein. Solche Klischees stiften Identitätsbeziehungen unter bestimmten Hinsichten - Musikgeschmack, vielleicht "allgemeine Lebensbetrachtung" usf. - zwischen Individuen: Das Zuhause-Sein von mir ist ein Zuhause-Sein von vielen, darum ist ein solches Klischee darauf angewiesen, dass ein paar Leute daran teilhaben. Klischees haben oft den Ursprung einer Abmachung. Hätte es sich bei der Einführung einer Metal-Kleiderordnung mit der Zeit herausgestellt, dass der Metaller nicht Nieten und Leder, sondern Spitzhüte und Kord trägt, hätte sich eben daraus das Klischee entwickelt. Das ist nicht geschehen, auch darum nicht, weil der Ursprung metallischer Kleiderordnung auf einem Abgrenzungsmechanismus beruht, also auf der Intention, sich anders zu präsentieren (und grüne Spitzhüte und Kord hätten vermutlich zur Verwechslung mit Hippies geführt) (nee, mit Bayern - Anm. rls). Die ursprüngliche metallische Kleiderordnung war also eine Konvention mit einer Intention, die sich gegen eine bestimmte Umwelt richtete. Diese Umwelt bietet den Bezugsrahmen der Konvention. (Die Konvention der Uniformierung einer bestimmten Subkultur - Mitgliedern des sog. "metallischen Paralleluniversums" nämlich - setzt eine Umgebung voraus, die diese Uniformierung nicht teilt bzw. ablehnt. Diese Umgebung ist in dem Falle alles, was ich mit dem "Bezugsrahmen" einer solchen Konvention meine.)
Zur Veranschaulichung ein anderes Beispiel: Die Meinung, dass der Deutsche ordnungsliebend ist, greift nur solange, wie ihr Bezugsrahmen, der Glaube an die Möglichkeit einer Unterteilung in bestimmte Völkermentalitäten (ordentliche Deutsche, schwarzhumorige Briten, faule Franzosen etc.), gegeben ist. Sobald der Bezugsrahmen fällt, verwandelt sich diese Meinung in ein Klischee. Stellt sich also mit der Zeit heraus, dass es nicht weit bringt, die Charakterzüge eines Individuums über seine Nationalität zu erklären ("Ordentlich? Ja, das ist eben ein Deutscher!"), wird die Meinung, dass Ordnungsliebe eine genuin deutsche Tugend sei, zum Klischee. Analog beim Metal: Wenn die Umwelt meine Kleiderordnung akzeptiert, bejaht, jedenfalls keineswegs ablehnt, vielleicht sogar meine Abgrenzungsuniform in eine Trenduniform verwandelt wird, bediene ich nur noch ein Klischee, schlimmstenfalls eine Trenderscheinung, weil der Bezugsrahmen fehlt, der ursprünglich für die Einführung der Uniformierung sorgte. Kurz: Wenn der Bezugsrahmen einer Meinung oder Konvention verschwindet, aber die Meinung oder Konvention bleibt, wird sie zum Klischee. (Dies soll keine Definition sein, reicht als Charakterisierung aber für unsere Zwecke aus.)
Das heißt nicht, dass das Klischee keine Funktion mehr hat. Die Kleiderordnung der Metaller sorgt ja z.B. noch für die sinnstiftende Familienbildung (s.o.), die postulierte Ordnungsliebe des Deutschen kann einem soziologischen Aufsatz als Arbeitshypothese, dem Alltagsbewusstsein als Vereinfachung dienen, aber sie sind beide Klischees und fallen damit gewissermaßen als Art unter den Anachronismus, Klischees sind quasi ein Anachronismus mit Leerstelle im Bezugspunkt. Solcherart sind sie auch ein kleines bisschen ein Zeichen, dass etwas abwärts geht, ja richtiggehend "Dekadenzerscheinungen" in einem bestimmten Bereich, etwa der Metal-Szene. (Das soll kein Herbeizitieren des Todes metallischer Kleiderordnung oder metallische Szenenbildung sein und richtet sich auch gar nicht gegen die Legitimität solcher Uniformierung. Das Klischee der Metaller-Kleidung hält ja noch einigermaßen und funktioniert, aber seine Bedeutung erschöpft sich eben darin, familienintern Identität zu stiften, ansonsten ist es "unernst". Ähnliche Phänomene gibt es zuhauf auch anderswo - übrigens ohne dass es Klischees sein müssen. Die berühmten "U-Boot-Christen", die nur zu Weihnachten in die Kirche gehen, sind z.B. so eins. Hier geht es nicht um die christlichen Inhalte des Weihnachtsgeschehens, die der Gottesdienst vermittelt, sondern um die Produktion von Weihnachtsgefühlen. Die Kirche ist zu Weihnachten kein Ort des gelebten Christentums.)
Damit zurück zu brutalen Texten bei brutaler Musik: Ich hatte zwei Auffassungsweisen der These, dass jene zu dieser gehören, gegeben. Die erste ist die, dass zwischen etwa "Death Metal" und "Gewalttexten" oder "Black Metal" und "antichristlichen Texten" eine Art analytisches Verhältnis bestehe, also das Eine das Andere impliziere: Damit Musik Death Metal genannt werden kann, dürfen die ihr zukommenden Texte einen gewissen Grad an Gewalttätigkeit nicht unterschreiten, analog beim Black Metal (und dort als Position realiter auch weitaus häufiger vertreten). Das, mit Verlaub, stimmt wohl nicht. Zumindest würden genug Bands nicht unter die Sparten des DM und BM gezählt werden dürfen, die sich sehr wohl als spartenzugehörig verstehen und auch allgemein so verstanden werden. Hier liegt ein sehr singuläres Verständnis der entsprechenden Sparten vor, das sich aus einer Art verängstigter Wurzeltreue oder aus dem Wunsch nach allgemeiner Unterordnung unter ein persönliches Ideal speist.
Das Stichwort "Wurzeltreue" gibt den Ausgangspunkt zur Betrachtung der zweiten Verstehensart obiger Rechtfertigungsbehauptung, für welche die vorherige Betrachtung des Phänomen "Klischee" nützlich war. Gesetzt, der Musiker beruft sich auf das Klischee, dass Death Metal eben gepaart wird mit entsprechend "deathigem" Textgut und er nicht diesen Automatismus, der sich ja bewährt hat (zumindest sagte keiner was gegen ihn), unterlaufen wird, sprich: wer die Texte liest und dabei die Musik hört, wird fühlen "Ja, hier bin ich im Death Metal-Areal" (analog zum True Metalhead auf dem BYH!!! unter Gleichgesinnten), gesetzt dies also, ist von allen angeführten Rechtfertigungen vermutlich sogar die beste abgeliefert, obwohl ich sie trotzdem als sehr schwach empfinde. Denn erstens sind Traditionsargumente ("Das hat der-und-der auch gemacht/gesagt ...", in dem Falle kommt hinzu "... und es funktioniert!") per se ziemlich schwach, zweitens wird hier die Wahl extrem gewalttätiger Texte nicht über den Inhalt dieser Texte (z.B. Bluten: woraus und wovon), sondern lediglich ihre Funktion ("Zuhause"-Gefühle erwecken) legitimiert (es könnten theoretisch also auch Texte über - s.o. - Spitzhüte und Kordhosen sein), drittens ist der Wert dieser Funktion dadurch eingeschränkt, dass es auch leicht möglich ist, im DM Familiengefühle ohne solcherlei Texte zu stiften, also z.B. die Erkenntnis "Ja, ich bin im Death Metal-Areal", meinetwegen auf einem Festival, nur durch das Konsumieren der Musik zustandekommen zu lassen. (Über die zweifelhafte Art einer Identitätsstiftung über Gewalt-Texte könnte ich auch noch räsonieren, aber das ist hier nicht notwendig.)

Tatsächlich scheint es vielen Bands, die sich darin üben, verbal das Messer kreisen zu lassen, bereits zu genügen, sich Ärger mit verhassten Autoritäten bis hin zu den nationalen Zensurbehörden einzuhandeln. Diese Haltung halte ich für, man entschuldige das grobe Wort, infantil. Wer dafür in Kauf nimmt, Leute, die das Geschilderte bejahen, in ihren Bejahungen zu unterstützen, ist m.E. ein genauso armer Mensch wie der, der wirklich nicht mehr zu sagen hat, sobald er ein öffentliches Podest betritt, als es etwa, zum Beispiel und überhaupt Death Du Jour tun: Vier Typen, die sich mit Blut bekritzeln, ein bestialisches Szenario abbilden und technische Musik hacken. Von den Texten wurden nur einzelne Verse abgedruckt (vermutlich reichen den Musikern auch die schönen bunten Bilder), ob vorsorglich oder aufgrund höherer Gewalt, ist mir unbekannt, aber sicherlich wären Death Du Jour die ersten, die bei Zensur "Entmündigung!" schrien, obwohl es da soviel zu Entmündigendes nicht gibt. Auf genug andere Künstler trifft das nicht weniger zu.
Die Rede von der absoluten "Freiheit der Kunst" ist nicht ernsthaft aufrecht zu erhalten, zumindest nicht, ohne den Kunst- und Künstlerbegriff arg einzuschränken. Natürlich ist klar, dass die Grenze zwischen Kunstautonomie (alles ist erlaubt) und künstlerischer Einschränkung (vielleicht sogar durch Zensur) schwer zu ziehen ist. Auch ich habe keinen Vermessungsvorschlag (ich würde nicht einmal behaupten, dass Death Du Jour etwa neben Cannibal Corpse auf den Index gehören, sondern lediglich, dass es nur schlechte Gründe dafür gibt, sich wie Death Du Jour zu gebärden). Aber die Existenz einer solchen Grenze lässt sich schwer leugnen, denn mit einer solchen Leugnung würde man z.B. Einspruch dagegen erheben, dass Nazi-Combos daran gehindert werden, ihre ebenso dumme wie gefährliche Feindbild- und Hasslyrik unters Volk zu bringen. Das wäre möglich, wenn jeder Künstler plärren dürfte, wonach ihm ist. Und das kann nicht wirklich allgemeines Interesse sein.
Es handelt sich hier - bei der Grenzziehung - um einen, zumindest in der Metal-Szene, ambivalenten Punkt: Wenn es hieße "Pole, stirb!", "Jude, du Sau!", wer würde nicht aufschreien? Marduk wünschen jedoch lediglich "Christ, verrecke!", Impaled Nazarene krächzen auch nur den Tod von Kommunisten, Schwulen oder generell "scumfuck" herbei und Cannibal Corpse oder Death Du Jour berichten von Meucheleien sondersgleichen. (Hier noch einmal die oben angesprochene Vermischung von ernsthaften, wenngleich überstrapaziert dargestelltem Anliegen (Marduk, Impaled Nazarene) und reiner Imagination (Cannibal Corpse, Death Du Jour).) Doch die Grenzziehung zwischen "schlimm und ablehnenswert" und "lachhaft und ablehnenswert" zieht "der Metaller" (eine Pauschalisierung, ich weiß) offenbar intuitiv: Ab da und dort nicht mehr ernstnehmen, z.B.: weil Klischee, oder: weil mir die Band sonst ganz gut gefällt usf.. Der - von älteren Semestern noch vertretene - Standardvorwurf an Mitglieder der metallischen Zunft, besonders die des ganz harten Bereichs, nicht differenzieren zu können in einer grausamen Phantasiewelt, die nur von Tod und Teufel dominiert wird, schließlich die Realität ersetzt und zur Bestialisierung führt (hier der Anschauung wegen leicht überzogen dargestellt), ist damit schon statistisch widerlegt, weil Mitglieder der metallischen Zunft zwischen Ernst und Unernst differenzieren, wenngleich die Differenzierungsmethode partiell etwas seltsam bleibt: Bands, die "böse" sind, fallen im Regelfall nicht unter die Sparte "ernst", falls ihre Bosheit ein gewohntes Spektrum nicht überschreitet. Dieser freiwillige Verzicht auf sinnvolle Lyrics wirft eigentlich ein eher trauriges Licht auf eine ansonsten trotz aller Unkenrufe recht kreative und lebendige Szene. (Den wirklich "bösen Gehalt" der Metalszene hat Roland aka rls besonders in einem späteren "Haarus ..."-Teil partiell exponiert. Darum soll es hier nicht gehen.)

Zum Vorabschluss wieder ins Allgemeinere: Es ist nicht klar, was Kunst alles bewirken kann und es hat den Anschein, als würde ihr mit der Zeit eher immer mehr Wirkmächtigkeit ab- als zugesprochen werden. Damit kann man in einem Sinne auf jeden Fall mitgehen: Ganz klar muss auch bei den harten Vorwürfen an solche Bands, die Gewaltspektakel kredenzen, bleiben, dass etwa die Darstellung einer Vergewaltigung nicht nach denselben Maßstäben zu bewerten ist wie die Vergewaltigung selbst. (Eine Band kann niemals der Grund sein, einen Mord anzustiften, sondern nur ein Teil bilden, das den Hintergrund einer solchen Handlung mitbildet. Brauereien sind ja auch nicht schuld an Autounfällen mit alkoholisierten Fahrern.) Über gewalttätige Texte kann diskutiert werden, doch der Ort dafür ist nicht ein Gericht, sondern z.B. ein solches Forum wie das, in dem sich dieser Text befindet. Ebenfalls klar muss bei aller Relativierung jedoch bleiben: Wenn Kunst als völlig wirkungslos bewertet wird (was ja ein Fluchtpunkt wäre für Musiker, die nicht erklären können, warum sie so ohne weiteres ein Stücklein Weltgewalt besingen, Marke: Was ich sage, ist doch eh egal), dann ist es gleichgültig, was thematisiert wird. Dann entspräche die Darstellung einer Vergewaltigung der Darstellung eines Waldspaziergangs oder einer Seefahrt (welches ja in BM-Kreisen auch vorkommt). Doch das ist kontraintuitiv. Selbst eine Band wie Cannibal Corpse ist in der Lage, sich mit Bezug auf die eigenen Texte als "extrem" einzustufen, und damit ist bereits eine klare Abgrenzung von einer anderen Art Kunst, die anders wirkt als die von Cannibal Corpse, vorgenommen.
Was Kunst anrichtet und nicht anrichtet, ist nicht in allgemeinen Gesetzen formulierbar, deswegen kann es keine Rezepte geben, wie mit ihr generell umzugehen ist. Die letzte Instanz, vor der bewertet werden muss, was ein Künstler zustande bringt, ist darum trivialer- und unangenehmerweise die persönliche Urteilskraft. Wenn es keine allgemeingültige Grenze gibt, die sagt, an welcher Stelle das Inakzeptable beginnt, muss bei jeder Band einzeln und immer wieder neu bewertet werden, wie mit ihr umzugehen ist. Eine solche Bewertung hängt von persönlichen Hintergrundmotiven des Hörers ab (Glaubensüberzeugungen, Präferenzen, Intuitionen, eigene Erfahrungen (z.B. mit Serienkillern) ...), die schwer allgemein verbindlich zu machen sind und außerdem kontingente, wandelbare Phänomene darstellen. Aber in eine gewisse sachliche Auseinandersetzung darf sich jeder hineinbewegen, so sehr sich seine Privatüberzeugungen auch von denen des Anderen unterscheiden mögen.
Falls in diesem Text also durchschimmerte, dass ich selbst es als überaus armselig und überflüssig empfinde, ein abzulehnendes Stück Wirklichkeit einfach nur im Medium der Kunst zu reproduzieren oder zu stilisieren, ist das eine Bewertung, die auch nur einem persönlichen Urteil (ab einem bestimmten Punkt des regelmäßigen Metal-Konsums) entspringt, aber in ihrer sachlichen Begründung hoffentlich nachvollziehbar dargelegt wurde. Die kommentarlose Darstellung von Gewalt bleibt in meinen Augen ein weder konstruktiver noch nötiger Beitrag zum Weltgeschehen, sprich: der Künstler, der meint, sich darin üben zu müssen, ist zumindest in dieser Hinsicht höchst überflüssig, besonders dann, wenn er sich in dem Glauben befindet, damit irgendwem irgendetwas bewiesen zu haben. (Womit über musikalische Beiträge nichts gesagt sei. In der Metalszene, vermutlich dem populärmusikalischen Arreal überhaupt, besteht ohnehin der Hang, die Texte einer Band weniger zu beachten als die Musik. Es ist einfach weniger zu erwarten.)
Reflexionsarmut und Selbstgefälligkeit im sinnfreien Areal braucht kein Fan übernehmen. Welcher Hörer und Mitleser sich als mündiges Wesen begreift, muss auch in der Lage sein, Texte einer Band eindeutig abzulehnen. "Das ist ja nicht ernst gemeint" ist keine Entschuldigung, sondern macht die Sache eben nur noch sinnärmer. Und ganz im Ernst: Was verpasst man schon damit, dass man die Texte von Cannibal Corpse nicht nachlesen kann?



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver