www.Crossover-agm.de AMON AMARTH: Twilight Of The Thunder God
von ta

AMON AMARTH: Twilight Of The Thunder God   (Metal Blade)

Die Formel für einen klassischen Amon Amarth-Song seit den letzten zwei, drei Alben ist beeindruckend schlicht.
Struktur: Rhythmisch stampfende und zweistimmig-melodiöse schwelgende Riffs wechseln sich ab und in der Mitte des Songs gibt es ein hervorgehobenes melodiöses Riff.
Gesang: Auf die rhythmischen Riffs grunzt Johan Hegg, auf die melodiösen kreischt er.
Mindestens die Hälfte der Songs auf "Twilight Of The Thunder God" wiederholt diese Formel ein drittes, viertes Mal, einmal in dem groovigen Midtempo-Stil, den ein Klassiker wie "Pursuit Of Vikings" geprägt hat (höre "Free Will Sacrifice", "Guardians Of Asgaard" und "Varyags Of Wiklagaard"), dann im Uptempo-Stil der Marke "Cry Of The Black Bird" (höre "Twilight Of The Thunder God" und "No Fear For The Setting Sun"), dann wieder - wenn man im Death Metal das so sagen darf - semi-balladesk ("The Hero"). Eingeschworene Fans der Band werden also nicht enttäuscht sein. Ich, der ich der Band mit Respekt, aber nicht Liebe entgegentrete, neige dazu, diese dritte, vierte Wiederholung langweilig zu finden, da die Formel auf dem guten Vorgängeralbum bereits perfektioniert wurde.
Indes merkt man Amon Amarth auch in den genannten Songs einen immerhin minimalen Fortschrittswillen an: Der primitiv herausgegrölte Refrain von "Guardians Of Asgaard" hat etwas Punkig-Unverbrauchtes; der abgehackte Gesang in den Strophen von "No Fear For The Setting Sun" ist auch eher ungewöhnlich für die Band, das kurze Gitarrensolo exquisit. Am meisten hervor sticht das epische, sehr melodiöse "The Hero" mit seinem schwebenden Leitthema. Ob der Vers "I Know Who I Am, I Am An Evil Man" nun aber so eine lyrische Hochleistung ist, dass man ihn x-fach wiederholen muss, sei dahingestellt.
Die wirklichen Höhepunkte sind ohnehin woanders zu finden. "Tattered Banners And Bloody Flags" an sechster Stelle dürfte einer der progressivsten Tracks sein, den die Band jemals aufgenommen hat: Ein flirrendes Strophenriff, das von der beeindruckend aufspielenden Gitarrenfront präzise umgesetzt wird, überhaupt eine erst auf den dritten, vierten oder fünften Hör durchschaubare Gitarrenarbeit wird in eine ungewohnte Songstruktur eingebettet: Der Refrain ertönt lediglich einmal mit Gesang, nach der zweiten Strophe wird mehr oder weniger ein komplett neuer Song aufgemacht - das Ergebnis klingt trotzdem stimmig und an keiner Stelle zu sehr gewollt. Als Höhepunkt ertönen gegen Ende ein paar Hörner, die perfekt zu der epischen Atmosphäre des Stücks passen. Das zweite Highlight steht ganz am Ende des Albums, nennt sich "Embrace Of The Endless Ocean" und reizt ein anderes Extrem aus: Melodie türmt sich auf Melodie, ein mitreißendes, leicht melancholisches Refrainthema erklingt und am Ende ein wunderbares Solo, das nach und nach ausklingt. Das unvermeidbare Stampfriff wird auf den Offbeat betont, ist deshalb frei von der Primitivität, die man (ich) mit der Band so schnell assoziiert (assoziiere) und der ganze Spaß ist einfach perfekt arrangiert.
Die beiden noch nicht genannten Tracks stehen irgendwo zwischen diesen Höhepunkten und dem gutklassigen Rest. "Where Is Your God" an vierter Stelle knallt einem in nur drei Minuten mit abgehackt-thrashigem Riffing in die Kauleiste und bietet einige böse Gitarrenthemen feil, die an die ersten beiden Alben der Band erinnern. Ein überraschend brutales Stück Musik! "Live For The Kill" überrascht mit Hardrock-Vibes und einem 80er-lastigen Bridge-Riff. Das ruhige Cello-Interlude und der Streicherteppich im Schlussteil wirken allerdings zu gewollt, um zu überzeugen, und fügen sich nicht so nahtlos in die Gesamtatmosphäre des Stücks ein wie es die Hörner in "Tattered ..." taten. Hier hemmt der Fortschrittswille den Fluss des Liedes.
Aber das ist ein Einzelfall; generell ist es erfreulich, zu beobachten, wie Amon Amarth versuchen, das enge Korsett ihres Stils etwas zu lockern, weil das Ergebnis nach wie vor überzeugt. Der nächste logische Schritt wäre eine Attacke auf die o.g. Formel und von daher darf man gespannt auf das nächste Album sein. Bis dahin ist "Twilight Of The Thunder God" für Fans der Band aber sicherlich eine Vollbedienung und für den respektvoll verharrenden Rest immerhin eine gutklassige Interimslösung mit der üblichen Dreiviertelstunde Spielzeit.
Kontakt: www.metalblade.de

Tracklist:
1. Twilight Of The Thunder God
2. Free Will Sacrifice
3. Guardians Of Asgaard
4. Where Is Your God?
5. Varyags Of Wiklagaard
6. Tattered Banners And Bloody Flags
7. No Fear For The Setting Sun
8. The Hero
9. Live For The Kill
10. Embrace Of The Endless Ocean
 




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