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Rough Silk
von tk anno 2002

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ROUGH SILK gehören zu den Vorzeige-Bands im deutschen Symphonic Rock/Metal-Sektor und konnten sich durch etliche, teilweise hochkarätige Veröffentlichungen schon eine stabile Fan-Base erspielen. Da ich aber erst durch einen Live-Auftritt Anfang November die Hannoveraner Band näher kennenlernte, die zudem noch aus vier sympathischen und gesprächsfreudigen Zeitgenossen besteht, wurde es Zeit, Rough Silk mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Keyboarder, Sänger und Produzent Ferdy Doernberg stand mir Rede und Antwort.

1. Hallo Ferdy, ihr seid gerade unterwegs auf einer kleinen Norddeutschland-Tour. Welche Eindrücke bringst Du bisher von dieser Tour mit, persönlich und aus der Sicht der Band? Ihr hattet wohl auch mit einem Grippevirus zu kämpfen.

Na ja, die Grippe war eigentlich nur beim allerersten Gig in der neuen Besetzung in Schickelsheim ein Thema, da Nils ein wirklich bösartiger Magen- und Darmvirus erwischt hatte. Ansonsten läuft es großartig. Am wichtigsten für uns ist natürlich, dass das neue Konzept zu viert ohne festen Leadsänger (Nils, Herbert und ich teilen sich die Leadvocals zu gleichen Teilen!) sehr gut funktioniert und auch von den meisten Zuschauern gut angenommen wird. Natürlich ist es erst mal sehr ungewöhnlich - zumindest im Metalbereich - aber ich war früher zum Beispiel immer ein Fan von Bands wie Night Ranger, Triumph oder Kiss, bei denen es auch nicht nur einen festen Sänger gab. Nicht zu vergessen die Eagles und "the Band". Ach ja - und die Beatles hatten auch keinen festen Lead-Sänger und waren damit ja nun auch nicht so ganz erfolglos!!!!!
Was für Eindrücke es bislang gab? Nur gute. Die Chemie in der Band ist klasse - alle wollen dasselbe und es gibt eine enorme Spielfreude. Auch die Zuschauerzahlen waren in Ordnung. Der beste Gig war bislang in Gifhorn in der Sandmühle - da hat echt die Luft gebrannt. In Stadthagen hatten wir einige technische Probleme, die doch etwas genervt haben - aber ansonsten war auch das ein cooler Gig.

Rough Silk, hier noch in der Fünferbesetzung

2. Ich muss gestehen, mich bisher kaum mit ROUGH SILK beschäftigt zu haben. Dabei seid ihr in deutschen Landen recht etabliert und habt auch schon als Support von DIO, SAXON und SAVATAGE fungieren können. Kannst Du die Bandgeschichte kurz zusammenfassen und auf die bisherigen Veröffentlichungen eingehen?

Oh Gott - nun, uns gibt“s bereits seit 11 Jahren - wir haben in der Zeit 6 Alben und eine "Best of ..." gemacht und außer mit den von Dir genannten Bands auch mit u.a. Helloween, Vicious Rumors, Fates Warning, Deep Purple, Axxis und anderen getourt. Die erste CD "Roots Of Hate" erschien 1993 und wurde von Stefan Kaufmann (Accept, U.D.O.) produziert - die 2. "Walls Of Never" von Dieter Dierks. Danach haben wir immer mehr oder weniger selbst produziert und seit 1998 besitze ich auch ein eigenes Tonstudio, so dass wir nun auch dort aufnehmen. Das letzte Album "Symphony Of Life" wurde von Jon Oliva (Savatage) co-produziert, der auch ein Duett darauf singt, und deshalb zur Hälfte in den USA aufgenommen. Es ist ein Konzeptalbum, das deutlich wieder in Richtung der dritten CD "Circle Of Pain" geht, nachdem wir auf den dazwischenliegenden Alben vielleicht doch etwas zu viel experimentiert hatten. Wobei wir das auf der "Symphony ..." natürlich auch tun - aber eben mehr im ursprünglichen Rough Silk-Stil, den ich hier jetzt mal Singer/Songwritermetal nennen möchte, obwohl ich all diese Schubladen hasse.
Bei uns ist es auch so, dass der Bandname eigentlich schon alles sagt: "Rough" für Metal- und "Silk" für leisere Einflüsse (z.T. auch akustische Instrumente und das Klavier!) Vielleicht kann man es einfach "Kontrast-Musik" nennen.

3. Ihr habt einige Line-Up-Wechsel hinter euch und operiert im Moment ohne festen Sänger. Wie kam es zum Split mit Thomas Ludolphy und zur Idee, den Gesang unter Dir, Herbert (d) und Nils (g) aufzuteilen?

Nicht im Moment - sondern definitiv!!!!!!! Thomas ist Vater geworden und das 2. Kind ist unterwegs. Außerdem hat er sich beruflich selbstständig gemacht. Ein weiterer Grund ist wohl der, dass er sich musikalisch mit der "back to the roots"-Wendung wohl nicht ganz so anfreunden konnte, da er ja auch den ursprünglichen Stil der ersten Alben nicht so mitgeprägt hatte.
Wie kam“s dazu, dass wir selbst singen? Nun, wir alle haben bereits in anderen Bands oder Soloprojekten gesungen, so dass es doch sehr naheliegend war. Außerdem ist der mehrstimmige Gesang von jeher ein wichtiges Merkmal der Band, so dass wir auch vorher alle sehr viel gesungen hatten - auch parallele Leadstimmen!

4. Eure neue Veröffentlichung "End Of Infinity" steht schon in den Startlöchern. Worin unterscheidet sich dieses Werk von der letzten CD "Symphony Of Life"?

Stilistisch wenig. Natürlich ist es nicht schon wieder ein Konzeptalbum und durch den wechselnden Lead-Gesang ergibt sich natürlich auch eine größere Abwechslung.
Es gibt auch wieder einige schräge Parts mit Einflüssen aus anderen Musikrichtungen, aber das ist für uns ja auch nichts wirklich Neues.

5. Ihr werdet musikalisch oft mit Savatage verglichen. Und wenn ich mir "Circle Of Pain" anhöre, kann ich diesem Vergleich durchaus zustimmen. Wo ordnest Du Rough Silk musikalisch ein?

Hab“ ich eigentlich vorhin schon beantwortet. Wie gesagt: Wir sind nicht so leicht zu kategorisieren. Irgendwo zwischen Art-Rock und Singer/Songwriter-Metal mit diversen Ausflügen in andere Genres wie z.B. Folk, Latin, Jazz und Chanson.
Es geht uns aber in erster Linie immer um einen guten Song!!!!!

6. Wie, wann und wo kam die die Zusammenarbeit mit Savatage-Mastermind Jon Oliva zustande? Ich kann mir vorstellen, dass es für eine deutsche Band schon ein Privileg ist, eine der hierzulande am meisten gefeierten Metalbands live zu supporten.

Wir haben ja 2x zusammen getourt und uns dabei auch angefreundet. Das Angebot, die CD zu produzieren, kam auch von Jon und natürlich ist das a) eine große Ehre und b) sagt man da auch nicht nein. Und "Streets" ist definitiv eine meiner Platten für die Insel. Es war auch sehr cool, mit ihm zu arbeiten. Er ist ein großartiger Musiker mit einem ebenso großen Humor.

7. Ich bin positiv überrascht, dass auf eurer Homepage nahezu alle lyrics der Songs, die ihr bisher veröffentlicht habt, nachzulesen sind. Natürlich komme ich in diesem Zusammenhang nicht drumherum, nach dem Inhalt und der Ausrichtung der Texte zu fragen. Da lese ich in den Iron Pages #43 etwas von "Teuflischen Literaten" und bin irritiert, weil diese Bezeichnung zu eurem positiven Erscheinungsbild nicht so recht passen will.

Was????? Das habe ich noch nie gelesen. Wird sich aber wohl auf den Song "Mephisto" beziehen und da geht es doch mehr um Goethe“s Faust und gleichzeitig um den Teufel als Zeitzeugen. (Beim Nachforschen stellte sich heraus, dass sich die Titulierung "Teuflische Literaten" tatsächlich ausschließlich auf die Gestalt des Mephisto bezog - tk) Aber die Texte sind schon teilweise ziemlich ironisch und böse. Aber nicht im Sinne von "metal-böse". Meine Vorbilder als Texter sind eher Singer/Songwriter wie z.B. Randy Newman, John Wesley Harding, Steve Earle, Townes Van Zandt oder Bob Dylan. Und so böse oder sardonisch wie z.B. Randy Newman werden Slayer nie werden (ich bin aber auch großer Slayer-Fan - nicht missverstehen!!!) Nette "boy-meets-girl-lyrics" überlassen wir dann lieber anderen!
Nicht um sonst hieß der einzige lovesong auf der "Symphony" dann ausgerechnet "Nice day for a funeral"! Ich bin halt Halbengländer und da schlägt dann doch der schwarze Humor von der Insel durch!!!!

8. Wie stehst Du ganz persönlich dem christlichen Glauben gegenüber? Kannst Du Dir bzw. die Band vorstellen, auch mal mit einer christlichen Band, z.B. Narnia, auf Tour zu gehen? Mein persönlicher Eindruck ist der, dass eine Abgrenzung von weltlicher und christlicher Musikszene hauptsächlich leider von vielen der schreibenden Zunft Zugehörigen getroffen wird. Musiker untereinander gehen viel ungezwungener und selbstverständlicher damit um und grenzen sich nicht voneinander ab. Im Blackmetal-Sektor schon eher, aber nicht im klassischen Metalbereich.

Ich persönlich glaube zwar, dass es etwas Übergeordnetes gibt, bin mir aber sicher, dass keine unserer Weltreligionen auch nur annähernd in der Lage ist, dieses zu erfassen, da es so jenseits unserer Vorstellungskraft liegen wird, dass wir dazu gar nicht in der Lage sind. Ich glaube, dass in jeder Religion ein ganz kleines Fünkchen Wahrheit steckt, aber auch ein riesiger Teil Fiktion. Ich denke da jetzt zum Beispiel an die "Ringparabel" aus "Nathan der Weise" von Lessing - ich weiß nicht, ob du das kennst? (Deutschunterricht, Jahrgangsstufe 11 muss es gewesen sein - tk :-) Ich finde, dass jede Religion ihre Berechtigung hat, andererseits aber auch sehr viel Leid, Fanatismus und Krieg daraus hervorgeht bzw. gegangen ist.
Deshalb hasse ich religiösen Ausschließlichkeitsanspruch und institutionierten Glauben. (Dem stimme ich größtenteils zu, wobei es natürlich einen himmelweiten Unterschied zwischen Religion als institutionalisiertem Machtinstrument und gelebtem Glauben an Jesus Christus, der sich am Evangelium ausrichtet, gibt - tk) Wenn jemand an die "grüne Schnecke" glauben möchte und sich damit die Angst vor der Ungewissheit nehmen kann, dann soll er das um Gottes/Manitous oder Allahs Willen auch tun. Ich habe z.B. jüdische Vorfahren und was mit ihnen im 3. Reich passiert ist, kannst Du Dir wohl denken. Zurück zur Musik: Ich würde sowohl mit christlichen als auch satanistischen Bands spielen (habe ich auch beides schon!!!) solange sie tolerant genug sind, mich nicht missionieren zu müssen. (Naja, Toleranz gibt es aber auch seitens von Musikern/Bands, die durchaus einen missionarischen Anspruch haben, z.B. Mortification. Hängt ja auch von einem selbst ab, inwieweit man sich dem christlichen Glauben öffnen möchte - tk) Ich habe sowohl Stryper- als auch Morbid Angel- und Deicide-CDs!! (Vielseitigkeit wird gross geschrieben im Hause Rough Silk - tk :-)

9. Viele Metalbands komponieren kaum noch selbst, sondern kopieren einfach nur die Musik von Bands, die mit ihrer Musik viel Erfolg haben (Majesty fallen mir da spontan ein), weil sie sich dadurch auch den schnellen Erfolg (und mit Sicherheit auch ein paar schnelle Euro) erhoffen. Wie stellt sich für Dich der Zustand des Metalgenres anno 2002 dar?

Tja, das hast Du jetzt gesagt!!!!!! Im Ernst: Ich denke, dass wir wieder einen Boom haben, nachdem wieder eine große Depression folgen wird, da einfach niemand diese Massen an CDs kaufen kann, die jede Woche erscheinen. Andererseits wird sich die Szene dann hoffentlich auch wieder "gesundschrumpfen" so dass die eigenständigen und talentierten Bands übrigbleiben, während sich die Kopisten auflösen bzw. an andere Trends hängen werden. So kann es jedenfalls nicht weitergehen!!! (Bleibt nur zu hoffen, dass sich diese Einsicht auch bei den Plattenbossen und Labels irgendwann mal einstellt - tk)

10. Schauen wir mal auf das vor uns liegende Jahr 2003: Was dürfen wir von Rough Silk im neuen Jahr erwarten - außer einer neuen CD?

Viele Konzerte - und eben eine neue CD!!!!!!!!!!

Vielen Dank fürs Interview & bang on!
Website: http://www.rough-silk.com
e-mail: droehnwerk@aol.com




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