www.Crossover-agm.de ZDOB SI ZDUB: Basta Mafia!
von rls

ZDOB SI ZDUB: Basta Mafia!   (Asphalt Tango Records)

Wer Zdob Si Zdub noch als reine Balkanbeat-Formation (freilich mit den bekannten eklektizistischen Anflügen) in Erinnerung hatte, wird mit "Basta Mafia!" ein gutes Stück umdenken müssen, denn die 13 neuen Songs sind in der Summe so anders, wie man es anhand ihrer partiellen Einstreuung in die Setlist der Spätwintertour 2012 gar nicht vermutet hatte. Klar, tanzbar ist das Material immer noch, aber sowohl der Ska als auch der HipHop, sowohl der Hardcore als auch die osteuropäische Folklore treten jeweils einen bis zwei Schritte in den Hintergrund und machen einer Art Alternative-Pop Platz. Wenn man sich die deutsche Fassung des Vorgängeralbums "Ethnomecanica" mal genau angehört hat, konnte man so eine Ausrichtung bereits zumindest ansatzweise erahnen, denn als jüngster Beitrag stand dort neben der Hubert-von-Goisern-Kollaboration in der Speedversion von "Koa Hiatamadl", die auf dem neuen Album keine Entsprechung findet, der Opener "Cosmic Song", eine gigantische Rockhymne, und ebenderen kapitalen Refrain versuchen Zdob Si Zdub auf dem neuen Album gleich zweimal neu zu erschaffen, nämlich in "Running" und "Eternal Kiss", umgeben allerdings von einem deutlich poplastigeren Songrest, der das Ganze zwar nicht schlechter, aber einen Tick energieärmer und weniger zupackend macht. Das ist überhaupt ein Grundproblem des neuen Albums: Ihre umwerfende Liveenergie in allen Geschwindigkeitsbereichen können Zdob Si Zdub in den 53 Konservenminuten nicht reproduzieren. Freilich eröffnet das dem Hörer die Möglichkeit, das Album auch mal in Ruhe durchzuhören, anstatt sich ständig genötigt zu fühlen, beim Hören um den Wohnzimmertisch zu pogen oder den Rasenmäher auf Vollgas zu stellen, falls man wie Kollege Mario zu der Fraktion gehört, die beim Rasenmähen gerne CDs hört. Dabei scheint der eröffnende Titeltrack noch eine andere Richtung vorzugeben, denn der fällt noch in die zupackendere Kategorie, elektrifiziert die Gitarre auch mal und läßt die Drums etwas höhere Schlagzahlen auffahren, wozu dann noch eine schon fast als klassisch anzusprechende Kombination der Silben "Hu" und "Ha" tritt, die Ralph Siegel, mit dem die moldawische Band regelmäßig beim Eurovision Song Contest konkurrieren muß, die Tränen in die Augen getrieben haben dürfte (solche der Rührung, wohlgemerkt, sofern er denn dazu fähig ist). Apropos Eurovision Song Contest: "So Lucky" war der letzte Wettbewerbsbeitrag, leiht ein Grundthema von 2Unlimiteds "No Limit" und steht trotz seines Bekanntheitsgrades interessanterweise nicht am Beginn, sondern am Ende des Albums - ein Zeichen von Mut und Selbstbewußtsein, diesen Wettbewerb zwar als Instrument zur Bandentwicklung zu nutzen, aber sich nicht sklavisch an ihn zu klammern. Und trotz der gesteigerten Internationalität der Musik (nicht zuletzt auch durch den überwiegenden Wechsel zur englischen Sprache) kommt immer noch genügend heimisches bzw. allgemein osteuropäisches Kolorit zum Tragen - man nehme nur mal das Händchen, wie Roman Iguapow, Mihail Gincu und ihre vier Mitstreiter die aberwitzige Rhythmik von "Maria" in ein auch für westeuropäisch geprägte Tanzbeine nutzbares Gerüst umwandeln! Freilich hätten sie das früher mit einer Extraportion Power auch in der Studiofassung gemacht, und wenn man ihrem Berliner Produzenten Marc Elsner einen Vorwurf machen will, dann den, daß er der Band die (Nicht-nur-)Rockzähne gezogen hat. Live fällt das angesichts der nach wie vor umwerfenden Power nicht so auf, aber auf der CD wünscht man sich zeitnah nach dem Titeltrack doch noch ein paar Energieschübe mehr und nicht erst an Position 8 in "Trece Vremea Omului", das energieseitig im Vergleich zu früher aber auch nur von Baß und Drums lebt, allerdings durch schalmeienartige Klänge noch weiter aufgepeppt wird. "Haiduk" wiederum überzeugt in seiner Form als Ballade, "Nistru" kommt gleichfalls recht entspannt daher, zündet aber nach den ersten Durchläufen noch nicht, und "Good Bye" erinnert an eine schaumgebremste Version des "Ramones For Kids"-Samplers, keineswegs nur wegen der eingestreuten "Hey-Ho"-Shouts. "F-S-S-O" würde man in der Studiofassung gerne richtig gut finden, hätte man nicht auch diesen Song in seiner packenderen Liveversion gehört, "The Holy Fuel" stellt an vorletzter Setposition endlich die Rettung für diejenigen Altfans dar, die den neuen Kurs nur widerwillig mitgehen, und auch "So Lucky" läßt die alten Zeiten wieder aufleben. Auf der einen Seite ist der Schritt der Band mutig, auf der anderen Seite verliert sie gute Teile ihres exotischen Charmes zugunsten einer Globalisierungsstrategie - die Zukunft wird zeigen, wohin der Weg Zdob Si Zdubs führen wird. Wer von den bisherigen Veröffentlichungen überfordert war, wird "Basta Mafia!" vielleicht mehr schätzen als viele der Altanhänger, und der Rezensent bekennt offen, etwas anderes erwartet zu haben, ist gespannt aufs nächste Album und behält Zdob Si Zdub bis dahin aktuell als prima Liveband in Erinnerung, wenn er nicht grade mal wieder "Ethnomecanica" in der deutschen oder russischen Pressung in den Player wirft.
Kontakt: www.zdob-si-zdub.com, www.asphalt-tango.de

Tracklist:
Basta Mafia
Running
Eternal Kiss
Gipsy Life
We Are Free
Maria
Haiduk
Trece Vremea Omului
Nistru
Good Bye
F-S-S-O
The Holy Fuel
So Lucky



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