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ZARPA: Las Puertas Del Tiempo
von rls

ZARPA: Las Puertas Del Tiempo   (Karthago Records)

Die im Review zum Vorgänger gestellte Frage, ob Zarpa seit "El Yunque Contra El Martillo" und besonders "Iberia" ihren Spätstil gefunden haben, darf nach dem Hören des in gleicher Besetzung wie der Vorgänger eingespielten "Las Puertas Del Tiempo" getrost mit Ja beantwortet werden - und doch weicht auch das neue Album stilistisch wieder ein klein wenig von seinen Vorgängern ab, wenngleich in keine eindeutig zu definierende Richtung außer vielleicht derjenigen, die man vorsichtig mit dem Wort "progressiv" in seiner ursprünglichen Bedeutung von "fortschrittlich" umschreiben kann. Nun muß freilich niemand Bedenken hegen, Vicente Feijóo (diesmal wieder Alleinkomponist, was die bandinternen Beiträge angeht) sei in irgendwelche fremden Sphären abgedriftet. Aber Halbakustikgitarren mit diesem ganz leicht düster-modernen Unterton wie in "Esto Es Heavy Metal" gab es im dem Rezensenten bekannten Teil des Zarpa-Schaffens bisher nicht, wenngleich Feijoo im gleichen Atemzug ein eindeutiges Bekenntnis zum traditionellen Erbe des Heavy Metal abliefert, und damit sind nicht mal in erster Linie die Lyrics gemeint (deren Feinheiten sich dem nicht spanischkundigen Rezensenten nämlich nicht erschließen), sondern der Aspekt, daß die Silbenverteilung in den geshouteten "Heavy Metal"-Passagen an einen Genreklassiker mit an der betreffenden Stelle genauso vielen Silben angelehnt ist, nämlich "Breaking The Law". Der progressive Aspekt zeigt sich aber in anderen Aspekten deutlicher. Zum einen setzt Feijóo diesmal wieder stärker auf Keyboardwirkungen und beschränkt deren Arsenal dabei nicht auf Hammonds und andere Klassiker, sondern tupft auch zarte Bombastflecken aufs traditionelle Metalgewand. Zum zweiten weicht er auch in den Songaufbauten oftmals von ganz basischen Metal-Schemata ab und nutzt dabei ganz verschiedene Stilmittel, wozu der Titeltrack als bestes Beispiel dienen kann: Tempowechsel, Breaks, die erwähnten Bombasttupfer, unheildrohende Backing Vocals und eine teilweise recht unkonventionelle Melodik ergeben einen im Kontext Zarpas durchaus originellen Beitrag, der zwar zweifellos im traditionellen europäischen Power Metal anzusiedeln ist, aber diesen keinesfalls nur im nachschaffenden Sinne interpretiert. Etliche andere Songs gehen diesen Weg zwar nicht so weit, aber - und damit wären wir beim nächsten neuen bzw. ausgeprägteren Faktor - ihre Hauptsoli sind viel wendungsreicher arrangiert als früher. "Demonios En Tu Cabeza" oder "Karthago" (eine kleine Hommage ans Label, nicht wahr? :-)) können hier als treffende Beispiele genannt werden. Ins mittelalterliche Fach begibt sich Feijóo mit "Trovador/Trovador Eléctrico", wobei der zweigeteilte Titel auch den Songaufbau abbildet: Zwei Minuten deutlich medieval inspirierter lyrischer Sounds werden rüde durch einen Metalpart abgewürgt, wobei sich im Verlaufe des Songs dann aber noch eine gewisse Koexistenz herausbildet, die man freilich auch noch ein wenig stringenter hätte entwickeln können. Freilich besteht die Möglichkeit, daß speziell der rüde Übergang auch ein aufgrund der in den Lyrics erzählten Geschichte notwendiges oder gar logisches Stilmittel darstellt - die Feinheiten erschließen sich wie bereits erwähnt nur dem spanischkundigen Hörer, auf das Experiment mit englischen Lyrics, das in drei "Iberia"-Songs probehalber gewagt wurde, lassen sich Zarpa diesmal nicht ein. Schließlich bietet das Zeittor schon Experimente in für den Kontext dieser Band ungewöhnlich hohem Maße, aber stets so ausgefeilt, daß sie sich problemlos in den Stilentwurf einfügen. Das gilt selbst für die Halbballade "En Soledad", zugleich der einzige Song, für den Feijóo diesmal nicht alleinverantwortlich zeichnet: Annika Angerich spielt dort Klavier und war auch am Songwriting beteiligt. Ansonsten ziehen Zarpa in den 64 Minuten mal wieder alle Register, die man bisher von ihnen gewöhnt war. Sie zitieren hier und da ihre alten Helden (höre das Iron-Maiden-Gedächtnisintro von "Prisioneros De Und Mundo Letal"), Feijóo weiß, was er seiner Stimme (noch) zutrauen kann und was nicht - tja, und wer die zumeist recht seltsamen Coverartworks aus der Feder bzw. dem Pinsel des Bandkopfs mag, der bekommt diesmal wieder ein neues Exempel für seine Kollektion geliefert. Diesmal kitzelt ein Panzerreiter auf einem Panzerkamel einen riesigen Panzerskorpion, der zerstörungsfrei über einer arabisch anmutenden Stadt steht, in der Beuge der von vorn gezählt dritten Gliedmaße der rechten Seite, und das Ganze passiert in einer Art Sepiatönung, die gleichermaßen einen Sandsturm wie das Motivalter versinnbildlichen könnte. Eine weitere Zeichnung im Booklet verdeutlicht den organisationskritischen Ansatz der Band (in welchem Rahmen der auch lyrisch deutlich wird, muß wie gesagt dem spanischkundigen Hörer zu ergründen vorbehalten bleiben) von der Wall Street bis zum Dschihadisten samt der entsprechenden endzeitlichen Grundhaltung, in der sich Zarpa nicht von Tausenden anderen Metalbands unterscheiden, wobei die Lage in ihrem spanischen Heimatland aufgrund der Eurokrise vielleicht noch ein bißchen endzeitlicher ist als anderswo. Beschränkt man seine Betrachtung allerdings auf die Musik (und 90% der deutschen Hörer werden das tun), darf man Zarpa ein erneut sehr interessantes Album bescheinigen, dem freilich ein wenig die Eingängigkeit der Vorgängeraufnahmen fehlt, so daß es manchem Hörer etwas schwerer fallen wird, Zugang zum Material zu gewinnen. "No Hagas La Guerra" oder "No Hagas La Guerra, Haz El Amor" (die Inlaycard und die Bookletrückseite nennen den ersteren Titel, der Textabdruck im Booklet ist mit zweiterem übertitelt) mit seinem noch relativ geradlinigen Eurometaltouch eignet sich für diesen Personenkreis am ehesten als Anspieltip, während alle, denen Zarpa früher zu eindimensional und berechenbar agierten, in den Titeltrack oder auch "Mensajeros Del Sol" hineinhören sollten. Bleibt schließlich die Zielgruppe derjenigen, die Zarpa immer am stärksten fanden, wenn sie hörbar von den Siebzigern beeinflußt waren. Nimmt man den progressiven Touch nicht als diesbezüglichen Faktor her, muß sich diese Fraktion bis zu "Chicas Del Metal" (das ist Track 13!) gedulden, bevor sie allerdings reich belohnt wird: Das Intro ist Blackmore pur und der sich daraus entspinnende Track ein exzellenter Doublebassknaller im "Kill The King"-Stil, bevor das epische, fast doomige und bombastische "Yo Soy El Poder Y La Ley" dem Album zum Abschluß noch eine weitere von dieser Band eher selten gehörte Facette verleiht. So könnten Zarpa mit "Las Puertas Del Tiempo" zwischen allen Stühlen landen, es aber im positiven Sinne auch schaffen, verschiedene Anhängerschichten zufriedenzustellen.
Kontakt: www.karthagorecords.de, www.zarparock.com

Tracklist:
Rescátame
Karthago
Esto Es Heavy Metal
Demonios En Tu Cabeza
Las Puertas Del Tiempo
Trovador/Trovador Eléctrico
Prisioneros De Un Mundo Letal
Yuela Libre El Dragón
El Duende Se Fué
En Soledad
No Hagas La Guerra
Mensajeros Del Sol
Chicas Del Metal
Yo Soy El Poder Y La Ley
 




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