www.Crossover-agm.de ZARPA: El Yunque Contra El Martillo
von rls

ZARPA: El Yunque Contra El Martillo   (Karthago Records)

Nanu, was ist denn bei Zarpa los? Keine der, ähem, grenzwertigen Zeichnungen von Vicente Feijoo als Cover, statt dessen ein fast realistisch zu nennendes Cover, auf dem ein Herr im Anzug (oder zumindest mit Anzugsärmeln) einen Hammerschlag auf einen von einer Handvoll Metaller (nur an einem Nietenarmband zu identifizieren) gehaltenen Amboß ausführt. Und die nächste Überraschung folgt auf dem Fuße, denn das Songmaterial ist ein gutes Stück zeitgenössischer ausgefallen als das auf "Infierno", wobei "zeitgenössischer" hier keine Abkehr vom traditionellen Metal implizieren soll, sondern lediglich eine Abkehr vom etwas kauzigen und deutlich von der NWoBHM geprägten Sound des Albumvorgängers. An seine Stelle ist eher gängiger europäischer Power Metal getreten, der zwar immer noch NWoBHM-Elemente aufweist (man höre nur mal auf die Rhythmusgitarren in "La Zarpa Y El Sable", die auch auf eines der beiden ersten Iron Maiden-Alben gepaßt hätten, während "Monje Y Guerrero" paradoxerweise an die Alben der Ära Blaze Bayley erinnert, auch gesanglich), sich aber eher an heutigen Bands orientiert, die wiederum ihre eigene Interpretation des traditionellen Metals abliefern. Das schleppendere und keyboardunterlegte "La Ultima Batalla" etwa hätten auch schwedische Bands wie Bloodbound nur unwesentlich anders gestaltet, und trotz des leichten orientalischen Touchs mancher Melodien verweist auch der Titeltrack eher nach Schweden (was aber auch kein Wunder ist, denn nach der britischen Initialzündung durch Rainbow entwickelte sich Schweden zu einem Hort der Pflege des Einsatzes orientalisch geprägter Melodien oder Melodiefragmente im Metal), wozu auch die sehr ausgefeilten Backingvocals ihr Scherflein beitragen (hier beame man sich beispielsweise Narnia ins Gedächtnis). Noch nicht eingefallen ist dem Rezensenten, an wen ihn die akustische Einleitung von "Tokyo" (vor dem Gesangseinsatz) erinnert, aber auch das müßte etwas Schwedisches sein, was nicht weiter verwundert, führt man sich den hohen Popularitätsgrad vieler traditioneller schwedischer Kapellen in Japan vor Augen, die in den Neunzigern oftmals nur durch ihre Japandeals überlebten (hier haben wir freilich den umgekehrten Argumentationsfall vor uns, wobei sich die fernöstlichen Einflüsse nur in geringem Maße Bahn zu brechen vermögen). So geht das bunte Ratespiel "Wer könnte hier Pate gestanden haben?" munter durch die 15 regulären Songs (davon drei Instrumentalstücke, unter diesen zwei mit Einleitungscharakter, eines von einem Externen namens J. Fernando Asensi Lanza geschrieben, das andere und dasjenige ohne Einleitungscharakter, welchletzteres übrigens zu den absoluten Highlights der CD zählt und als weiteres Element klassische Melodiebögen mit barockem Touch einführt, von Gitarrist Rafa Játiva, während alles andere aus der Feder von Vicente Feijoo geflossen ist) weiter, wobei man keineswegs Zarpa irgendwie Abkupferei vorhalten sollte. Aber der Stilschwenk fällt schon auf (vielleicht auch begünstigt durchs deutlich zeittypischere und diesmal auch einheitliche Klanggewand), und mancher Altfan mag enttäuscht sein, weil sich die Band damit möglicherweise auch eines Teils ihrer Identität beraubt hat - aber zumindest ein Teil der Identität ist immer noch da, keine Band klingt exakt wie die neuen Zarpa, auch Vicentes Gesang sorgt weiter für Identifikationsstiftung, wenngleich die Höhenlagen einen weiter sinkenden Anteil am Gesamtgesang einnehmen. Das dürfte aber nur von Vorteil sein, denn diese Lagen bildeten auf "Infierno" einen der Schwachpunkte, da sie zu gequält klangen, und wenn man sie im Alter nicht mehr erreicht, sollte man sich dessen besser auch bewußt sein - diesen Erkenntnisprozeß hat Vicente offensichtlich vollzogen und hält sich fast nur noch in tieferen Lagen auf, wo er wie erwähnt bisweilen ein wenig an Blaze Bayley erinnert, also einen im heute gängigen europäischen Power Metal eher seltenen Stil fährt. Als weitere Veränderung fällt der deutlich vermehrte Einsatz von Keyboards auf, die das Material zwar nicht im negativen Sinne "verwässern", ihm aber doch hier und da etwas die Rauhbeinigkeit nehmen. Wie das live gehandhabt wird, wäre bei Gelegenheit zu prüfen, denn im Studio hat Vicente die Keyboards selbst eingespielt, und live gleichzeitig Gitarre und Keyboards zu spielen gehört nicht gerade zu den einfachsten Aufgaben. Zwei Exempel, wie es gehen könnte, sind als Bonustracks auf der CD verewigt, nämlich "Vuelo Siniestrado" und "Bienvenido Al Show Del Hombre Mono" als herkunftsseitig nicht benannte und auch nicht zusammenhängende Livemitschnitte (beide Songs finden sich in diversen Livemitschnitten von 1986 und 1987, die 2003 als CDs erschienen sind, aber ob es diese Varianten sind oder andere, kann mangels Besitzes der Live-CDs nicht entschieden werden) mit bisweilen etwas dumpfem, aber durchaus noch anhörbarem Soundgewand ("Luchadores De La Paz" als dritter Bonustrack klingt wieder eher nach Studioaufnahme; es handelt sich um den Titeltrack des 2002er Albums, aber selbiges befindet sich auch nicht im Besitz des Rezensenten, so daß die Frage, ob es diese Version ist oder eine neu eingespielte, offenbleiben muß). Überraschende Lösung: Nur eine Gitarre und Vicente daher offensichtlich dauerhaft an den Keyboards. Sucht man im regulären Material nach weiteren Highlights neben dem erwähnten Instrumental "Dias De Ilusion 2. Parte", fällt das eingängige treibende "Fantasia" auf, von dem man einen Großteil der Gitarrenharmonien schon vor oder beim ersten Hören mitpfeifen können, so typisch und doch geschickt arrangiert sind sie. In die eingängige Kategorie fällt auch gleich der Opener "Sin Piedad", während der Titeltrack etwas verschachtelt wurde und trotzdem den Wunsch nach noch ausgefeilterem Arrangement offen läßt (man fühlt sich hinterher irgendwie wie angefüttert und dann am ausgestreckten Arm verhungern gelassen). Richtige Ausfälle enthält das Material nicht, wenn man nicht der "Ganz früher war alles besser"-Fraktion angehört, die dem spanischen Quartett den beschriebenen Stilschwenk übelnehmen und als Ausfall deklarieren wird. "Defensores Del Rock", wie sie sich selbst im flott dahinsprintenden Closer des regulären Teils betiteln, sind sie jedenfalls immer noch, durchaus gute noch dazu, und so gibt es kaum Gründe, "El Yunque Contra El Martello" als Freund traditionellen Metals links liegenzulassen.
Kontakt: www.karthagorecords.de, http://zarpa-rock.webcindario.com

Tracklist:
Sin Piedad
La Zarpa Y El Sable
La Ultima Batalla
Retornando Del Infierno
El Yunque Contra El Martillo
Tokyo
Monje Y Guerrero
Un Mundo Perfecto En Un Mundo Siniestro
Dias De Ilusion 1. Parte
Dias De Ilusion 2. Parte
Fantasia
Los Hijos De La Muerte
Tercer Milenio
Preludio
Los Defensores Del Rock
Vuelo Siniestrado
Bienvenido Al Show Del Hombre Mono
Luchadores De La Paz



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