www.Crossover-agm.de WIND WRAITH: Minions Of Metal
von rls

WIND WRAITH: Minions Of Metal   (Battle Cry Records)

Soso, "Lakaien des Metal" also. Wind Wraith könnten zu Deinen Lakaien wären, wenn Du, geschätzter Leser, klassischen epischen US-Metal liebst und kein Problem damit hast, eine gute Scheibe auf fast durchgehend hohem Niveau, aber mit lediglich einem richtigen Highlight zu erwerben. Selbiges Highlight hätte noch highlightiger ausfallen können, wenn man ihm, nämlich dem eröffnenden Titeltrack, einen markanteren Refrain spendiert hätte - der Song selbst nämlich ist ein richtig cooler Stampfer mit klasse Riffing, schönen Gitarrenharmonien und einem stabilen Drumming, ergo eine große Hymne also, wenn wie gesagt noch ein erhaben-großer Refrain beigefügt worden wäre, denn der hier zu hörende ist zwar vernünftig mitshoutbar, aber viel zu unauffällig, um den dort noch eingemixten Massenjubel zu rechtfertigen. Trotzdem macht der Song jede Menge Laune, die von den noch folgenden zehn zumindest auf hohem Niveau gehalten, jedoch nicht mehr gesteigert werden kann. "Eternal Void" sieht den mit einem verpflichtenden Nachnamen ausgestatteten Sänger Scott Oliva an seiner oberen Stimmgrenze kratzen (in anderen Songs, z.B. in "Lake Of Time", kommt einem manchmal tatsächlich sein berühmterer Namensvetter Jon in den Sinn, aber auch James Rivera liegt nicht weit entfernt von Scotts Stimme, und in "The Fallen One" treten zwei weitere Vergleichssänger in den Ring, aber mir fällt partout nicht ein, zu wem die Vergleichsstimme des Hauptteils gehört - die hohen Schreie dagegen rufen Olaf Hayers Bride-Schrei auf der immer noch einzigartigen Treasure Seeker-Platte ins Gedächtnis zurück), beginnt ebenfalls stampfend, verfällt aber plötzlich in einen der wenigen Speedparts des Albums, ausgestattet mit ekstatischer Gitarrenarbeit, die den konsequenten Modernitätsverächter (denn für diesen und nur für diesen ist "Minions Of Metal" geeignet) den kurzen verzerrten Gesangspart in der Bridge schnell vergessen läßt (es soll so ziemlich das einzige Experiment mit neuzeitlicheren Klängen bleiben). Das Tempo bleibt in fast allen Songs im mittleren Bereich, erfährt aber innerhalb dieser Grenzen eine recht weitreichende Variationsbreite, die man an den aufeinanderfolgenden "Nightmares" (nein, kein Cover der Ex-Bundesstaatsnachbarn Iced Earth, dafür einer der wenigen Songs, in der Rob Maresca die Bassdrums zumindest phasenweise etwas stärker gedoppelt malträtiert - von den heute im Power Metal gängigen Doublebassorgien hält er sich mit seinem betont altschuligen Spiel fast konsequent fern, wie man als Beispiel schön im schnellen "Behind The Iron Mask" erkennen kann, wo er die Doublebass nur in den jeweils letzten Strophen- bzw. Refrainzeilen und im Solofinale kurz einsetzt, während 97% aller anderen heutigen Power Metal-Schlagzeuger den kompletten Song so unterlegt hätten) und "Lake Of Time" schön ablesen kann. Letztgenanntes wirkt irgendwie unfertig und nicht bis zum Ende gedacht, während andere Songs die gängigen Strophe-Refrain-Schemata mit Bridges, anders tempisierten Parts und gelegentlichen Akustikeinschüben (die in "Stranger In The Sky" gleich den kompletten Songaufbau übernehmen, bevor im Refrain dann die elektrische Rhythmusgitarre wieder zugeschaltet wird - zauberhafte Leadgitarren von Gastgitarrist Tommy Bollander übrigens, deren Qualitätsunterschied zum beileibe auch nicht schlechten Leadspiel des hauptamtlich dafür verantwortlichen Nick Trotti im gleich folgenden "The Fallen One" deutlich nachvollziehbar ist) gekonnt aufbrechen, was die Platte generell von der ersten bis zur 48. Minute interessant hält, wenngleich wie erwähnt die ganz großen Aha-Erlebnisse nach dem Titeltrack ausbleiben. Aufhorchen läßt zumindest strukturell der Closer "Let The Blood Run Red", denn hier wird der zweite Gastmusiker der CD aktiv: Thor. Thor? Ja, genau, der muskelbepackte Sänger, der als Showeffekt auf der Bühne Wärmflaschen aufblies und ähnliche Dinge tat, woran sich die älteren Modernitätsverächter sicher noch erinnern können; über seine musikalischen Qualitäten streitet sich die Nachwelt, aber wer will, kann es ja selbst nachprüfen, denn mittlerweile ist der Mann auch mit seinem eigenen Projekt wieder in den musikalischen Ring gestiegen - hier jedenfalls unterscheidet er sich gesanglich gar nicht so sehr von Scott Oliva, also auch eher im höheren Bereich und leicht angerauht agierend. Der Song selbst ist übrigens kein Wind Wraith-Eigengewächs (obwohl man das beim Hören vermuten könnte, so sehr paßt er ins vorherrschende stilistische Bild), sondern - man ahnt es schon - tatsächlich ein Thor-Cover, original 1984 auf Albion Records als Single erschienen (ob er auch schon auf dem 1983er Longplayer "Unchained" vom Mongol Horde-Label enthalten war, weiß ich nicht). Habe ich eigentlich schon erwähnt, daß Wind Wraith über drei Gitarristen verfügen, von denen einer weiblich ist? Im Studio ist das ja egal, da kann man auch 240 Gitarrenspuren von einem Gitarristen einspielen lassen und danach übereinanderlegen, aber live ist die Situation dann doch etwas anders und kann sich zum Vor- wie Nachteil auswirken - man hat mehr Variationsmöglichkeiten, muß aber auch ein Instrument mehr abmischen und steht somit in höherer Vermatschungsgefahr. Zumindest bleibt der Keyboardkanal bei Wind Wraith völlig unbenutzt (sieht man mal von den kurzen Massenjubeleinsampelungen ab). Nach hinten heraus beginnt "Minions Of Metal" etwas zu schwächeln, was sich in "Road To Glory" (hier hat die Band versucht, den proggigen Tempowechselfaktor von "Eternal Void" noch zu erhöhen - erhöht hat sich aber statt dessen nur die Entropie innerhalb des Stücks) manifestiert, während das simple "Bloodbath" das Niveau wieder etwas hebt und "The Devil's Path" alles wieder auf Normalnull einpegelt (wenngleich auch hier die Ausblendung mitten im Hauptsolo ein bissel komisch wirkt), bevor Herr Thor wie erwähnt den Abschluß einer gutklassigen und sauber (wenngleich mit auffällig niedrigem Lautstärkepegel) produzierten CD bestreiten darf, die man sich etwa als Freund alter Savatage bedenkenlos in die Sammlung stellen kann.
Kontakt: www.battlecryrecords.de, www.windwraith.com

Tracklist:
Minions Of Metal
Eternal Void
Nightmares
Lake Of Time
Behind The Iron Mask
Stranger In The Sky
The Fallen One
Road To Glory
Bloodbath
The Devil's Path
Let The Blood Run Red
 




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