www.Crossover-agm.de V.A.: Metal X-Mas Invasion 2008
von rls

V.A.: Metal X-Mas Invasion 2008   (Eigenproduktion)

Sechs Künstler geben in neunfacher auditiver Form ihren Kommentar zu Weihnachten 2008 ab (ein analoges Projekt, bei dem zwei der Künstler auch schon beteiligt waren, gab es im Raum Hannover, wo auch diesmal der "Kern" angesiedelt ist, bereits anno 2007), aber da der Rezensent erst 2009 von dieser Scheibe erfahren hat, kommt das Review erst jetzt. Viele der beschriebenen Szenarien sind freilich sowieso zeitlos, wenngleich sich die eröffnenden Schierling beim Einspielen ihres "Wann wird's mal wieder richtig Winter?" sicherlich nicht gedacht haben, wie schnell ihr Wunsch in Erfüllung gehen würde - Anfang Januar 2009 fiel schließlich hierzulande sowohl viel Schnee vom Himmel als auch die Nachttemperatur ins Bodenlose. Der Song selbst siedelt zwischen punkigem Speed Metal und einigen temporeduzierten numetalartigen Parts, und wie man anhand des Titels schon vermutet haben wird, handelt es sich um eine dem scheinbaren allgemeinen Klimatrend entsprechende Umstrickung von "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?", das weiland von Rudi Carrell popularisiert wurde. Wenn der Strophengesang jetzt noch etwas verständlicher wäre (man muß sich leider arg anstrengen, um den Text und seine Komik zu verstehen), hätten wir ein richtiges Highlight vor uns.
Die mathematische Aufgabe, die der Einleitungssatz stellte, was die Verteilung der Songanzahl auf die Künstler angeht, löst sich leichter als gedacht: Von den sechs Künstlern sind fünf der Kategorie "Band" zuzurechnen, und die steuern je einen Song bei, während dazwischen ein Einzelkämpfer namens Fürst Black seine vier Weisen verteilt. Das Ganze geschieht zweimal a cappella und zweimal mit Wandergitarrenuntermalung - und zwar jeweils mit kontrolliertem Gebrüll als Vocals und manchmal noch einem "Uh-uh" Marke Tom Warrior zwischen den Zeilen. Man stelle sich also vor, das Krümelmonster aus der Sesamstraße würde Weihnachtslieder singen bzw. Weihnachtsgedichte rezitieren - der letzte Beitrag "Ein Licht, das leuchten will" wird auch noch in klassischer Gedichtaufsagemanier ("'Ein Licht, das leuchten will' von Hedwig von Redern", und dann geht der Haupttext los) inszeniert. Das Ganze kommt so überzeichnet rüber, daß man es durchaus lustig finden kann.
Die mittlerweile leider verblichenen Nitrolyt als Gäste aus dem östlichen Königreich (Copyright: Sir Optimus Prime, Grailknights) gehen "Maria durch ein' Dornwald ging" ungleich ernsthafter an und haben eine erstklassige Halbballade erschaffen, die geschickt mit dem Effekt scheinbar eingespielter alter Grammophonaufnahmen arbeitet. Manchmal sind's auch tatsächlich Samples, z.B. die Engelschöre (die Sänger Matthias beim besten Willen nicht reproduzieren kann, obwohl er ansonsten eine extrem wandlungsfähige Stimme besitzt und im harten Schlußteil fast wie Blind Guardian-Hansi klingt), während andere der Einspielungen von der Band selbst stammen und nur auf alt, historisch und hintergründig hallend getrimmt wurden. Da tragen die Dornen auf einmal wirklich Rosen, wenn man diese gelungene Version hört.
Bury Your Dreams machen aus "White Christmas" traditionellen Metalcore mit doppelläufigen Gitarren, und man staunt beim Eingangspart Bauklötze, wie gut sich das Hauptthema dieses Songs doch dafür eignet. Zwar bleiben die Vocals etwas eindimensional, aber auch diese Fassung macht durchaus Hörspaß.
Court-X bestechen in "Snow Flake", hinter dem sich "Schneeflöckchen Weißröckchen" in englisch betexteter Variante verbirgt, im wesentlichen mit drei Hauptideen: Erstens wandeln sie die Melodie im Intro in eine Mollfassung um, zweitens basteln sie daraus eine traditionelle Powerdoomversion, die nur im Mittelteil mal einen kurzen schnellen Einschub erfährt, und drittens bauen sie als Vorschlußbreak dieses schnellen Einschubs das Signaturthema aus Slayers "Raining Blood" ein. Das reicht, um das Unterhaltungsniveau für viereinhalb Minuten auf hohem Niveau zu halten.
Den Abschluß bilden Dark Art mit "Satan Klaus". Dieser Song ist nun überhaupt nicht witzig, zumal man den Text auch nicht versteht - betrachtet man ihn aber mal als für sich stehend, handelt es sich um durchaus brauchbaren Dark Metal irgendwo in der Nähe von Agathodaimon, allerdings mit etwas mehr Rock'n'Roll-Attitüde vor allem in den Rhythmusgitarren. Temposeitig gibt es das Spektrum zwischen schnellem Ufta-ufta und epischem Geschleppe in verschiedenartigen Kombinationen, der Gesang ähnelt den Lautäußerungen von Fürst Black etwas (sollte es da personelle Identitäten geben?), und der Song endet, wie sich das vor allem live für Rock'n'Roll gehört, mit Tempobeschleunigung und großem Crescendo, dann Verschleppung und schließlich gemeinsamem Schlußakkord.
Summiert eine knappe halbe Stunde überwiegend guter Unterhaltung, gleichzeitig sicher auch zum Vertreiben ungebetener Besucher über die Feiertage geeignet. Zu bekommen über die einzelnen beteiligten Bands, also beispielsweise per Mail an Ex-Nitrolyt-Kopf Sebastian Hupfer (happy.hupfi@nexgo.de), wo der Rezensent fündig geworden ist.

Tracklist:
Schierling: Wann wird's mal wieder richtig Winter?
Fürst Black: Blüh und leuchte, goldner Baum
Nitrolyt: Maria durch ein' Dornwald ging
Fürst Black: Ihr Kinderlein kommet
Bury Your Dreams: White Christmas
Fürst Black: Oh Tannebaum
Court-X: Snow Flake
Fürst Black: Ein Licht, das leuchten will
Dark Art: Satan Klaus
 




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