www.Crossover-agm.de V.A.: Mellow - Looking Forward From The Past
von rls

V.A.: Mellow - Looking Forward From The Past   (Pleitegeier Records)

Dies ist also Teil 2 der Pleitegeierschen Geburtstagswerkschau, vom Härtegrad ein gutes Stück unter "Deep" angesiedelt, auch wenn gleich die eröffnenden Red Barchetta streckenweise doch ein ordentliches Gitarrenbrett in ihrem sehr abwechslungsreichen Crossover unterbringen, wobei Axel Fischers Rapgesang allerdings stets im Mittelpunkt des Geschehens bleibt, wie sowohl "Super, Man!" als auch "G.O.T.T." unterstreichen. Irisch angehauchter Folk ist bekanntlich überhaupt nicht meine Welt, deshalb tue ich mich mit der Abhandlung von Rodney Cordner & Jean-Pierre Rudolph etwas schwer, obwohl sie ihre Sache ohrenscheinlich ordentlich machen und relativ unpuristisch an die Sache herangehen. Sowohl "Fiddle Stick" (mit lustigem Refrain) als auch das instrumentale "Sea Miner" stammen von ihrem "One Of The Few"-CD, "Spancil Hill" dagegen steht im Original auf "Measure Of Dreams". Ganz abgedreht wird's mit Pickup The Harp, deren "I'll Think About It" irgendwo in die Abteilung "Ethno Rock" gehört und ohne die Percussionarbeit wohl als Peter Frampton-Verwandtschaft angesehen werden könnte. "My Blues", gleichfalls von der "Destination"-CD stammend, sorgt nur unwesentlich für Klarheit, da man angesichts des erklingenden puren Blues mit rauher Stimme nicht zwingend vermuten würde, daß es sich um die gleiche Band wie die in "I'll Think About It" handelt. Noch verrückter wird die Sachlage angeohrs des dritten Tracks "Maybe Tomorrow", der einen erst mit fast zur Unkenntlichkeit verzerrten Gitarren überfällt und urplötzlich in ein beinahe meditative Züge besitzendes Instrumental umschlägt. Von den Noisetoys hat man man mit "Gold 'N' Roses" leider nur die absolut mellowe Variante ihres Indierocks berücksichtigt, der in diesem Song fast ein bißchen Anathema-Schlagseite besitzt (der langsam dynamischer werdende Mittelteil mit seinem Tonarten-Excelsior) und in dem der Sänger klingt, als ob ihn jemand hindern würde, beim Singen seine Zähne auseinanderzubekommen. Das titelgebende Fixum liefern Growing Seeds mit "Mellow Melody" - witzigerweise ist ihr spaciger Indierock phasenweise deutlich energischer als beispielsweise No Longer Music, allerdings macht sich zumindest in diesem Track tatsächlich ein warmer Grundton bemerkbar, der auch in den härteren Passagen und im Synthiegeblubber  und -gewaber nicht verschwindet, so daß tatsächlich eine "Miraculous Journey" herauskommt, wie der Titel der Growing Seeds-CD verheißt, die auch vom zweiten, etwas konventionelleren Track "My Love" nicht torpediert wird, auch wenn es sich dabei mitnichten um eine Schnulzballade handelt, wie man vermuten könnte. Etikettenschwindel betreiben dagegen Die Heiligen Bombenleger, denn eine Band dieses Namens stopft man automatisch in die Funpunk-Ecke und erwartet alles andere als entspannten, halbballadesken Poprock mit überwiegend weiblichem Gesang und etlichen gut ausgearbeiteten zweistimmigen Parts wie in "Holy". Mit meinem Latein am Ende bin ich bei "Venit, Vidit, Vicit" von den Sons Of Liberty, denn den klassischen Cäsar-Spruch vom "Kam, sah und siegte", den auch der wie der ganze Song in Deutsch gesungene Refrain beinhaltet, hatte ich eigentlich als "Veni, Vidi, Vici" in Erinnerung. Aber vielleicht ist das nur 'ne andere Zeitform, die da von den Sons Of Liberty gewählt worden ist, welche musikalisch im handgemachten Popbereich mit stark dominanten Akustikgitarren, einem auffälligen Baß und ein paar stromverstärkten Sechssaitern im Hintergrund ihr Häusle gebaut haben. Rainforest sind auch auf diesem Sampler mit zwei "Alpha"-Tracks vertreten und somit insgesamt mit vier Songs von ein und demselben Album die numerisch präsenteste Band dieser beiden CDs. "Ocean" hätte allerdings wahrlich nicht auf den "Deep"-Teil gepaßt, denn hier sind außerhalb des Refrains fast sämtliche hartmetallischen Einflüsse außen vor geblieben, dafür gibt's wieder die typische Flöte und viel sanftes Instrumentenwellenkräuseln. Noch mehr Blasinstrumentparts machen sich naturgemäß in "Birds Behind The House Where You're Living" breit, die besagten Vögel versinnbildlichend und das grüne Konzept von Rainforest illustrierend, das in diesem Song völlig ohne Schwermetall auskommt. Von MUT hab' ich ewig nichts mehr gehört, deshalb freut mich das Vorhandensein von "Gewalt" (das ist selbstredend nicht im wörtlichen Sinne zu verstehen!) auf dieser CD ganz besonders, spielt doch die Formation hervorragenden Deutschrock, auch wenn der Song "Gewalt" selbst ein bißchen mehr Krach hätte machen dürfen bei seinem warnenden Text vor aggressiven rechten Umtrieben. Hinter der abschließenden Formation NLM / Internal Melodies vermute ich ein Projekt, das sich aus Mitgliedern von Internal und eben No Longer Music zusammensetzt (wobei allerdings auch schon Musiker von No Longer Music bei Internal involviert sein sollen, was die Sachlage nicht entscheidend klären hilft), die offenbar auf "Passion", zumindest im hier vertretenen Track "Come Inside", mal das machen wollten, wozu sie in ihren anderen Bands keine Gelegenheit haben: Sie spielten eine pure Wohlfühl-Ballade mit leichter Ethno-Tendenz ein, welche die Überschrift "mellow" definitiv verdient hat. Unveröffentlichte oder rare Tracks scheint's hier ebensowenig zu geben wie auf dem "Deep"-Teil, somit bleibt auch das Fazit das gleiche: Für Pleitegeier-Dauerkäufer uninteressant, für alle anderen eine gute Gelegenheit zum Hineinarbeiten.
Kontakt: Pleitegeier Records, Hirschstraße 19, 76133 Karlsruhe, info@pleitegeier.com, www.pleitegeier.com



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