www.Crossover-agm.de UPDIVERSS: I Am Happy With My Jacket
von rls

UPDIVERSS: I Am Happy With My Jacket   (Eigenproduktion)

So richtig nimmt man den drei Bandmitgliedern, die auf der Bookletrückseite stehen, nicht ab, daß sie mit ihrer skurrilen Oberbekleidung glücklich sind - und das, obwohl der links stehende und sehr unzufrieden blickende Mensch ein gelbes Shirt mit der Aufschrift "I am nice" trägt. Auf das gezeichnete Cover, wo das Trio in eher neutraler Kleidung an einer Bucht vor einer Großstadtkulisse steht, trifft diese Aussage vielleicht eher zu, aber auf dem Backcover hat sich die Farbigkeit der Szenerie komplett geändert, und an der Stelle der Bandmitglieder steht jetzt eine spindeldürre Katze mit riesigen Backen. Würden Updiverss Death Metal spielen, müßte aus dem Maul des Vierbeiners jetzt noch Blut tropfen, aber da dem nicht so ist, liegt es nahe, eine andere Stilistik zu vermuten - und welch Wunder, diese Vermutung trifft auch tatsächlich ins Schwarze. Updiverss aus Moskau sind die Nachfolgeband von The Plane, deren Fünftracker "Wasp In A Jar" Thomas vor Jahren rezensiert hatte, und wer in die Tracklist schaut, der stellt fest, daß mit dem druckvollen damaligen Titeltrack und der akustisch dominierten Ballade "No One Can Play" zwei Plane-Songs in Neueinspielungen auf dem Updiverss-Album gelandet sind. Sie passen rein stilistisch da auch prima hin: Auch mit Updiverss widmet sich Chefdenker Juri Ljamkin (auch unter dem Pseudonym George agierend) einer Rockmusikvariante, die ihre Fühler durchaus bis in den Achtziger-Wave ausstreckt ("Easy"!), aber ihre Wurzeln in den Sechzigern und Siebzigern nicht verleugnen kann und will. So könnte "Rolling Still" von der instrumentalen Komponente her auch ein ganz frühes AC/DC-Stück sein, unterscheidet sich freilich im Gesang sehr deutlich, den sich Ljamkin mit Bassist Sergej Etzel (auch der mit einem netten Pseudo: Fridrih, weist das Booklet aus) teilt, wobei beide im besten Sinne normale Stimmen ins Gefecht führen, die ihnen auch gekonnt arrangierte zweistimmige Arrangements ermöglichen. Gesungen wird auf allen zehn Songs übrigens nicht in Russisch, sondern in Englisch - Updiverss hegten offensichtlich große Hoffnungen, mit diesem Album auch international etwas reißen zu können. Die technischen Rahmenbedingungen stimmten schon mal: Stil und Sound waren und sind international konkurrenzfähig, freilich auch alles andere als konkurrenzlos, und als eigenveröffentlichte russische Band hat man da erstmal strukturell schlechte Karten. Auch Siggi Bemm, in dessen Woodhouse Studio in Hagen Ljamkin, Etzel und Studiodrummer Rüdiger Stirnberg (der in der heimischen Livearbeit dann durch Igor Bulgakow als festes Bandmitglied ersetzt worden ist), hat offensichtlich keine Kontakte beisteuern können, die einen Aufstieg der Band ermöglichten, und "Easy", das auf dem australischen Sampler "Invaders From Planet Pop" enthalten war, führte diesbezüglich auch nicht zum Erfolg. Dabei hatten Updiverss durchaus gute Ideen - schon der Opener "No Rock No Roll" ist dynamisch geschickt arrangiert und mündet in eine große Instrumentenkaskade, und mit dem bluesigen "Cynic" spielen Updiverss gar in der Stil-Liga eines Joe Bonamassa, ohne freilich dessen gitarrenkabinettstückchenorientierte Stilistik zu imitieren - sie setzen in der Bridge statt dessen wieder auf ihren geliebten zweistimmigen Gesang. Nur wünscht man sich hier am Ende, daß sie die prima Grundidee vielleicht noch ein wenig ausschweifender umgesetzt hätten. Blumenkinder unter der Hörerschaft wiederum werden sich über die Sechziger-lastigen "Treasure" und "World Of No" freuen, und mit "Summer Rain" schließt abermals eine schöne Ballade das knapp 39minütige Album ab, das so ganz und gar nicht russisch klingt und auch aus jedem anderen Land der Welt stammen könnte, was in diesem Fall sowohl Chance als auch Bürde war, sich schlußendlich aber als letztgenannte erwiesen hat - die Band hat mittlerweile aufgegeben, was Freunde der beschriebenen Stilistika freilich nicht davon abhalten sollte, mal zu schauen, ob sie die Scheibe noch irgendwo herbekommen. Zumindest als Download bei Amazon sollte es sie noch geben, und wer will, kann ja z.B. auch mal Georges bzw. Juris Nachfolgeband checken, die der Einfachheit halber auf den Namen Liamkins getauft worden ist.
Kontakt: http://vk.com/club1761317

Tracklist:
No Rock No Roll
Treasure
Wasp In A Jar
Rolling Still
No One Can Play
Easy
Cynic
World Of No
Smiling Angel
Summer Rain



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