www.Crossover-agm.de TÝR: Valkyria
von rls

TÝR: Valkyria   (Metal Blade)

Nach dem auf seltsame Weise hypernervös und in gewisser Weise überambitioniert wirkenden "The Lay Of Thrym"-Album zeigt "Valkyria", wie der dort dominierende Stil mit nur nuancenhafter Veränderung richtig mitreißend gestaltet werden kann. Daß Týr die epicmetallischen Elemente ihrer Frühwerke schon länger in den Hintergrund gestellt haben, mag mancher Hörer bedauern, aber wenn sie die höhere Geschwindigkeit, die stärkere Zupackkraft und auch die höhere Filigranität in so songdienlicher Weise einsetzen, wie sie das in ihren besten Momenten tun, dann sollte ihnen auch der verbittertste Altfan nicht böse sein, zumal Heri Joensen und seine Mitstreiter ja nicht von Grund auf ihren Stil gewechselt haben und zahlreiche Elemente der Frühwerke auch auf "Valkyria" gefunden werden können. Ihre Metal-Bearbeitungen nordischer Volksweisen (auch das neue Album enthält wieder deren fünf, davon ein isländisches, ein norwegisches, ein färöesisches und zwei, die im Booklet als färöesisch/dänisch angegeben sind) wirken so authentisch, daß man erst beim Lesen der Bandbesetzung bemerkt, daß sich die Besetzung geändert hat und für den Färöesen Kari Streymoy als Gastmusiker der griechischstämmige George Kollias trommelt, dem man vermutlich nicht nachsagen kann, er habe die nordeuropäische Folklore schon mit der Muttermilch aufgesogen. Ob die Tatsache, daß er als Gastmusiker vermutlich im wesentlichen das spielt, was ihm die anderen drei Bandmitglieder vorgegeben haben, und eher wenig eigene Ideen eingebracht haben dürfte, zum zugänglicheren Charakter des Albums beigetragen hat, darüber darf spekuliert werden - aber er hat das, was zu spielen ist, offenbar so weit verinnerlicht, daß man zumindest als Nicht-Musikwissenschaftler bzw. Folklorekenner den Drummerwechsel nicht bemerkt. Dafür fällt eine andere Personalie überdeutlich ins Ohr: Liv Kristine Espenaes Krull, zu Zeiten der Entstehung des Albums noch mit Leaves Eyes zugange, singt in "The Lay Of Our Love" ein Duett mit Joensen, und obwohl es sich dabei kurioserweise gar nicht um das Lied aus ihrer norwegischen Heimat handelt (das ist "Fánar Burtur Brandaljód"), so ist doch auch aus diesem färöesisch-dänischen Stück ein prächtiges halbballadeskes und sehr gefühlvolles Ergebnis geworden, dem das Ergebnis des erwähnten norwegischen Stückes nur deshalb geringfügig nachsteht, weil in den harten Parts die Drums dann doch einen Tick zuviel Nervosität reinbringen, während das speedige Hauptsolo dann wieder richtig Hörlaune macht. Auffällig an "Valkyria" ist zudem die Tatsache, daß Joensen die Bearbeitung der Volksweisen zwar nach wie vor in Eigenregie übernommen hat, aber bei den originären Bandkompositionen seine Kollegen stärker als vorher eingebunden hat: Bassist Gunnar H. Thomsen hat zusammen mit Joensen den das reguläre Album abschließenden epischen Titeltrack geschrieben, und Zweitgitarrist Terji Skibenaes zeichnet nicht nur zusammen mit Joensen für den Opener "Blood Of Heroes" verantwortlich, sondern hat "Lady Of The Slain" und "Another Fallen Brother" im Alleingang geschrieben - und beide passen sich einerseits prima ins grundsätzliche Spektrum von Týr ein, sind aber relativ gesehen deutlich stärker im traditionellen Speed Metal verwurzelt, auch wenn sie sich natürlich zahlreicher Elemente bedienen, die für den Stil der färöesischen Band typisch sind. Wenn diese beiden Stücke repräsentativ für Skibenaes' aktuelles Schaffen sein sollten, darf man auf sein angekündigtes Soloalbum sehr gespannt sein. Derweil überlegt der Rezensent noch, wo er das andere färöesisch-dänische Stück, nämlich "Grindavisán" (einen Text von Christian Ployen aus dem 19. Jahrhundert vertonend und von Joensen dem Walschützer Paul Watson gewidmet), mit seinem markanten Eingangs- und Refrainchor schon mal gehört hat. Eingefallen ist es ihm bisher nicht, und es handelt sich auch um keine Neueinspielung von einer der anderen in der hiesigen Sammlung befindlichen Týr-Scheiben. Wie "The Lay Of Thrym" endet übrigens auch "Valkyria" in der vorliegenden Fassung mit zwei metallischen Coverversionen: "Where Eagles Dare" (das bekanntlich nicht zu den Sternstunden Iron Maidens gehört, so daß Týr mit dem Original problemlos mithalten können, auch ohne einem Direktvergleich durch etwaige Abwandlungen aus dem Wege zu gehen - und Kollias bewältigt das relativ komplexe Drumming der Vorlage natürlich auch ohne jegliche Schwierigkeiten) und "Cemetery Gates" (keine allzu vorhersehbare Wahl, wobei Týr aus der Pantera-Fassung ein etwas melodischer orientiertes Stück machen, das den latent aggressiven Charakter des Originals nicht reproduziert). Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ist die knapp einstündige Scheibe, wie bereits eingangs analysiert, wieder auf dem gewohnt hohen Týr-Niveau anzusiedeln und trotz des natürlich nach wie vor beachtlichen Anspruchs mit deutlich stärker an die alten Scheiben erinnernder Begeisterung anzuhören - und man bemerkt einmal mehr, wieviel Weisheit manchmal doch im Spruch "Weniger ist mehr" liegt. Wenn jetzt noch die Walküre nicht kurz vorm Fotoshooting fürs Covermotiv, das sich in seiner personellen Komponente auf der vorletzten Bookletseite vergrößert wiederfindet, noch im Nagelstudio gewesen wäre (der rechte Daumen) ...
Kontakt: www.tyr.fo, www.metalblade.de

Tracklist:
Blood Of Heroes
Mare Of My Night
Hel Hath No Fury
The Lay Of Our Love
Nation
Another Fallen Brother
Grindavisán
Into The Sky
Fánar Burtur Brandaljód
Lady Of The Slain
Valkyria
Where Eagles Dare
Cemetery Gates



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