www.Crossover-agm.de TROJA: Gimn Wery W Ljubow
von rls

TROJA: Gimn Wery W Ljubow   (Metalism Records)

Zwei erstklassige Melodic-Metal-Alben haben Troja im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends schon veröffentlicht, und mit "Gimn Wery W Ljubow" schieben sie ein Drittwerk nach, das das extrem hohe Niveau vor allem des Vorgängers "Wosduschnije Samki" zwar nicht ganz halten kann, aber trotzdem noch meilenweit über den Standards der Konkurrenz anzusiedeln ist. Daß der Zweitling geringfügig höher zu punkten weiß, liegt schlicht und einfach daran, daß er unter zahlreichen großen Songs auch einige ganz große "versteckt" hatte, während deren Dichte auf "Gimn Wery W Ljubow" ein klein wenig geringer ausgefallen ist. Aber schon der eröffnende Titeltrack zeigt, daß es sich hier um Jammern auf hohem Niveau handelt: Was diese fünf Russen zu leisten imstande sind, gibt jedem den Glauben an den Melodic Metal wieder, der selbigen aufgrund eines zu großen Ausstoßes an soliden, aber nicht weiter weltbewegenden Scheiben zu verlieren drohte. Zwar werden die Freunde der Hochgeschwindigkeit mit dem neuen Werk nicht richtig glücklich, da das Tempo des schnellsten der acht Songs, "Njebo Priwjetstwujet Nas", ein wenig unter seinem Kompagnon "Geroi Interneta" vom Vorgängeralbum bleibt - aber Geschwindigkeit war sowieso nie der Hauptfokus von Troja. Statt dessen gibt es auch auf der neuen Scheibe achtmal ausgefeilten Melodic Metal vom Allerfeinsten, vokalisiert von einem Sänger der Oberklasse (Dmitri Argento, der nach "Wosduschnije Samki" ausgestiegen war, ist rechtzeitig vor dem Entstehen des neuen Werkes wieder zurückgekehrt und wird der Band hoffentlich lange erhalten bleiben) und ausgestattet mit einer brillanten Gitarrenarbeit von Wladimir Butnik und Alexei Podgornyi, die sich auch in die Aufgabe des Songwritings hineinteilen, wobei Butnik den größeren Anteil besitzt, aber beide stilistisch so ähnlich schreiben, daß ein einheitliches Bild herauskommt. Trotz aller Traditionsorientierung scheuen die Songwriter dabei auch auf "Gimn Wery W Ljubow" nicht vor ganz leichten moderneren Einflüssen zurück, wie das schleppende "Daljokaja Raduga" unter Beweis stellt, das gegen Ende hin die traditionellen Elemente um einige schroffe Riffs über groovigen Rhythmen ergänzt. Auch in "Nasche Wremja" zeigen Troja durch die Wahl eines für ihre Verhältnisse rabiaten Riffsounds und der moderneren Elemente im hier mal wenig melodischen ersten Teil des Hauptsolos, daß sie sehr wohl in "unserer Zeit", wie der Songtitel ausweist, leben - aber sie koppeln diese Elemente so elegant mit Argentos urtraditioneller Stimme und den wunderbaren Gitarrengirlanden, daß kein Zweifel besteht, wo sie ihre musikalische Heimat sehen. Keyboards setzen sie nach wie vor fast nur punktuell zur Stimmungsverstärkung oder als unauffällige Hintergrundatmosphärefläche, nur ganz selten mal als tragendes Songelement ein - sie haben auch auf der neuen Scheibe keinen gesonderten Keyboarder an Bord, sondern lassen Butnik und Neu-Bassist Andrei Malinowski (der zu Zeiten des Debütalbums "Mir W Ognje" schon mal Bandmitglied war, damals aber noch als zweiter Gitarrist - mittlerweile ist er allerdings unfreiwillig wieder von Bord gegangen, nämlich mit gerade mal 28 Jahren an Herzstillstand verstorben) diese Aufgabe nebenher noch mit erledigen, wobei auch hier ein glückliches Händchen für die richtige Dosierung deutlich wird. Man höre etwa "Uiti Wsljed Sa Njei", einen fast in den Power Metal vorstoßenden Song, der durch vereinzelt eingestreute klassische Klavierläufe seinen richtigen Pfiff bekommt. In der Ballade "W Poslednij Ras", geschrieben von Podgorskij, ist der Tasteneinsatz natürlich auch sehr stimmungsdienlich und ergänzt die Gitarrenarbeit mit abermaligen Klavierläufen und einigen Orchestersamples im Refrain vortrefflich. Auch hier ist die Rhythmusgitarre übrigens wieder ziemlich kantig ausgefallen und scheinbar auch runtergestimmt, was der Stimmungserzeugung aber keineswegs abträglich ist. Selbiger Song findet sich übrigens auch auf dem Cover visualisiert: Dort sieht man eine nächtliche Straßenszene in Paris, wo an einer Plakatwand zum einen für ein Zweitagesfestival unter dem "Monsters Of Rock"-Banner mit Iron Maiden und Troja als Headlinern (und damit höher plaziert als Anthrax und Helloween - an Selbstvertrauen mangelt es den Moskowitern offensichtlich nicht), zum anderen für zwei Filme geworben wird: "W Poslednij Ras" und "Alyje Parusa". Hinter letztgenanntem verbirgt sich das knapp elfminütige Abschlußepos von "Gimn Wery W Ljubow", in dem das Quintett nach der etwas zu überhastet wirkenden zweiten Podgornyi-Komposition "W Pogonju Sa Solnzem", die damit den einzigen kleinen Schwachpunkt der 50 Minuten darstellt (aber trotzdem nicht prinzipiell schlecht ist), noch einmal alle Register seines Könnens zieht und scheinbar ohne größere Mühe und ohne stilistische Bocksprünge, sondern einfach mit geschickter Anwendung der für ein großes Melodic-Metal-Epos üblichen Zutaten, zu dem auch wieder die Tasteninstrumente zählen (was für sinistres Gebimmel im Break nach dem ersten Refrain!), ein prima Resultat erzielen, das nicht nur das Drittwerk auf exorbitant hohem Niveau abschließt, sondern auch dessen stärksten Einzelbeitrag markiert und im erwähnten ersten Refrain sowie einigen Soloparts auch mal kurz auf richtige Speedtempi hochschaltet (und hier in mitreißender Weise Iron-Maiden-Harmonik und italometallische Spielfreude kombiniert), ansonsten aber die gewohnte Tempovariabilität im unteren bis mittleren Bereich aufweist. Angesichts dieses Paukenschlags hofft man als Liebhaber traditionellen und einfallsreichen Melodic Metals natürlich, die auf den Bandfotos immer noch recht jung wirkenden Troja-Mitglieder mögen in ihrer Karriere noch weitere Werke dieses Kalibers abliefern - und so lange stellt "Gimn Wery W Ljubow" einen Pflichterwerb für Genrefreunde dar, auch und gerade für solche, denen die meisten anderen Releases dieser Sparte in letzter Zeit nur noch ein Gähnen entlockten.
Kontakt: http://vk.com/troyrus, http://metalism.net

Tracklist:
Gimn Wery W Ljubow
Njebo Priwjetstwujet Nas
Daljokaja Raduga
Nasche Wremja
Uiti Wsljed Sa Njei
W Poslednij Ras
W Pogonju Sa Solnzem
Alyje Parusa



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