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TIERRA SANTA: Mi Nombre Será Leyenda
von rls

TIERRA SANTA: Mi Nombre Será Leyenda   (Hellion Records)

Man könnte Tierra Santa wahlweise Altersweisheit oder Altersmüdigkeit attestieren und würde je nach Betrachtungsweise mit beidem nicht falsch liegen. Hatte das Vorgängeralbum "Caminos De Fuego" zumindest wieder ein wenig mehr Biß als manches Werk vor der temporären Bandauflösung, wenn auch längst nicht so viel wie in den Frühzeiten, als die Band als die spanische Antwort auf Iron Maiden galt, so geht "Mi Nombre Será Leyenda" diesbezüglich wieder einen halben Schritt zurück und enthält elf Songs in einer Art Spannungsfeld zwischen Melodic Rock und Melodic Metal, die mancher Altanhänger als gänzlich unspannend empfinden wird, zumal das komplette Material auch noch von einer entspannten Atmosphäre geprägt ist, die auch schnellere Kompositionen weit weniger zupackend erscheinen läßt, als sie bei etwas rauhbeinigerer Herangehensweise mit praktisch dem gleichen Notenmaterial ausgefallen wären. Streckenweise erinnert die Band stärker an eine andere altgediente spanische Band - die Heroes Del Silencio klingen nicht nur in "Sólo Se Vive Una Vez" und in Teilen der Singleauskopplung "Héroe" (sic!) relativ deutlich durch, und damit gehen Tierra Santa einen Schritt in Richtung Massenkompatibilität, was per se ja erstmal nichts Schlechtes sein muß, wenn die Kompositionen stimmen. Darüber werden sich nun freilich die Geister scheiden, weil man zur Analyse dieses Aspektes die erwähnte friedvolle Atmosphäre ausblenden muß. Kurioserweise ist "Mi Nombre Será Leyenda" auch noch relativ merkwürdig dramatisiert worden - die zumindest etwas metallischer zupackenden und durchschnittlich auch schnelleren Songs finden sich in der hinteren Albumhälfte, auch wenn der eröffnende Titeltrack zumindest nicht zu den langsamsten Vertretern der Scheibe gehört. Aber danach folgen zweimal teils schleppendes Midtempo, das wieder geringfügig flottere, aber wie beschrieben eher an die Helden der Stille erinnernde "Heroé" und die Halbballade "El Cielo Puede Esperar" - die A-Seite darf aus einer rein metallischen Perspektive also als weitgehend uninteressant betrachtet werden und verlangt, wenn man sie gut finden will, andere Maßstäbe. "Perdido En El Paraiso" leitet die B-Seite mit schönen doppelläufigen Gitarren ein und entpuppt sich in der Gesamtabrechnung als derjenige Track des Albums, der am ehesten auch auf einem der frühen Alben hätte stehen können, wenngleich die Keyboardteppiche ihm einen Tick zuviel Biß nehmen. Aber hier winken Maiden dann doch mal freundlich durch die Bäume, und nur die unmotivierte Ausblendung trübt abermals den Hörgenuß. "Si Estás Allí" stellt dann eine Überraschung ganz anderer Art dar: Coverversionen ist man von Tierra-Santa-Alben eher nicht gewöhnt - hier handelt es sich um gediegenen Melodic Rock typischer Achtziger-Prägung (die Keyboards!), der gar nicht erst versucht, sich eine andere Maske aufzusetzen. Das Original stammt von einer Band namens Sátira und steht auf deren Album "El Mundo De Los Suenos" - warum es hier eingespielt worden ist, erklärt sich aus dem strukturellen Umstand, daß sein Komponist auf den Namen Javier San Martín hört und ebenjener Mann "Mi Nombre Será Leyenda" produziert hat. Keine Coverversion ist dagegen "Genghis Khan", obwohl die Eisernen Jungfrauen einen Song gleichen Namens hatten; interessanterweise legt Ángel San Juan sein Werk gleichen Titels aber durchaus in stilistischer Nähe an, was die hier wieder mal auftauchenden doppelläufigen Gitarren angeht, die in diesem Falle allerdings mit einer herrlich altmodisch klingenden Hammondorgel verknüpft werden, welche den Song ein wenig in die Altrockrichtung lenkt, die im Schaffen der neueren Tierra Santa ja eher selten vertreten ist, auf dem vorliegenden Album aber auch gleich an Position 2 mit "Más Allá De La Vida", das ein wenig an Narnia erinnert, aufgetaucht ist. "Genghis Khan" beweist allerdings auch die Kontinuität im textlichen Schaffen Tierra Santas, was das Aufarbeiten historischer Geschehnisse angeht, auch wenn sich die genaue Analyse wieder nur durchführen läßt, wenn man der spanischen Sprache mächtig ist. Aber neben dem Text von "Héroe" sind im Booklet sicher nicht zufällig Pyramiden abgebildet ... "Hasta El Amanecer" und "El Último" schließen den regulären Teil von "Mi Nombre Será Leyenda" auf einem nicht mehr erwarteten Energielevel ab, das zwar wie beschrieben mit den alten Werken längst nicht konkurrieren kann, aber im Kontext dieses Albums eine durchaus positive Überraschung darstellt. Das Songwriting ist allerdings gegenüber dem Vorgänger nochmal kompakter ausgefallen - von den 43 Minuten für elf Songs muß man in der Gesamtrechnung noch die Akustikfassung von "Héroe" subtrahieren, die als Bonustrack ausgewiesen ist -, was dem Material nicht immer zum Besten gereicht, wenngleich sich hinter dem abrupten Ende von "El Último" durchaus auch eine songwriterische Absicht verbergen könnte. Altersweisheit oder Altersmüdigkeit? Die Antwort liegt wie immer im Auge (bzw. Ohr) des Hörers, aber mit der erwähnten friedvollen Atmosphäre muß man klarkommen, um das Album gut zu finden.
Kontakt: www.tierra-santa.es, www.hellionrecords.de

Tracklist:
Mi Nombre Será Leyenda
Más Allá De La Vida
Sólo Se Vive Una Vez
Héroe
El Cielo Puede Esperar
Perdido En El Paraiso
Si Estás Allí
Genghis Khan
Hasta El Amanecer
El Último
Héroe (Version Acústica)



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