www.Crossover-agm.de SERAPHIM: The Soul That Never Dies
von rls

SERAPHIM: The Soul That Never Dies   (Magnum Music/Arise/SPV)

Hatte Georg unlängst ein Review zum Seraphim-Zweitling "The Equal Spirit" fabriziert, sollen hier noch einige Worte zum Debüt "The Soul That Never Dies" folgen. Ich persönlich habe Seraphim über "Equal Spirit" kennen- und liebengelernt, so daß ich gewissermaßen einen gedanklichen Rückschritt in der Bandentwicklung vollziehen muß, um "The Soul That Never Dies", das zu einem Zeitpunkt eintraf, als ich "Equal Spirit" schon mindestens 25mal gehört und dementsprechend tief verinnerlicht hatte, zu verstehen. Das Debüt wurde im Jahre 2001 aufgenommen, als die Band gerade mal ein halbes Jahr zusammen war. Das hört man auch recht deutlich heraus, wenn man die Vergleichsmöglichkeit zu "Equal Spirit" besitzt, denn dessen perfekte Abstimmung der einzelnen Komponenten fehlt dem Debüt an manchen Stellen und weicht hier und da einer Auslotung der eigenen Grenzen. Das wird beispielsweise in einigen etwas skurril gesetzten Breaks deutlich, aber auch in mancher Gesangslinie von Sopranistin Pay, die gefährlich nahe an ihren oberen Stimmwendekreis heranragt und dort ein wenig an Power verliert. Die leichte Tieferlegung der Melodien und natürlich auch Pays hochqualifizierte Ausbildungsfortsetzung in Leipzig haben auf dem Zweitwerk deutliche Spuren hinterlassen (auch wenn die Debütleistung immer noch sehr ordentlich ist). Rein vom Stil her hat sich nichts geändert, obwohl man das, wenn man lediglich die Reviews liest, die z.B. auf www.magnum.com.tw/seraphim gesammelt sind, durchaus vermuten könnte. Da fallen in Bezug auf das Debüt durchaus mal Begriffe wie Gothic oder gar Black Metal (wobei unter letzterem der Schreiber dann Sachen wie Children Of Bodom versteht). Die Parallelen zu Children Of Bodom beschränken sich allerdings auf den männlichen Kreischgesang, welcher bei Seraphim zudem nur sporadisch eingesetzt wird (man kann das Verhältnis im Booklet schön erkennen, da die jeweiligen Lyrics unterschiedliche Farben besitzen), sowie auf einige Passagen des musikalischen Unterbaus. Dieser besteht bei Seraphim allerdings aus so gut wie reinrassigem melodischem und sparsam mit Keyboards umgehendem Power/Speed Metal, während die Bodomnachwüchsler sich zwar ebenfalls von dieser Stilistik beeinflußt zeigen, allerdings auch noch Death-, Thrash- und diverse andere Elemente einfließen lassen und unterm Strich auch tempolastiger agieren (was sich mit "Equal Spirit" allerdings etwas mehr ausglich, denn diese Scheibe ist im Durchschnitt etwas schneller ausgefallen als das Debüt, auf welchem man nichtsdestotrotz auch gern und oft aufs Gaspedal tritt). Die immense Spielfreude der taiwanesischen Band tritt bereits auf dem Debüt hörbar zutage und resultiert in Songlängen, die bis auf die "Prelude" nicht unter 4:51 fallen, hingegen mit "Mind's Sky" die Neun-, mit dem abschließenden "Majestic Farewell" gar die Zehnminutenmarke nach oben durchbrechen. Ganz so ohrwurmige Passagen wie in "Deep" oder in "My Heart Is Dying" besitzt das Debüt noch nicht, obwohl der Titeltrack allein schon aufgrund einer aus dem James Bond-Titelmotiv bekannten Harmoniefolge nur noch mit Hilfe des genannten Geheimagenten Ihrer Majestät wieder aus den Gehörgängen entfernt werden kann. Das gleiche gilt für das fast mitpfeifkompatible folkige Gitarrenthema in "Mind's Sky", das den ruhigen Anfang bestimmt und, nachdem der Song in einen furiosen Brecher umgeschlagen ist, im Mittelteil nochmals auftaucht, einen eleganten Kontrapunkt zum Rest des Songs setzend. Eine zauberhafte Ballade ist auch an Bord: "Canticle" transportiert eine beeindruckend eskapistische und bisweilen von einer Flöte ausharmonisierte Atmosphäre, die im letzten Drittel allerdings plötzlich unterbrochen wird, wobei dieses Interludium indes nach wenigen Takten schon wieder einem hymnischen Finale Platz macht. Daß ausgerechnet dieser Song fast perfekt meine emotionale Situation während der unlängst stattgefundenen anderthalbtägigen Hochzeitsfeier in meinem Freundeskreis nachzeichnet, kann eigentlich kein Zufall sein, fügt somit aber in das Bedauern, daß Pay bei dieser Feier nicht an meiner Seite sein konnte, auch einen optimistischen Part ein. Aber auch ganz nüchtern betrachtet kann man diesen Song getrost unter die Höhepunkte des Albums rechnen, zu denen unbedingt auch noch das Abschlußepos "Majestic Farewell" gezählt werden muß, wenngleich sich Seraphim in der Zwischenzeit mit dem phasenweise sogar ähnlich ausharmonisierten Titeltrack von "The Equal Spirit" in diesem Metier selbst übertroffen haben. "The Soul That Never Dies" klingt unterm Strich etwas rauher als "The Equal Spirit", was der eine als Vorteil, der andere eher als Nachteil empfinden wird. Es ist ein gutes Album, das in meinen Augen bzw. Ohren nicht ganz an seinen übermächtigen Nachfolger heranreicht (beide gibt es übrigens sowohl mit chinesischen als auch mit englischen Lyrics, wobei man letzterer Version manchmal anhört, daß die Gesangslinien ursprünglich nicht für diese Sprache geschrieben wurden), aber dennoch jedem gefallen müßte, der sich musikalisch irgendwo zwischen Nightwish und Children Of Bodom zu Hause fühlt.
Kontakt: www.magnum.com.tw/seraphim bzw. www.arisemetal.com

Tracklist:
Prelude
Love Hate
Emptiness
Immortal Silence
The Soul That Never Dies
Samsara
Mind's Sky
Forever
Canticle
Light Of The Setting Sun
Majestic Farewell
 




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