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Children Of Bodom, Soilwork, Shadows Fall   23.04.2003   Halle, Easy Schorre
von rls

Ein Package mit drei Bands, die jede ihren eigenen Zugang zur Auflockerung eines generell deathmetallastigen Sounds gefunden hat, versprach interessant zu werden. Das dachte sich offensichtlich eine große Anzahl Metaller, und so konnte sich die Easy Schorre trotz eines relativ undeathmetallischen Eintrittspreises von 20 Euro (jaja, Children Of Bodom sind mittlerweile eine Majorband) über eine ansprechende Füllung freuen.
Als meine Begleiterin und ich das Etablissement wenige Minuten nach 20 Uhr betraten, hörten wir gerade die Begrüßung "We're Shadows Fall from Massachusetts", hatten ob des scheinbar pünktlichen Beginns also offensichtlich einen oder zwei Songs bereits verpaßt. Schade drum, denn das Quintett wußte mit dem Rest des Sets ausgesprochen positiv zu überzeugen. Die kunterbunte Melange aus verschiedenen Subgenres des Thrash und Death Metal wurde in jederzeit schlüssige und nachvollziehbare Songs gefaßt, denen flinkes Geblaste deutlich fremder war als schweres Midtempo, wobei eine gewisse Variationsbreite stets erhalten blieb, womit die Band die Gefahr neothrashiger Monotonie gekonnt umging. Zum Abwechslungsreichtum trug auch der Sänger sein Scherflein bei, der außer vielerlei Gebrüll auch pathetisch-dunklen Klargesang Marke "Ville Valo steigt bei P.O.D. ein" beherrschte. Zudem bildete er mit seinen bis zum Rektum reichenden Dreadlocks von Schiffstaustärke auch den optischen Mittelpunkt der Performance. Bei seinen wilden Bangeinlagen möchte ich allerdings nicht in der Rotierweite dieser Dreadlocks gestanden haben müssen ... Musikalisch also in jedem Fall eine positive Überraschung, die meine Begleiterin mit der Bemerkung kommentierte, davon hätte sie gerne noch mehr gehört. Ich übrigens auch.
Der positiven Überraschung folgte die negative auf dem Fuße, denn Soilwork enttäuschten uns beide über weite Strecken. Eine Teilschuld daran trug auf alle Fälle der Sound, denn der war einerseits deutlich lauter, aber dadurch eben auch verschwommener als bei Shadows Fall, was zur Folge hatte, daß diverse Feinheiten gnadenlos untergingen. Der Eindruck des mangelnden Zusammenspiels, des förmlich Nebeneinanderhermusizierens wurde dadurch nur noch mehr bestärkt. Eine intensive Werkkenntnis hätte vielleicht den einen oder anderen Song für uns nachvollziehbarer gemacht, aber wenn man akustisch nicht in der Lage ist, das Solo, das von einem Gitarristen sichtbar gespielt wird, auch zu hören, dann stellt sich keinerlei Beglückungseffekt ein. Daß dem abwechslungsreichen, mittlerweile aber fast Nu Metal-verdächtigen melodischen Death Metal des Sextettes eine gewisse Originalität innewohnt, mag ja generell niemand bestreiten - nur zu Ohren bekamen wir davon nahezu nichts, selbst von Sänger Björn Strids vielseitigem Gesang nicht, von den Keyboards mal ganz zu schweigen (wir standen übrigens rechts neben dem Mischpult - akustisch normalerweise der günstigste Platz, den man sich auf einem Metalkonzert wünschen kann). Zudem fehlte dem größtenteils irgendwo im Midtempo daherkommenden neuen Material (das justament veröffentlichte "Figure Number Five"-Album, das im Rock Hard immerhin Album des Monats geworden war, stellte laut den Ansagen das Gros des Sets) so etwas wie zündende Power - die aber auch im älteren Material nur bedingt vorhanden war. Wie gesagt: Anhand intensiver Werkkenntnis hätte man sich diverse Parts vielleicht dazudenken können, aber das sollte eigentlich nicht Hauptzweck eines Konzertbesuchs sein. Daß die Publikumsreaktionen im allgemeinen aber positiv bis für einen Support geradezu frenetisch ausfielen, sei am Rande auch noch erwähnt.
Auch Children Of Bodom wurden abgefeiert - doch das mit gutem Grund. Spielfreude pur bestimmte den Gig der fünf Finnen, und der Vergleich als die Rainbow des melodischen Death Metal ist gar nicht mal so verkehrt, wenn man mal davon absieht, daß Rainbow zu ihren Glanzzeiten (aber auch noch danach) live mit ausgedehnten Jamsessions arbeiteten, was Children Of Bodom bisher nicht taten. Spieltechnisch macht Laiho & Co. eh keiner was vor, und damit man das als Fan auch richtig schön sehen und würdigen konnte, bediente sich Keyboarder Janne Wirman wieder seiner nach vorn geklappten Keyboardklaviatur, auf der er praktisch von oben greifend und die Tasten nach hinten drückend spielte und der er aberwitzige Läufe entlockte, die auch seine einstmaligen Rainbow-Instrumentengenossen beeindruckt hätten. Natürlich stand Alexi Laiho im Mittelpunkt des Geschehens, natürlich war seine Gitarre lauter abgemischt als die seines Kollegen Alexander Kuoppala (der nichtsdestotrotz auch einige feine Soli spielte), und natürlich konnte der Rest von Laihos Untergebenen gar nicht anders, als vollwertige Leistungen abzuliefern. Die Finnen stiegen mit "Needled 24/7" ein und unterstrichen schon damit ihr Talent, nach vorn preschende Power und elegante Virtuosität mit einer fast schon beschwingten Leichtigkeit (man höre sich bei Gelegenheit die vordergründigen Melodiethemen sowie die fast schon fröhlich "schaukelnden" Riffs unter den Keyboardsoli nicht nur dieses Songs an) zu kombinieren. Im Laufe des Sets spielten sie sich quer durch ihre vier Alben umfassende Historie, ließen eigenartigerweise aber ihre Quasi-Bandhymne "Children Of Bodom" außen vor. Dafür überraschte das schwerfällig-doomige Epos "Angels Don't Kill", das mit einer für COB-Verhältnisse ungewohnten Massivität aus den Boxen quoll und sogar einen Gitarrenstimmungswechsel notwendig machte, was man aus dem bisherigen Material der Band so nicht kannte. Damit sind die beiden Höhepunkte des Sets genannt, aber der Rest demonstrierte gleichfalls beste metallische Unterhaltung, die das Publikum dankbar aufsog, zumal im Vergleich mit Soilwork der Sound wieder leiser und damit automatisch auch besser war, obwohl die musikalische Impulsdichte bei COB um ein Vielfaches höher lag und die Sache für den Soundmenschen damit nicht einfacher machte. Exzellente Finnenpower also (wenn der Haufen textlich nur nicht so nihilistisch rangehen würde - aber zumindest live versteht man von Alexis Gekreisch eh fast kein Wort), die uns rundum positiv gestimmt und zu christlicher Zeit (23.15 Uhr - pünktlicher Beginn und zügiger Umbau zahlen sich eben doch aus, und die arbeitende Bevölkerung weiß ein zeitliches Im-Rahmen-Halten an Wochentagen sehr zu schätzen) den Heimweg antreten ließ.



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