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SAUROM: Once Romances ... Desde Al-Andalus
von rls

SAUROM: Once Romances ... Desde Al-Andalus   (Zaluster Producciones)

Dichter-Metal sozusagen: Das bezieht sich nicht so sehr auf den Bandnamen (obwohl sein Tolkien-Ursprung noch deutlich wahrnehmbar ist), sondern auf die Lyrics des Albums. Die haben jeweils ein Werk der spanischen Dichtkunst vergangener Zeiten als Grundlage, und wer der spanischen Sprache mächtig ist, der kann sich im ausführlichen Booklet neben den Songtexten auch noch einen Kommentar zu elf der dreizehn Grundlagen durchlesen, verfaßt von Chefdenker/Gitarrist Narci Lara. Die Inspirationsquellen reichen dabei bis ins 11. Jahrhundert zurück, aber es sind auch zwei offensichtlich noch lebende Dichter dabei, und den in Mitteleuropa bekanntesten Namen trägt wohl Federico Garcia Lorca spazieren. Auf dem Bandfoto, das die Bookletrückseite ziert, sind also nicht zufällig zahlreiche aufgeschlagene Bücher abgebildet, und sähe man noch irgendwo ein Schachbrett, käme einem die alte Voivod-Forderung, man könne das Klischee "Sex & Drugs & Rock'n'Roll" doch durch "Chess & Books & Rock'n'Roll" ersetzen, in den Sinn. Daß Saurom bei einem solchen Background kein geradliniges 08/15-Metalalbum einspielen würden, war anzunehmen, aber sie sind auch nicht ins andere Extrem verfallen, haben also nicht mit allen gängigen Strukturen gebrochen, um nur ja fortschrittlich zu sein. Das Cover ließe noch eine Deutung in Richtung Gothic Metal zu, aber das Sextett zeigt sich dem traditionellen Metal südeuropäischer Prägung mit Keyboardunterstützung verbunden, hat dabei allerdings eine relativ rauhe Herangehensweise gewählt. Das wird einerseits im relativ zupackenden Sound der Rhythmusgitarren deutlich, die auch durch die Keyboards keine Verwässerung zulassen, zum anderen durch die Stimme von Miguel Ángel Franco, der eine rauhe, aber nicht unmelodische Diktion pflegt und ungefähr auf halber Strecke zwischen Hansi Kürsch und Chris Boltendahl anzusiedeln wäre. Hört man ihm länger zu, fragt man sich immer wieder, wie er diesen Spagat aus Rauhigkeit und Melodie hinbekommt, ohne daß es gestelzt oder gar angestrengt wirken würde - aber er schafft es über die komplette Spielzeit von einer reichlichen Stunde hinweg. Dabei flechten Saurom immer wieder geschickt Elemente anderer musikalischer Sparten in ihr Material ein. "En El Abismo" etwa spielt mit gelegentlichen Einflüssen aus dem Düsterrock und erinnert phasenweise an Tristanias "Angellore", bevor sich zum Ende hin eine große Hymne mit Flötenunterstützung entwickelt, die auch die Landsleute Mägo De Oz in ähnlicher Form inszenieren hätten können und die lediglich den Wunsch nach einer konsequenteren Ausbauvariante nach hinten offenläßt - die hier zu hörende Fassung blendet den Flötenmetalbombastpart einfach aus und hängt nur noch ein Klaviernachspiel an. Noch weiter in den Pop wagt sich "Romance De La Luna, Luna" vor, während die Sologitarre von Raúl Rueda hier an diversen Stellen derart schief agiert, daß man es beinahe als antikommerzielles Statement zu werten geneigt ist, um einer allzugroßen Zugänglichkeit einen Riegel vorzuschieben. Aber so konsequent am Zeitgeist vorbei musizieren Saurom nun auch wieder nicht, als daß man ihnen eine derartige Haltung andichten könnte. "El Monte De Las Ánimas" verfällt nach filmreifem Intro in ein Hauptthema, das auch mancherlei skandinavische Folkmetaller übernommen hätten, wendet sich in der Strophe dann aber klassischem Speed Metal zu und holt in der Bridge auch noch altehrwürdige "Ohoho"-Chöre hervor - und das sind noch nicht mal alle Zutaten dieses wohl vielschichtigsten und mit über neun Minuten auch längsten Songs der ganzen Platte. Treffend betitelt ist "Un Castillo De Versos Nostálgicos", denn hier haben wir einen Song vor uns, dessen Refrain und dessen Hauptsolo bei einem Blindfold-Test wohl jeder Metaller dem Schaffen von Blind Guardian zuordnen würde - das ist bei deren langjährigen Veröffentlichungspausen ja auch nichts Schlechtes, und den Stil der Krefelder so exakt zu kopieren muß man auch dann, wenn man schon einen ähnlich klingenden Sänger besitzt, erstmal hinbekommen. Der Rest des Materials ist wie erwähnt etwas eigenständiger und macht in jedem Fall Lust auf mehr, wenn man denn auf leicht angedüsterten und angerauhten Metal südeuropäischen Zuschnitts steht. Daß klanglich nichts anbrennt, dafür sorgte in letzter Instanz wieder mal Mika Jussila; den zwischen Song 5 und 8 gelegentlich leicht durchhängenden Spannungsbogen hat aber auch er nicht retten können - hier stehen zu viele angedüsterte Midtempotracks hintereinander (obwohl die einzeln betrachtet allesamt nicht schlecht sind - zu "Wallada La Omeya" findet sich auch noch ein Videoclip auf der CD), und erst im Verlaufe von "Zulema" wird das gewisse Gleichmaß wieder durchbrochen, wenngleich man sich an die dort eingeflochtenen kurzen Blastattacken samt mäßig wildem Gegrunze auch erst einhören muß. Und die für das mitteleuropäische Ohr ungewohnt schrägen Leadgitarren gibt es auch hier wieder - entweder das hat tatsächlich einen hörtraditionsbezogenen Hintergrund, oder Raúl Rueda hat ganz einfach gepfuscht. Angesichts der hohen Qualität des Gesamtmaterials fällt es schwer, an zweitgenannte Variante zu glauben, aber prinzipiell auszuschließen ist natürlich nichts und ein konzeptioneller Hintergrund auch nicht, vor allem dann nicht, wenn man wie der Rezensent der spanischen Sprache, in welcher sämtliche Lyrics gehalten sind, nicht mächtig ist. Deutliche Anklänge an spanische Folklore gibt es im von Akustikgitarre und Percussion dominierten Epilog "Sollozos Desde El Destierro", dessen Cantus zugleich an die maurischen kulturellen Traditionen Spaniens zu erinnern scheint. So liegt mit "Once Romances" ein ambitioniertes Metalalbum vor, das sich neben Freunden der beschriebenen Stilistik auch Anhänger der spanischen Dichtkunst ins Regal stellen sollten, wozu gut sortierte Mailorder wie www.karthagorecords.de Gelegenheiten bieten. Zwischenzeitlich hat die Band, die übrigens sogar einen deutschen Fanclub hat, mit "Maryam" schon den Nachfolger vorgelegt, der sich bisher aber noch nicht im Büro des Rezensenten eingefunden hat.
Kontakt: www.saurom.com

Tracklist:
Inspiración Espectral
Reina De La Oscuridad
El Laberinto De Los Secretos
Lejos Del Mar De Rosas
En El Abismo
Romance De La Luna, Luna
Wallada La Omeya
Zulema
Un Castillo De Versos Nostálgicos
Nada Es Eterno
El Monte De Las Ánimas
Más Allá De La Tierra Prometida
Sollozos Desde El Destierro
 




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