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SACRILEGE: Ashes To Ashes
von rls

SACRILEGE: Ashes To Ashes   (Karthago Records)

Drei Tonträger nahmen Sacrilege 1983 und 1984 auf - zwei kürzere Demos und eines in Albumlänge, das allerdings trotzdem keine offizielle Veröffentlichung über ein Label erfuhr. Bedingt durch ein paar strukturelle Unglücksfälle kam die Bandkarriere nicht von der Stelle, zumal es in der englischen Heimat der Band mittlerweile noch eine andere Band namens Sacrilege gab, die über ein Sublabel von Music For Nations auch letztlich drei Platten herausbrachte. Ergo sah Bill Beadle, Sänger, Gitarrist und Hauptsongwriter dieser Sacrilege hier, 1987 keine Zukunft mehr für seine Band und begann erst 2007, diverse alte Songs neu einzuspielen und auch neue zu schreiben, was in den seither vergangenen Jahren zu einer ganzen Reihe von Tonträgerveröffentlichungen führte. Anno 2015 standen derer gleich zwei auf dem Plan, und "Ashes To Ashes" ist die erste dieser zwei CDs, die sich bei genauerem Hinschauen bzw. -hören als Best Of entpuppt. Nun gab es zwei Jahre zuvor schon mal eine Best Of, die in diesem Falle auch als solche betitelt war, allerdings erstaunlich wenig Überschneidungen zu den 14 Tracks auf "Ashes To Ashes" aufweist, nämlich genau drei. Der Rezensent kennt jene Best Of nur aus der Theorie, besitzt auch keine sonstigen Sacrilege-Tonträger und kann das Material somit nicht auf den Faktor abklopfen, ob das "Best Of"-Prädikat tatsächlich gerechtfertigt wäre. Aber da viele dieser Scheiben quasi wieder nur als Eigenproduktion erschienen sind, wird es vielen Hörern ähnlich ergehen und somit erstmal die Frage zu beantworten sein, ob "Ashes To Ashes" unabhängig von einer Eingliederung ins Gesamtschaffen überzeugen kann.
Die Antwort ist ein klares Jein. Sacrilege spielen eine Art Epic Metal, und der ist in der vorliegenden Form mit 14 Songs in fast 79 Minuten schlicht und einfach zu eintönig, auch wenn sich etliche gute Songs bzw. Ideen finden. "Condemned" etwa überzeugt mit dem exzellenten zurückgenommenen Mittelteil, der beweist, daß Beadle durchaus ein Händchen für einfühlsam-entrücktes Musizieren besitzt, wird aber durch den gar zu typischen Midtempo-Rahmenteil etwas nach unten gezogen, denn diesen gibt es auf dieser CD in x-facher Ausfertigung und damit schlicht und einfach zu oft. Versucht Beadle aus dem einmal gefundenen und liebgewonnenen Schema auszubrechen, so gelingt auch das nicht immer in brillanter Form, vor allem dann nicht, wenn die Vorbilder überdeutlich durchscheinen: "Rock'n'Roll With The Devil" ist in seinem einleitenden Aufbau fast als Led-Zeppelin-Rip-Off anzusprechen, und auch Black Sabbath müssen in "Feeding On The Humans" ein Riff hergeben. Grundsätzliche Vergleiche bieten sich allerdings zu zwei anderen Bands an. Da wären zum einen Saracen, und von denen ist Karthago-Labelchef erklärter Anhänger, was das Auftauchen der ähnlich gepolten Sacrilege im Karthago-Stall erklären dürfte - allerdings war deren Ideenvielfalt zumindest im dem Rezensenten bekannten Teil ihres Schaffens deutlich größer, und außerdem hatten sie den besseren Sänger am Start: Bills Stimme klingt eher limitiert und hilflos, auch wenn sie in ihrer grobschlächtigen Mittellage zum Epic Metal Sacrileges gar nicht so schlecht paßt (was sie freilich nicht angenehmer hörbar macht). Noch deutlichere Parallelen glaubt man indes zu einer anderen Karthago-Band zu vernehmen: Gallows Pole. Aber auch hier gilt, daß Alois Martin Binder in puncto Ideenvielfalt die Nase ein Stück weit vorn hat und die Albumdramaturgie besser zu gestalten vermochte. Genau da kommen wir nämlich an den oben erwähnten Punkt: Es könnte durchaus sein, daß die diversen Alben dynamischer und abwechslungsreicher strukturiert sind, da eben fraglich ist, welche Songs nicht mit auf der Quasi-Best-Of gelandet sind. Hier jedenfalls setzt "Rulers And Destructors" den einzigen markanteren Tempopunkt, und der fällt aufgrund der kraftlosen Produktion noch nicht mal so sehr ins Gewicht, daß man ihn als größere Auflockerung wahrnehmen würde. Das ist überhaupt ein Grundproblem der Aufnahmen: Sie sind offensichtlich mehr oder weniger Homerecordings von Bill, zwar sauber produziert, aber völlig drucklos und zudem wahrscheinlich überwiegend mit einem Drumcomputer eingespielt und daher von unten her völlig steril anmutend oder aber bewußt so steril produziert, was dann freilich zum gewählten Musikstil in einem merkwürdigen Antagonismus stünde. Das ist schade, denn rein spieltechnisch erweisen sich Bill und seine wechselnden Zweitgitarristen als durchaus fit, und wie erwähnt kann sich der Chefdenker auch etliche interessante Songwritingideen gutschreiben lassen. Nur fehlte ihm über all die Zeit hin offenbar das Korrektiv einer festen Band - vielleicht hat er mittlerweile endlich mal eine stabile Besetzung beisammen, denn die Bookletrückseite weist eine 2015er Mannschaft aus, und es bleibt gespannt abzuwarten, ob in diesem Kontext wirklich Größeres entsteht als das bisher zu Hörende. Selbiges ist wie mehrfach erwähnt keinesfalls schlecht und in kleineren Dosen durchaus mit Wohlgefallen zu genießen, nur über die 79minütige Albumdistanz wirkt es auf die Dauer anstrengend. Es fällt auch äußerst schwer, konkrete Highlights herauszupicken. Der Refrain von "The Unknown Soldier" etwa gehört zu den prinzipiell guten, zwar simplen, aber doch funktionierenden Einfällen, nur wird er so oft wiederholt, daß er dem Hörer irgendwann ein gewisses Gefühl der Überdrüssigkeit einpflanzt. In gewissen Fällen wäre weniger eben doch mehr gewesen, in anderen dagegen mehr durchaus mehr, nämlich eine Information im (mit Liner Notes, Lyrics und aus unterschiedlichsten Ären stammenden Bandfotos sonst recht materialreichen) Booklet, welchen Alben die hier verewigten Fassungen entstammen, da diverse Songs mittlerweile auf mehreren Tonträgern vorliegen. "Ashes To Ashes" und "Gates To Hell" etwa wurden schon in den Achtzigern geschrieben, aber die hier zu hörenden Versionen dürften seit 2007 eingespielte Neufassungen sein, da das Klangbild nicht für eine 1983er oder 1984er Aufnahme spricht und vor allem der Gesang nicht - er ähnelt dem der anderen jüngeren Aufnahmen. Daß "Ashes To Ashes" vor allem im Refrain ein klein wenig an Candlemass erinnert, dürfte Zufall sein, denn als die Originalversion entstand, werkelte Leif Edling noch mit Nemesis herum - es sei denn, Bill hat die hier zu hörende Neueinspielung bewußt in die Candlemass-Richtung gelenkt. Der Song gehört jedenfalls insgesamt zu den besten hier, und sein Drumsound mutet auch viel weniger künstlich an als derjenige in diversen anderen Songs. Die unterschiedliche Quellenlage ergibt sich allerdings auch schon aus den Lautstärkeschwankungen beispielsweise am Übergang von "Ascension" zu "Help" - hier hätte man beim Zusammenstellen der Master-CD durchaus noch ein wenig Ausgleichsarbeit investieren können. So bleibt insgesamt ein zwiespältiger Eindruck - man freut sich über diesen Einblick ins Schaffen einer bisher wenig im Rampenlicht stehenden Band, wird aber das Gefühl nicht los, daß "Ashes To Ashes" nicht so das Gelbe vom Ei ist und man vielleicht eher den regulären Longplayer "six6six" abwarten solte, um einen Eindruck von der realen heutigen Leistungsfähigkeit Sacrileges zu bekommen.
Kontakt: www.karthagorecords.de

Tracklist:
The Traveller
The Dawn It Dies
Rock'n'Roll With The Devil
Condemned
The Ruler
Feeding On The Humans
The Fight Back
Rulers And Destructors
Ascension
Help
Ashes To Ashes
The Unknown Soldier
Gates Of Hell
Evolution
 




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