www.Crossover-agm.de RIVERA/BOMMA: I Am God
von rls

RIVERA/BOMMA: I Am God   (Mausoleum Records)

Die Herren Rivera (Rod, g) und Bomma (Johnny, voc) hatten am Anfang des neuen Jahrtausends mit ihrer "Invisible Force"-Debütplatte für die eine oder andere heruntergeklappte Kinnlade gesorgt, auch hier in der Redaktion bei Kollege Thorsten und beim Chefredakteur. Irgendwie verschwanden sie aber wieder in der Versenkung, auch ein stabiles Line-up bekamen sie nicht zusammen, und die Marktmacht der Griechen von Secret Port Records, wo das Album erschien, hielt sich auch in Grenzen. Das Geschehen wiederholte sich in fast identischer Weise beim Zweitling "I Am God", mit dem Unterschied, daß der sowohl Thorsten als auch dem Chefredakteur durch die Lappen ging, als er 2006 herauskam. Da seither kein weiteres Albumlebenszeichen vernommen wurde (das nächste mit dem Arbeitstitel "Angels & Demons" ist aber gerade im Einspielprozeß und soll im Sommer 2010 bei Retroactive Records herauskommen), bleibt er weiterhin das aktuelle Tonzeugnis der begnadeten Truppe und darf auch vier Jahre später, nachdem er endlich den Weg ins Büro des Chefredakteurs gefunden hat, noch rezensiert werden. Mit Mausoleum Records steht diesmal ein Label mit klangvollem Namen, aber auch nur begrenzter Marktmacht dahinter - die Belgier sind schon seit den frühen Achtzigern aktiv, aber zwischenzeitlich immer mal vom Pleitegeier gefressen worden. Zu befürchten ist, daß sich die Umsätze von "I Am God" wieder in überschaubaren Grenzen gehalten haben, denn die Scheibe ist wieder mal viel zu gut, um der breiten Masse an Durchschnittsmetallern zu gefallen. Dabei brächte sie eigentlich alle Voraussetzungen mit: starken epischen Metal, gegossen in hervorragende Songs, technische Brillanz gepaart mit viel Gefühl und dem originellen Hintergrund des aus Brasilien stammenden Gitarristen, der in den Soli immer wieder die Akustische einschaltet und von klassischer kreolischer Folklore beeinflußte Passagen einschiebt. Ein Übersong wie "Eclectic" vom Debüt findet sich auf "I Am God" allerdings nicht, dafür darf man sich über ein außerordentlich hohes Durchschnittsniveau freuen, das in den zehn Songs nach dem noch relativ unauffälligen Intro ausgebreitet wird. Das geht schon mit dem hochklassigen Titeltrack los, dessen Refrain "I Am God - Halleluyah!" man gern begeistert mitsingen darf, ohne deshalb egomanische Blasphemie zu betreiben - das christliche Bekenntnis der Band ist ähnlich stark und deutlich ausgeprägt wie zu Debützeiten. Dafür wurde die Grundhärte des Materials einen Deut erhöht, ohne deshalb aber Songs wie "Oh Girl" grundsätzlich in Frage zu stellen. Dabei handelt es sich nämlich trotz des flotten Grundbeats um entspannt-sanften Melodic Rock, den man am dem Rezensionsschreibetag folgenden Valentinstag problemlos im Normalformat-Radio spielen könnte, um all die Millionen da draußen sich gegenseitig umschlingen zu lassen, obwohl der Text in diesem Fall etwas anderes sagt (es geht um gefährdete und verlorene Liebe in irdischer Form - der einzige Text ohne expliziten religiösen Bezug). Das soll allerdings der einzige Song dieser Stilrichtung bleiben, auch wenn das Intro des folgenden "Riding High" noch eine entsprechende Möglichkeit andeutet, die von den Strophen dann auch partiell aufgegriffen wird. Selbiges Intro weist allerdings auch ein paar Parallelen zu Deep Purples "Highway Star" auf - und siehe da, die Gitarrensprache hat im Song tatsächlich einen gewissen Blackmore-Touch, und die härteren Parts werden dann auch prompt von einer Hammondorgel untemalt. Der Bediener derselben, Neil Rambaldi, ist kein festes Bandmitglied, obwohl er eine ganze Menge zum Album beigetragen, es auch mit produziert und auf der Dankesseite eine eigene Rubrik eingeräumt bekommen hat. Außerdem spielt er Baß im Fast-Instrumental "La Voz De Mi Guitarra", das, wie die Betitelung schon andeutet, die kreolischen Wurzeln des Gitarristen bloßlegt, im Vergleich mit "Invisible Force" allerdings sein Gegenstück nicht in "Eclectic", sondern in "Full Moon In Spain" findet. Dehnt man selbigen Vergleich auf das ganze Material aus, wirkt "I Am God" etwas "runder" als der in mehreren Sessions entstandene Vorgänger. Zwei Songs desselben wurden für das neue Album übrigens noch einmal eingespielt, nämlich das stampfende "Holy One" (das in der Neueinspielung ein wenig nach frühen Eterna oder auch nach Dio klingt, dafür nicht mehr ganz so sehr nach Zed Yago) und das ausladende Breitwandepos "Revelation/Midnight Sunlight", wobei "Midnight Sunlight" offensichtlich nur die Bezeichnung für das Gitarrenoutro darstellt und der Song generell ein wenig gestrafft wurde, da er keine neun Minuten mehr dauert, sondern nur noch knapp acht. Komme niemand und behaupte, die Neueinspielungen würden ausschließlich der Füllung des neuen Albums dienen - selbst ohne diese beiden Songs wäre "I Am God" auf 52 Minuten Spielzeit gekommen. Rivera und Bomma haben auch diesmal wieder viel mitzuteilen, was eine sehr hohe Durchschnittslänge der Songs ergibt - außer dem Intro erreichen nur zwei Songs nicht die Fünfminutengrenze, während sechs die Sechsminutenmarke nach oben durchbrechen. Nur an ganz wenigen Stellen beschleicht einen das Gefühl, eine geringfügige Straffung sei anzuraten gewesen, etwa im sehr breit ausgewalzten Schlußteil von "Oh Girl". Das bleibt dankenswerterweise auf geringfügige Ausnahmen beschränkt, und mit einem guten Händchen für Dramaturgie haben Rivera/Bomma den Speedie "Help" genau auf die Position (die achte) gesetzt, wo man sich wünscht, die Band könne jetzt aber mal wieder etwas aus sich herausgehen. Über die Qualitäten der Instrumentalisten (neben Rambaldi waren noch Bassist Taz Robles und Drummer Steven D. Riker behilflich) bedarf es keiner gesondert verlorener Worte, über Bommas Gesang auch nicht (hoch, kraftvoll, aber mit Gefühl - da kann man kaum was verbessern) und über Riveras brillante Gitarrenkünste schon gar nicht. Dabei spielt der Mann extrem songdienlich und geht nur an den Stellen etwas aus sich heraus, wo es die Umgebung angedeihlich erscheinen läßt oder gar erfordert, etwa im Solo von "Help" oder im erwähnten Beinahe-Instrumental "La Voz De Mi Guitarra", das auch ein Al di Meola nicht besser hinbekommen hätte. So liegt mit "I Am God" also ein weiteres Meisterwerk Rivera/Bommas vor, das in den Plattenschrank eines jeden Menschen gehört, der melodischen epischen Metal mag.
Kontakt: www.myspace.com/riverabomma, www.mausoleum-records.com

Tracklist:
I Am God (Intro)
I Am God
You Are My Child
He Died For You
Oh Girl
Riding High
Sing To Me
Help
Holy One
La Voz De Mi Guitarra
Revelation/Midnight Sunlight
 




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