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von rls

REMEMBRANCE: Fall, Obsidian Night   (Firebox)

In der Encyclopedia Metallum ist jemand auf die Idee gekommen, diese französischen Remembrance hier mit der Stilbezeichnung "Funeral Doom/Death Metal" zu versehen, während die gleichnamigen Finnen, die es allerdings nur auf ein Zwei-Song-Tape aus dem Jahr 1995 brachten, als "Progressive Doom/Death Metal" auftauchen. Gut, der Rezensent kennt die beiden ersten Alben der Franzosen nicht, aber das vorliegende dritte verdient das "Funeral"-Attribut jedenfalls nur bedingt. "Doom/Death Metal" ist natürlich unstrittig, aber Remembrance schielen eher in zwei andere Ausprägungen dieser Sparte. Am deutlichsten treten dabei die Parallelen zum frühen holländischen Doom/Death zutage, was nicht nur, aber natürlich besonders auf die Passagen zutrifft, in denen Carline Van Roos neben Keyboards und Baß auch noch Vocals beisteuert und sich mit ihrem Klargesang neben dem zumeist finsteren Gebrüll von Matthieu Sachs positioniert. Frühe The Gathering (zu "Always"-Zeiten) und mancherlei andere Holländer (wer erinnert sich beispielsweise noch an die Stilwandler Phlebotomized?) winken da mal von der Wolke, auf die sie sich ablebenderweise längst begeben haben (unabhängig davon, ob ihre Bands heute noch existieren, wie die jetzt völlig andere Gefilde beackernden The Gathering, oder längst auf dem Bandfriedhof begraben wurden, etwa Phlebotomized), und mancher, der in den Neunzigern seine musikalische Sozialisation mit solcherart heutzutage fast ausgestorbener Musik begleitet hat, wird dem französischen Trio dankbar für manch Deja-vu-Erlebnis sein. Als zweiter Faktor schimmert bisweilen der Einfluß der frühen britischen Doom/Death-Schule durch, besonders in der Harmonik der Gitarren, in der man ein ums andere Mal Passagen findet, welche die frühen My Dying Bride ähnlich arrangiert haben könnten, während das Akustikgitarrenintro von "Winter Tides" auch von den frühen Anathema hätte geschrieben werden können, was gleichermaßen auf die Leadgitarrenlinie dieses Songs zutrifft. Diese beiden Stilausprägungen verknüpfen Remembrance mit einigen auf Funeral Doom hindeutenden Passagen zu einem innerhalb des Doom/Death doch recht eigenständigen Gebräu - vielleicht fiele Kollege Tobias als dem redaktionsinternen Experten für diese Sorte Musik doch noch manche Vergleichsband ein, aber der Rezensent als nicht ganz so häufiger Hörer dieser Sparte hat spontan keine gespeichert. Als archetypisch für das kompositorische Schaffen Remembrances darf "Stone Mirrors", der zweite Track, angesehen werden, das in drei Hauptteile zerfällt, von denen der erste am weitesten an den Funeral Doom angelehnt ist, während im zweiten und dritten die Holländer und die Briten einflußtechnisch die Oberhand gewinnen. Der reinen Zuordnung ins Funeral-Genre widerspricht übrigens auch die Atmosphäre der Musik. Zwar bleibt das Tempo konsequent relativ weit unten, aber es wird durchaus variiert, Frauengesang und Keyboards bringen berückende Momente ins Spiel, und auch die Gitarrenharmonien geraten nicht immer nur zum Beerdigungssoundtrack, sondern sind hier und da durchaus mit dem Wort "schön" zu bezeichnen. Daß Carlines Stimme ein bißchen an die von Lola Marquinez von Elbereth und bisweilen auch ein wenig an die der frühen Anneke van Giersbergen erinnert, paßt da hervorragend ins Bild, wobei das Kuriosum auftritt, daß Anneke zu "Always"-Zeiten, also denen, die Parallelen zu Remembrances Schaffen hervorrufen, noch gar nicht bei The Gathering war und die Band auf ihrem Einstiegsalbum "Mandylion" schon gänzlich anders klang. Wer also schon immer mal wissen wollte, wie "Always" mit Anneke geklungen haben könnte, bekommt in einigen Remembrance-Passagen eine Andeutung geliefert, was er sich vorzustellen hat. Carline ist übrigens bei Remembrance auch für die Texte zuständig - in denen wiederum kommt wenig Hoffnungsvolles zum Tragen, auch die düstere Gestaltung des Digipacks läßt allenfalls in der dunklen Sepiafarbe Andeutungen der Hoffnung zu, die es in der Musik selbst ja in deutlich stärkerem Maße gibt. Die sieben Songs auf "Fall, Obsidian Night" zerfallen übrigens in zwei Blöcke, an vierter Stelle geteilt durch ein recht dunkelromantisches Instrumental namens "Our Memories Are Made Of Stones", wo in der letzten Spielminute dann doch noch Hintergrundgesang hinzutritt, dessen Text uns das stilecht mit Spätherbstmotiven gestaltete Booklet allerdings vorenthält. Die spätherbstliche Ausrichtung, die von den Songtiteln nicht unterstützt wird, spiegelt sich auch im Bandlogo wider, dessen zwei untergebaute Zweige eben doch noch zwei Blätter haben und noch nicht ganz kahl sind. Somit geraten die 51 Minuten Musik zu einem empfehlenswerten Album für Leute, die eben genau diese spätherbstliche Stimmung umgesetzt haben wollen und denen der reine Winter dann doch zu finster und kalt ausfällt.
Kontakt: www.remembrance-band.com, www.firebox.fi

Tracklist:
Ageless Fever
Stone Mirrors
The Omen
Our Memories Are Made Of Stones
Ice-Cold Conscience
Winter Tides
Obsidian
 




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