www.Crossover-agm.de RANDALE: Randale Rock'n'Roll
von rls

RANDALE: Randale Rock'n'Roll   (Newtone)

Keine Tiere diesmal? Okay, fast keine - aber auf jeden Fall keine an sonderlich prominenter Stelle. Statt dessen zeichnet sich eine andere Entwicklungslinie im Schaffen der Bielefelder Kinderrockband ab: Sie bringen in den jeweiligen Titeltracks der jugendlichen Zielgruppe schrittweise verschiedene Stile der modernen Musik nahe. Das war beim Hardrockhasen Harald so, bei den Hasentotenkopfpiraten dann mal nicht, aber dann gab's den Punkpanda Peter und jetzt wie erwähnt ohne tierische Anbindung den Rock'n'Roll der vier Randale-Männer, die sich im Text dann auch gleich vorstellen, was dem Sänger erspart, diese Aufgabe irgendwann sonst im Gig erfüllen zu müssen. Der besagte Titeltrack bietet (natürlich) Midtempo-Rock'n'Roll mit ganz leichter Reggae-Schlagseite und dürfte zum Liveklassiker avancieren - ein Prädikat, das auch auf diverse andere der insgesamt 14 Songs des neuen Randale-Werks zutreffen könnte, wenngleich nicht auf alle. Das hat keineswegs zwingend qualitative Gründe, wie gleich an zweiter Position "Kinderzimmer-Punk" unter Beweis stellt, der ohne das Gequieke von Sarah Bokermann und Anja Kadatz im Refrain nur halb so schön wäre - aber Randale werden die beiden Sängerinnen sicherlich nicht bei allen Gigs dabeihaben, denn dazu ist deren strukturelle Unverzichtbarkeit insgesamt doch nicht ubiquitär genug. Der fluffig-flotte Poprock von "Sonntag" stammt gedanklich offenbar noch aus Zeiten der Sechstagewoche, dürfte aber live ebenfalls gut zünden, wohingegen "Monster" (das in der Tracklist auf dem Backcover übrigens mit "Brille" vertauscht ist - untenstehende Liste ist die korrekte) wieder einen gewissen Effekteinsatz bedingen würde, um seine volle Livewirkung zu entfalten. Interessanterweise stellt sich Texter Jochen Vahle hier gegen die komplette Metalszene, indem er postuliert, daß Monster bevorzugt Reggae hören (weshalb der Song auch ebensolchen bietet), was der halben Metalwelt die Argumentationsbasis entzieht. Besagtes "Brille" beginnt ebenfalls leicht reggaelastig, mutiert dann aber zum flotten Punkrock und behandelt textlich das Phänomen, daß Kinder medizinisch notwendige Brillen ablehnen - eine Situation, die schnell wechselt, denn es gibt auch Generationen, die sich geradezu darum reißen, Brillen zu tragen, weil bestimmte Menschen, die als cool gelten, das auch tun. "Omma und Oppa" gehören allerdings nicht dazu - sie sind zwar auch cool, tragen aber Motorradbrillen, denn sie sind Biker, und so gehört ihnen der zweithärteste Song des Albums, der knochentrockenen Bikerrock beinhaltet (Dieter Kropp steuert ein kurzes, durchaus noch ausbaubar gewesenes Mundharmonikasolo bei). Bei "Mach die Augen zu" handelt es sich natürlich nicht um ein Ärzte-Cover, denn dessen Thematik wäre zumindest für die jüngere Hälfte des Randale-Fankreises doch noch etwas, ähem, fremdartig - statt dessen haben wir hier verträumten Akustikrock vor uns, der natürlich auch Träume behandelt. Ein Traumberuf für viele Kinder war und ist Kosmonaut bzw. Astronaut, und um ebensolche geht es im nächsten Song, "Rakete" betitelt. Hier schielen Randale in den Progrock hinüber, arbeiten mit zahlreichen Effekten, ausgedehnten Soli und Spaceelementen und machen den Song damit zu einem derjenigen aus ihrem Schaffen, der für einen Teil der Zielgruppe noch zu komplex sein dürfte, aber den erwachsenen Teil der Fanschar begeistern wird und zudem einen großen hymnischen Refrain beinhaltet. Das Outro postuliert dann noch, das sei ein kleiner Schritt für Randale, aber ein großer für die Menschheit - der Rezensent hat nicht alle Randale-CDs im Schrank und hat auch die dort befindlichen nicht alle nochmal eingeworfen, aber "Rakete" könnte tatsächlich der erste Randale-Song sein, der länger als fünf Minuten dauert. Wem das zu hoch ist, der darf sich über "Sommer" freuen - münsterländischer Californiapunk, der automatisch die Sonne aufgehen läßt. "Bärenstark", der Titeltrack des Selbstbehauptungsprogramms der Sportjugend Bielefeld für Kinder, wiederum verschleppt das Tempo gekonnt, Garrelt Riepelmeier legt eine Extraportion Wucht in sein Drumming und verleiht diesem Song dadurch die titelgebenden Bärenkräfte, die ihn zum härtesten Beitrag des Albums machen, auch wenn trotz des entsprechenden Tierparadoxons der Hardrockhase Harald trotzdem der Stärkere bleibt. Bis hierher ist auch "Randale Rock'n'Roll" durchaus als bärenstark anzusprechen (auch wenn nicht jeder Song als Volltreffer zu werten und etwa "Brille" etwas beliebig ausgefallen ist), aber die auf Randale-Alben nicht ungewöhnliche Schwächeperiode fehlt auch auf dem neuen Werk nicht: "Käpt'n Wurstsalat" wirkt eher pseudowitzig, auch wenn der countrylastige Touch durchaus Charme besitzt, "Fernweh" bringt weder Sehnsucht noch Melancholie richtig auf den Punkt, und "Immer wenn ich traurig bin" (natürlich abermals keine Coverversion - Heinz Erhardts Problemlösung "trink ich einen Korn" muß man der jugendlichen Zielgruppe nicht unter die Nase reiben) mit seinem merkwürdigen Loungejazz bietet zwar textlich interessante Lösungen gegen Traurigkeit, torpediert diese aber durch seine merkwürdig indifferente Struktur des Refrains. Als Bonustrack hängt noch "Hört ihr wie die Trommeln singen?" an (keine Ahnung, welche Editionen ohne ihn auskommen müssen), eine eher instrumentenpädagogische Nummer, die nur von Sänger Vahle und - logischerweise - Drummer Riepelmeier gestaltet wird und von der auf dem Folgealbum durchaus eine Fortsetzung für Saiteninstrumente zu erwarten sein könnte. Somit läßt sich das Fazit von "Punkpanda Peter" in ähnlicher Form wiederholen: Die 51 Minuten von "Randale Rock'n'Roll" werden kaum einen Anhänger enttäuschen und sind deshalb abermals hochgradig erwerbenswert, aber dem Einsteiger sei nach wie vor "Der Hardrockhase Harald" ans Herz gelegt.
Kontakt: www.randale-musik.de, www.newtone.de

Tracklist:
Randale Rock'n'Roll
Kinderzimmer-Punk
Sonntag
Monster
Brille
Omma und Oppa
Mach die Augen zu
Rakete
Sommer
Bärenstark
Käpt'n Wurstsalat
Fernweh
Immer wenn ich traurig bin
Hört ihr wie die Trommeln singen



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