(Eigenproduktion)

Pure Reason Revolution sind eine einzigartige Band: Keine Gruppe zuvor tönt ähnlich und keine danach wird es schaffen, den Klangkosmos dieser vier Tüftler nachzuahmen. Zu komplex ist schlichtweg das Konglomerat aus Progressivrock mit dreistimmigem Gesang (gerne auch mal durcheinander aber faszinierenderweise immer stimmig) und reingemischten Electronica-Elementen, die gerne auch mal in den Dancefloor- oder gar Trance-Sound abbiegen. Drei CDs gaben uns die Pioniere aus Reading bisher, die - kurzes Resumee - beim Schreiberling unterschiedlich ankamen: Das Debut für mich eine einzige Offenbarung, der Zweitling verwirrte ein wenig mit einem allzu drastischen Kurswechsel und das dritte Album war ein Hybrid aus den beiden zuvor, wobei eine Schlagseite gen Chemical Brothers oder The Prodigy konstatiert werden kann. Die vorliegende DVD wird ausschließlich über die Bandhomepage vertickt, somit waren auch keine Besprechungen in Deutschland zu finden, da das Teil eben nicht bemustert wurde. Dass wir freundlicherweise ein Exemplar erhielten (erinnerte sich jemand im Bandcamp an unser Interview?), freut mich sehr, denn die Band hat sicher eine kleine Anhängerschaft, ist aber weit entfernt vom Massenerfolg und dankt demzufolge auch hier gleich den 600, die letzten Dezember vor Ort waren, und vor allem (namentlich) auf der Innenseite der DVD denen, die am Konzerttag 09.12.2010 gleich bestellten und bezahlten, somit diese Veröffentlichung erst ermöglichten (das bekannte Marillion-Modell, von Spock's Beard bei der letzten CD übernommen). "Live At Scala" ist fast schon als Showcase für das Album "Hammer And Anvil" zu bezeichnen, denn gleich 6 der 10 Songs des aktuellen Albums werden dargeboten. Die vier Musiker sind verkabelt, die Frontleute bedienen mindestens zwei Instrumente und Mastermind Jon Courtney vor seinen Keyboards stehend, die Gitarre umhängen habend und stets mit dem Blick zum Mikro. Mit den Füßen ruft er vermutlich noch 'n paar Effekte gleichzeitig ab, würde mich nicht wundern. In der Mitte Chloe Alper hinterm Mikro, den Bass umgehängt, auch vor ihr ein kleines Keyboard/Effektgerät und ab und an bückt sie sich und schraubt noch an irgendwas rum. Gitarrist Jamie Wilcox auf der rechten Bühnenseite auch für die hohen Harmoniegesänge zuständig und hinten Drummer Paul Glover, der das ganze ausufernde Szenarium zusammenhält. Die Bühne ist nicht besonders groß und ohne viel Brimborium startet die Band mit dem Stück "Blitzkrieg" in ihr Konzert. Gut aufeinander eingespielt sind die vier jedenfalls, jeder weiß immer genau, was zu tun ist. Leider stört einmal mehr der übermäßige Einsatz des Stroboskops und schmälert den Genuß, sich diese Aufführung anzusehen. Aber offensichtlich ist dies gewollt, wenn schon mitunter technoide Klänge herangezogen werden und eine Disco-Club-Atmosphäre auch live kreiert werden soll. Highlights des regulären Sets sind für mich die beiden Songs vom zweiten Album "Amor Vincit Omnia", also "Deus Ex Machina" und das geniale "AVO". Bei "Fight Fire" kommt Tom Bellamy (ex-The Cooper Temple Clause und Mitwirkender am 3. PRR-Album) als zusätzlicher Gitarrist auf die Bühne, schrubbt aber nur mit einem Bogen auf der Klampfe rum. Vor der Zugabe kündigt Chloe einige Oldies zur Weihnachtszeit an und es kommen drei "alte" Songs aus der Zeit des 1. Albums, darunter das wunderbare "Bright Ambassadors Of Morning". Leider auch im letzten Stück "The Intentention Craft" wieder übermäßig viel Stroboskop, was mir komplett die Lust nimmt, die DVD ein zweiten Mal anzusehen! Das ist sehr schade, denn ich mag die Band sehr und schätze sie als Pioniere, auch wenn ich nicht alles gutheiße, was sie herausbringen. Bonusmaterial? Die Frage verbietet sich wohl bei einer Band, bei der "Thank you" das höchste der Gefühle an Interaktion mit dem Publikum ist. Die werden sich wohl kaum bei irgendwelchen Mätzchen filmen lassen wie so viele andere Bands. Diese bewusste Verweigerungshaltung, alleine die Musik sprechen zu lassen, finde ich schon wieder gut. Fazit: Eine gelungene Independent-DVD der Band selbst ohne Plattenfirma, wobei es leider beim Gig zuviel blitzt, was die Freude minimiert. Und auf Englisch, damit's drüben auch verstanden wird: A cool self-release oft the band, unfortunately the inflationary use of the stroboscope reduces the joy of watching this DVD.
Kontakt: http://www.myspace.com/purereasonrevolution

Tracklist:
Blitzkrieg
Black Mourning
Valour
Deus Ex Machina
Last Man, Last Round
Patriarch
Fight Fire
AVO
Encore:
Bullitts Dominae
Bright Ambassadors Of Morning
The Intention Craft
 

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