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von ta

PAIN OF SALVATION: Remedy Lane Re:visited   (Inside Out Music)

"Remedy Lane", das dritte Album von Pain Of Salvation, erschienen im Jahr 2002, ist ein Meisterwerk und eins der drei besten Prog-Metal-Alben aller Zeiten. Punkt. Wer auch nur im Entferntesten etwas mit Prog Metal anfangen kann, kommt an diesem Album nicht vorbei. "Remedy Lane" gelingt, was nur die ganz Großen dieses Genres schaffen, und spielt sich in dieser Hinsicht in einer Liga mit den Gottheiten Psychotic Waltz und Fates Warning ab: Das Album bietet vollendeten Ganzkörperprog. "Remedy Lane" spricht den Geist an, ist vertrackt, verspielt, vielschichtig. Jeder Hördurchlauf offenbart neue Details, Arrangements und Spieltechnik sind superinteressant, der Stimmumfang und die Myriaden an Stimmfacetten von Daniel Gildenlöw atemberaubend.
Gleichzeitig steckt "Remedy Lane" voller Seele. Düsternis und Melancholie liegen wie ein Schleier über dem Albumgerüst und bilden einen emotionalen roten Faden, egal ob im forschen oder balladesken Bereich. Das schafft einem einen sofortigen Zugang, Technik und Prog hin oder her.
Und die Texte! Die Texte!! "Remedy Lane" erzählt in losen und chronologisch ungeordneten Kapiteln die Beziehungsgeschichte ihres Protagonisten, der - so sagt Texter Gildenlöw selbst es - identisch mit ihrem Autor ist. Und es ist eine Geschichte, die von der Schönheit ("This Heart Of Mine") in den Abgrund führt, an dessen tiefster Stelle die Erfahrung steht, seinen Partner an der Decke aufgeknüpft zu finden ("Rope Ends"). "A Trace Of Blood" beschreibt eine Fehlgeburt und ist eins der ganz, ganz, ganz wenigen Musikstücke dieser Welt, die mir Tränen in die Augen treiben.
Alles in allem: Besser wurde es bei P.O.S. - trotz weiterer hochkarätiger Alben wie "BE" - nicht. Und besser geht es in dem Bereich auch nicht. Weshalb ich der Zweitverwertung dieses Albums, wie viele P.O.S.-Fans, gleich kritisch gegenüberstand. Und nach wie vor stehe. "Remedy Lane Re:visited" ist eine Doppel-CD. CD 1 enthält das Album in einem Remix von Jens Bogren, CD 2 als Live-Album.
Der Remix ist ja erstmal schon deshalb komisch, weil m.W. absolut niemand außer Bogren und Gildenlöw irgendwas an der ursprünglichen Produktion des Album auszusetzen hat. Aber sei's drum. Im neuen Mix sind einige Spuren vordergründiger, die vorher im Hintergrund abliefen - bestimmte Bassläufe, Zweitstimmen beim Gesang etc. Am augen- bzw. ohrenfälligsten ist sicher, dass die Gitarren mehr Präsenz, Biss und Helligkeit haben. Die Promo zum Album verkauft einem das alles als "Wall Of Sound". Ich mag es nicht. Das liegt ganz subjektiv daran, dass nach gefühlten drei Millionen Hördurchläufen des Originals der Sound des Originals für mich zu den Songs einfach dazugehört. Was ja verschmerzbar ist, denn der Remix richtet sich sicher primär an Personen, die das Original nicht besitzen. Aber vom nur Subjektiven abgesehen hat die ursprüngliche Produktion mit ihrem leichten Schleier die Düsternis der Tracks in meinem Empfinden besser unterstützt als die transparente neue. Ich habe keine Befragung durchgeführt, würde aber wetten, dass auch unabhängige Hörer im Vergleich "Remedy Lane" im Original vom Feeling her düsterer als "Remedy Lane Re:mixed" finden würden - obwohl sich an den Songs selbst ja kein Jota geändert hat. Wenn ich eine Fassung empfehlen müsste, wäre es also immer noch das Original.
Das Livealbum wurde auf dem Power Prog USA Festival im Jahr 2014 aufgenommen und bietet "Remedy Lane" am Stück gespielt und mit nur minimal korrigierter Stückabfolge (das instrumentale Interlude und gleichzeitige Titellied "Remedy Lane" ist in die Intro-Position gerutscht). Auch dieses Album ist natürlich kein Ersatz für das Original, macht mir aber mehr Spaß, weil die Abweichungen in der Live-Version tolerierbarer sind. Obgleich von der Besetzung des Ursprungsalbums nur noch Gildenlöw dabei ist, ist die Band fantastisch eingespielt. Die Stücke sind etwas abgespeckter, was ihre Spuren betrifft, wirken dadurch rockiger und entspannter, auf jeden Fall weniger intensiv. Insbesondere der Gesang ist viel weniger betroffen, wozu sicher der zeitliche Abstand zu den beschriebenen Ereignissen seinen Teil beiträgt. Manche Passagen, z.B. der Refrain von "Waking Every God", wirken richtiggehend teilnahmslos. Diese Entspanntheit ist die Brücke zu neuen P.O.S. wie "Road Salt Two", denen ja auch jegliche Dramatik abgeht. Das Mikro teilt sich Gildenlöw übrigens mit Neuzugang Ragnar Zolberg, der diverse der hohen Passagen übernimmt und dessen Stimmfarbe weicher als das etwas kratzige Timbre von Gildenlöw ist. Gildenlöw selbst hat einen kürzeren Atem, aber erstens ist er ja inzwischen auch 14 Jahre älter und zweitens ist das gesangliche Grundniveau dennoch irre hoch.
Mein Resümee? "Remedy Lane Re:visited" ist kein Pflichtprogramm. Es enthält ein streitbares Remixalbum, das als Korrektur gemeint ist und daran m.E. scheitert, und ein Live-Album, das man durchwinken kann, weil es ja nicht als Korrektur, sondern nur als andere Perspektive angelegt ist. Gegen das Original können beide nicht anstinken.
Kontakt: www.painofsalvation.com, www.insideoutmusic.com

Tracklist:
CD 1, Re:mixed
1. Of Two Beginnings
2. Ending Theme
3. Fandango
4. A Trace Of Blood
5. This Heart Of Mine (I Pledge)
6. Undertow
7. Rope Ends
8. Chain Sling
9. Dryad Of The Woods
10. Remedy Lane
11. Waking Every God
12. Second Love
13. Beyond The Pale

CD 2, Re:lived
1. Remedy Lane
2. Of Two Beginnings
3. Ending Theme
4. Fandango
5. A Trace Of Blood
6. This Heart Of Mine (I Pledge)
7. Undertow
8. Rope Ends
9. Chain Sling
10. Dryad Of The Woods
11. Waking Every God
12. Second Love
13. Beyond The Pale
 




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