www.Crossover-agm.de OSSIAN: Küldetés
von rls

OSSIAN: Küldetés   (Hammer Records)

Langsam werden einem die Ungarn Ossian wirklich unheimlich. Seit der 1998er Reunion in fast jedem Jahr ein neues Studioalbum (außer 2006 - aber da gab's dafür eine Best Of und ein Livealbum), und auch das 2008er "Küldetés" gerät wieder wie schon etliche seiner Vorgänger (nennen wir sie beim Namen: das 2004er "Tüzkeresztség" und das 2005er "A Szabadság Fantomja" - das 2007er Studioalbum besitzt der Rezensent bisher aber nicht) zu einem Meisterwerk seiner Sparte. Direktvergleiche mit dem Vorgänger kann der Rezensent wie erwähnt noch nicht ziehen, aber generell hat "Küldetés" mehr mit "Tüzkeresztség" als mit "A Szabadság Fantomja" gemeinsam, wenngleich der typische melodische Power Metal-Grundsound Ossians auf allen Alben deutlich erkennbar ist. Aber die teils recht harte und schnelle Linie von "A Szabadság Fantomja" setzen Ossian auf dem 2008er Album nicht fort, wenngleich sich auch hier Songs finden, die für Ossian-Verhältnisse vergleichsweise schnell ausgefallen sind, etwa "Új Aranykor", einer der kleinen Klassiker dieses Albums, der beweist, wie hochgradig freudeerregend konsequenter Traditionsmetal heute noch sein kann, ohne daß man die große True-Keule schwenken muß: einprägsame, aber nicht zu flache Gitarrenmelodie mit einigen Drumbeats als recht ausgedehntes Intro, dann in dem Moment, als man sich fragt, wann es nun endlich richtig losgeht, der Speedausbruch, trotz der Geschwindigkeit stets nachvollziehbar bleibende melodische Gitarrenarbeit, ein kurzes, aber wirkungsvolles Hauptsolo inmitten der hübschen Refraingestaltung - fertig! Nur eine Sache fällt auf: Ossian, noch nie die großen Epiker, haben die Arrangements diesmal noch stärker gestrafft, was vor allem an den Songenden auffällt, die bisweilen noch die eine oder andere Wendung mehr vertragen hätten, hier aber mitunter (so eben in "Új Aranykor", in "Az Életvonal" oder ganz besonders in "Az Ördögök Mennyországa") fast ein wenig zu abgehackt wirken. Aber dieses kleine Problem (das dazu führt, daß "Küldetés" mit 12 Songs plus Intro nur die selbst für Ossian-Verhältnisse eher knappe Spielzeit von nicht mal einer Dreiviertelstunde erreicht, was also etwa dreieinhalb Minuten pro Song ergibt - für skandinavischen Rotzrock wäre das schon überdurchschnittlich, für traditionellen Metal liegt es sehr niedrig) mindert den prinzipiellen Hörgenuß keineswegs, zumal Ossian ihr goldenes Händchen auf der Arrangementspielwiese ein ums andere Mal unter Beweis stellen - man höre nur mal den geschickten Einbau der Akustikgitarren im Refrain von "Mondd Ki!", der eigentlich alles andere als kompliziert, aber eben wirkungsvoll ist. Im Refrain von "A Köszikla" taucht hintergründig ein schicksalhaft klingender tiefer männerchorartiger Effekt auf, der diesen Songteil auch für den Running-Wild-Baukasten qualifizieren würde, während der Rest des eher gemäßigt daherklabauternden Songs eher weniger an die Elbpiraten erinnert. Auch im Balladensektor machen sie nach wie vor eine gute Figur, wenngleich "Asszony Feketében" nicht ganz an die Großtaten der beiden erwähnten Alben heranreicht. Und auf die Qualitäten der Einzelmusiker einzugehen erübrigt sich eigentlich auch - aber da das hier in Deutschland sonst kaum einer mitbekommt, sei das Loblied hier doch mal wieder angestimmt: Endre Paksi wird nicht jünger, aber er singt nach wie vor auf einem Level, von dem zahlreiche Altersgenossen der westlichen Welt nur träumen können, wobei er sich geschickterweise von Extremen jeglicher Art von vornherein fernhält. Dazu kommt mit Richard Rubcsics und Attila Weber eines der wohl besten Gitarristenduos im heutigen Power Metal, und von deren Melodiegefühl im Riffing wie im Solieren kann sich fast jeder Konkurrent eine große Scheibe abschneiden. Die Rhythmusgruppe aus Bassist Krisztián Erdélyi und Drummer Péter Hornyák setzt keine eigenen Akzente, aber sie erledigt einen tadelsfreien Job, wobei Hornyáks Drumming von der Intensität her das Energielevel von "A Szabadság Fantomja" wie beschrieben nicht ganz erreicht und diesbezüglich eher auf der Linie von "Tüzkeresztség" wandelt, im Gegensatz zu dort diesmal allerdings wesentlich natürlicher in soundliche Szene gesetzt wurde, so daß der damals ganz leicht störende steril wirkende Einschlag restlos verschwunden ist. Und wie halten es Ossian mit ihrer "Regel", den besten Song des jeweiligen Albums zum Titeltrack zu küren? Zunächst fällt auf, daß "A Küldetés" nicht an gewohnter Titeltrackposition gleich hinter dem Intro steht, sondern erst unter Tracknummer 10 - nach dem Hören weiß man auch, warum, denn Ossian haben diesmal den einen auf sanften Melodic Rock herunterschaltenden Song (einen solchen haben sie bisher immer in Einzelanfertigung auf ihren Alben untergebracht) zum Titeltrack erkoren. Die Gründe für die Wahl bleiben für den Rezensenten im Dunkel, aber das kann auch egal sein - der Song ist diesmal zwar nicht der absolut herausstechende qualitative Gipfel, denn einen solchen gibt es diesmal nicht, aber er macht es sich auf alle Fälle gemeinsam mit beispielsweise "Új Aranykor", der erneut sehr gelungenen Akustik-Elektrik-Kombination "Jó Idöben, Jó Helyen" (was für ein Solo!), dem finalen Speedkracher "Útközben" oder dem bereits erwähnten "A Köszikla" auf dem diesmal geräumigen Gipfelplateau gemütlich. Wie Ossian bei diesem dauernden Qualitätsausstoß ihre Livesetlisten zusammenstellen wollen, ohne reihenweise Klassiker außen vor lassen zu müssen, kommt dem Rezensenten zwar mit jedem dieser Alben spanischer vor, aber das ist in diesem Falle ein echtes Luxusproblem. Zwar enthält "Küldetés" keine absolute Mitsinghymne wie den zweiten Teil des Titeltracks von "Tüzkeresztség", und auch die umwerfende Power von "A Szabadság Fantomja" wurde wie beschrieben nicht ganz reproduziert, aber trotzdem ist auch "Küldetés" wieder ein meisterhaftes Werk aus der ungarischen Metalschmiede und gehört in jede vernünftige Power-Metal-Sammlung - zuschanzen lassen kann man sich die Scheibe (und diverse andere hierzulande kaum bekannte Klassiker des ungarischen Metal) beispielsweise via www.karthagorecords.de
Kontakt: www.ossian.hu, http://shop.metalindex.hu

Tracklist:
Ébredés (Intro)
A Számüzött Visszatér
A Véletlen
Új Aranykor
Asszony Feketében
Mondd Ki!
A Köszikla
Az Ördögök Mennyországa
Az Életvonal
A Küldetés
A Nagybetüs Szavak
Jó Idöben, Jó Helyen
Útközben
 




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