www.Crossover-agm.de MÜNCHENER FREIHEIT: Schwerelos
von rls

MÜNCHENER FREIHEIT: Schwerelos   (Freiheit Records)

Nachdem mittlerweile wohl auch der letzte Nostalgiker eingesehen haben wird, daß mit einer Rückkehr Stefan Zauners ans Mikrofon der Münchener Freiheit nicht zu rechnen sein dürfte, legt die um Jörg-Tim Wilhelm ergänzte Formation nun das zweite Album der Post-Zauner-Ära vor - und, um es vorwegzunehmen, sie segelt den Kurs von "Mehr" konsequent weiter, auch wenn diesmal wieder ein paar externe Co-Songwriter eingebunden worden sind, deren konkreter Anteil an den zehn neuen Kompositionen allerdings kaum exakt beziffert werden kann. Interessanterweise gibt es solche nur in den Werken von Michael Kunzi, Wilhelm und in einem Fall Alex Grünwald, während Aron Strobel seine beiden Beiträge komplett in Eigenregie erstellt hat. Einen davon kennt der geneigte Anhänger schon: "So wie Du" ist bereits vor etlichen Monaten vorab als Digitalsingle veröffentlicht und auch live gespielt worden. Als Nichtkenner der Single kann der Rezensent nicht sagen, ob die Single- und die Albumversion identisch sind - letztgenannte repliziert allerdings einen Schreck, den man beim "XVII"-Album schon einmal erlebt hatte: Das damals schon vorab live erprobte "Ich will dich nie wieder verliern" stand in einer überproduziert-sterilen Variante auf dem Tonträger. Ganz so kraß ist's bei "So wie Du" nicht, aber auch hier wurde nicht zuletzt Rennie Hatzkes Drumming so klinisch angelegt, daß ein unangenehm kühl-distanzierter Eindruck entsteht, der gerade bei dieser Nummer kaum zu überzeugen vermag. Zum Glück ist dieser Problemfall in den anderen neun Songs etwas schwächer ausgeprägt, selbst wenn sich der rocksozialisierte Hörer auch dort mit der einen oder anderen Entscheidung der Kreativfraktion nur bedingt einverstanden zeigen wird. Etwas mehr Zug entwickelt in der Studioversion neben "Deine Zeit" eigentlich nur der eröffnende Titeltrack, und selbst der reicht in dieser Hinsicht nicht an "Meergefühl" heran, während man bei anderen Songs wie "Wenn du mich berührst", dem im Refrain mit einem locker swingenden Rhythmus ausgestatteten "Herz" oder dem mit einem vergleichsweise druckvollen Riff unterlegten "Ich liebe das Leben" das Gefühl hat, daß sie live deutlich mehr Potential entfalten könnten. Daß Strobel in "Wenn du mich berührst" eine Zeile aus Rammsteins "Engel" adaptiert hat (nicht textlich, aber von der musikalischen Struktur her), dürfte purer Zufall sein, während dem Rezensenten noch nicht eingefallen ist, an wen ihn Grünwalds Bombasttürme in der Einleitung von "Zweitausendzehn" erinnern, die leider etwas verloren in der Landschaft herumstehen und nicht so richtig zum Rest des Songs passen wollen, auch wenn sie in abgeschwächter Form noch einmal hinter den Refrain gelegt werden. Generell fällt ein Hang zu äußerst knapper Inszenierung auf - die 10 Songs bringen es gerade mal auf 35 Minuten, was also einem Dreieinhalbminutenschnitt entspricht und, da keine ganz kurzen Stücke oder gar Interludien bzw. Intros enthalten sind, zur Folge hat, daß es auch keine epischeren Songs gibt, die ja nicht selten gerade zu den stärksten des Bandschaffens zählten. Auch die bandtypischen Chorarrangements sind weitgehend verschwunden, nur in "Was ist Freiheit" tauchen sie sehr hintergründig noch auf, während etwa "Deine Zeit" eine andere Form des Backinggesangs einführt, an die man sich im Bandkontext erst gewöhnen muß. Daß das Intro dieses Songs "Katrin" reminisziert, wird möglicherweise kein Zufall sein - und auch nicht der Fakt, daß dieser die Keyboards zumindest etwas voluminöser und markanter in Szene setzende Song der andere ist, an dem Grünwald mitkomponiert hat. Irgendwie bleibt das Gefühl beim Hörer zurück, daß die Band das "Mehr"-Motto des Vorgängers, das sie schon damals nur bedingt umgesetzt und partiell gar selbst unterlaufen hatte, diesmal gedanklich ins Gegenteil verkehrt hat. Natürlich kommt dabei immer noch guter Poprock raus, und einige Ideen haben durchaus Potential für mehr - aber das Bedürfnis, die kurze Spielzeit gleich mit einem weiteren Durchlauf auszugleichen, will sich irgendwie nicht einstellen, auch nicht bei der abschließenden Hymne "Wir sehen uns wieder", denn gerade die hätte viel mehr Epik nicht nur vertragen, sondern geradezu gebraucht. Wie geschrieben wird man das Gefühl nicht los, daß etliche der Songs live besser funktionieren werden als in den Studioversionen, und bei "So bist Du" weiß man das ja auch schon, wenn man einen der letzten Gigs gesehen hat - insofern darf man gespannt auf die Tour zum Album blicken, während zumindest der Rezensent dieser Tonkonserve (die übrigens ohne Bandmitgliederfoto auf dem Cover auskommt - die Band geht offenbar davon aus, daß eine explizite Betonung der aktuellen Zauner-losen Besetzung nicht mehr nötig ist) mit etwas ambivalenter Haltung gegenübersteht.
Kontakt: www.muenchenerfreiheit.de

Tracklist:
Schwerelos
So wie Du
Zweitausendzehn
Ein neuer Tag
Wenn du mich berührst
Ich liebe das Leben
Was ist Freiheit
Deine Zeit
Herz
Wir sehen uns wieder
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver