www.Crossover-agm.de MORTIFICATION: Erasing The Goblin
von ta

MORTIFICATION: Erasing The Goblin   (MCM Music)

Zugegeben, das Treiben im Mortification-Lager habe ich nach dem 2001er Album "The Silver Cord Is Severed" nur noch peripher mitverfolgt, nachdem aber Infos aus zweiter Hand mir verraten, dass die Band bereits mit den letzten beiden Alben "Relentless" und "Brain Cleaner" wieder ein paar Schritte zurück ins Traditionelle/Thrashige getan hat ("The Silver Cord ..." war ja ein eher groovig-modernes Album), kann ich bestätigen, dass diese Richtung auch auf dem neusten Machwerk "Erasing The Goblin" beibehalten wird. "Erasing The Goblin" vereint einen ganzen Berg wichtiger Mortification-Merkmale: Den unverkennbaren, keuchenden Brüllgesang von Steve Rowe (inklusiver einiger kranker Schreie und Grunzer), das eigenständige Riffing irgendwo zwischen Thrash, Death und Punk - sowie endlich mal wieder eine ganze Kelle Tempo. Der gnadenlose Thrasher "Way Truth Life" ist jedenfalls eine zweieinhalbminütige Speed-Granate (inkl. völlig coolem "Go"-Ruf zu Beginn) in Tradition von kurzen Nackenbrechern wie "God Rulz" oder "Isaiah 40:31", in der sogar wieder Blastbeats zu finden sind - wie auch im vielfältigen "The Dead Shall Be Judged". Ebenfalls eine gelungene Nackenschelle: Der Opener "Razorback", ein richtig fetter Alte Schule-Todesbleisong, mit einem niedlichen, Maiden-artigen Solo ausgestattet. Apropos: Die melodiösen Soli auf "Erasing The Goblin" sind durch die Bank vom Feinsten und reichen allein, um die These zu bestätigen, dass Rowe mit der Rekrutierung von Neuzugang Mick Jelinic an den sechs Saiten ein glückliches Händchen bewiesen hat. Soweit, so gut.
Was sind dagegen die Schwachstellen des Albums? Hier muss zunächst gesagt werden, dass bei einer so vielfältigen Band wie Mortification kaum ein Hörer alle Songs des Albums gleichsam wird mögen können und je nach Geschmack seine Favoriten und seine Stinker finden wird. Ich persönlich finde den lockeren Punk-Einfluss, der in einem Track wie "Short Circuit" zum Tragen kommt (inkl. halbwegs mehrheitsfähigem Gesang (!) von Rowe), sehr frisch und lebendig. Auch die Doom-Passagen, die sich in die beiden abwechslungsreichsten Songs des Albums, das sonst eher speedige bis kraftvolle "Forged In Stone" und das harmonietechnisch teilweise sehr gewagte, kontrastreiche "Humanitarian", eingeschlichen haben, gehören zu den experimentelleren Momenten (wobei Doom ja bei Mortification schon immer eine gewisse Rolle gespielt hat), die richtig gut kommen.
Aber unabhängig von kontingenten Geschmacksfragen muss doch auch ein wenig bekrittelt werden. Zum Einen etwas Generelles (das auch die jüngeren mir bekannten Vorgängeralben betrifft): Mortification sind mit ihren Songs nach dem Hammeralbum "EnVision EvAngelene" (1996) immer langatmiger geworden, was auch auf "Erasing The Goblin" seine Fortsetzung findet. Diese Langatmigkeit rührt u.a. daher (und damit gleich zum zweiten Kritikpunkt), dass die Band keine Lust mehr hat, richtig entfesselt loszuprügeln, sondern auch im schnelleren Bereich sehr kontrolliert und rifftechnisch enorm reduziert vorgeht, was auf Dauer eben müde macht. Das thrashige Eingangsriff von "Razorback", das bei einer Band wie, sagen wir, Slayer zum guten Standard gehören würde, ist im "Erasing ..."-Kontext schon als filigran zu bezeichnen. Nächster Meckerpunkt: Die Songstrukturen. Es ist schlicht öde, wenn jedes gute Arrangement bzw. jede Abfolge von drei, vier Riffs in genau derselben Reihenfolge noch mal wiederholt werden muss. Das passiert z.B. im Titeltrack "Erasing The Goblin" und in "Escape The Blasphemous Tabernacle" und ist natürlich eine einfache Art, einen Song in sich stimmig zu machen, man wäre als Hörer nur eben glücklicher, was Neues präsentiert zu bekommen. Da wäre einfach mehr drin gewesen.
Was sind die Schlüsse aus alledem? "Erasing The Goblin" ist ein gutes Album, das ich in Punkto Qualität auf eine Stufe mit "Hammer Of God" stellen würde, und macht Spaß, weil die Band vielfältig zu Werke geht und immer noch einiges an Hummeln im Hintern beweist. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass früher irgendwie alles ein wenig besser, spannender, mitreißender war im Hause Mortification, auch wenn die Band nach wie vor in jeder Form glaubwürdig rüberkommt. Nur wegweisend ist sie eben nicht mehr.
Unabhängig davon werden, dürfen und sollen Mortification bis ans Ende ihrer Tage ruhig der "Gottvati" (Copyright: rls) aller christlichen Extremmetalbands bleiben und Steve Rowe macht - DAS zumindest dürfte sich auch bis zuletzt nicht ändern - in seinen (durchaus aggressiven) Texten einmal mehr klar, wo er steht bzw. nicht steht. Insofern bleibt "Erasing ..." für alle Mortificatianer so oder so ein Pflichtalbum und alle anderen sollten wenigstens mal reingehört haben.
Kontakt: www.roweproductions.com, www.mcm-music.de

Tracklist:
1. Razorback
2. Erasing The Goblin
3. The Dead Shall Be Judged
4. Escape The Blasphemous Tabernacel
5. Your Time
6. Forged In Stone
7. Way Truth Life
8. Humanitarian
9. Short Circuit
10. Servants Of Supreme Message



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver