www.Crossover-agm.de MORTIFICATION: The Silver Cord Is Severed / 10 Years Live Not Dead
von rls

MORTIFICATION: The Silver Cord Is Severed / 10 Years Live Not Dead   (Nuclear Blast)

Mortification sind dafür bekannt, einerseits kompromißlos ihr evangelistisches Ding durchzuziehen, andererseits aber musikalisch im harten Metalareal eine recht breite Variabilität aufzuweisen. Kamen sie Anfang der 90er mal aus dem Thrashlager, wurde daraus 92/93 grindorientierter Death Metal, bevor man wieder spürbar thrashlastiger zu Werke ging und mehr und mehr traditionelle Metalelemente einsetzte, was auf der 96er Meisterscheibe "EnVision EvAngelene" zu einem Höhepunkt geführt wurde, indem man mit dem Christi Leben nachzeichnenden 19minütigen Titeltrack quasi die christliche Antwort auf Manowars "Achilles, Agony & Ecstasy" schrieb. Die Folgescheiben gingen, wohl auch durch Steves schwere Erkrankung bedingt, wieder etliche Schritte zurück. Nun hat man mit "The Silver Cord Is Severed" eine Seitwärtswendung vollzogen. Die Scheibe enthält immer noch zahlreiche Elemente aus den Arealen des Power, Thrash und Death Metal, wurde aber mit Einflüssen aus der Hardcoreecke (die gab's bisher hauptsächlich in Steves leicht hardcorelastigem Gesang) und dem grooveorientierten Neo Metal ausstaffiert (je nach Betrachtungsweise kann an dieser Stelle auch "bereichert" oder "versaut" eingesetzt werden). Könnte durchaus sein, daß für letztgenannte der neue Trommler Adam Zaffarese verantwortlich ist. Der ist grade mal 15 Lenze alt, spielt aber dennoch sehr ordentlich, verschleppt den Groove indes bisweilen etwas und knüppelt nicht mehr so herzhaft drauflos wie sein Vorgänger Keith Bannister, obwohl es natürlich noch genügend schnelle Passagen gibt, wie schon Track 2, "Access Denied", eindrucksvoll unter Beweis stellt. Blastspeedattacken sind allerdings nicht mal mehr mit der Lupe zu finden, und die neue Marschrichtung wird unverhüllt gleich mit dem Opener "Metal Blessing" zur Schau gestellt, was die Platte schon mal grundehrlich macht. Track 3, "Hardware", geschrieben von Gitarrist Lincoln Bowen, verdeutlicht leider ein Manko der Scheibe, nämlich den etwas zu basischen Sound, der nah am Live-Trio-Sound gehalten ist, aber eben etwas schwach auf der Brust rüberkommt (live kann man das mit Lautstärke überdecken, hier auf Konserve natürlich nur begrenzt). Richtig fett produziert, wäre "Hardware" ein erstklassiges Doom-Walzwerk geworden. Bin mal gespannt, wie das live klingt. Auch der achtminütige Titeltrack, phasenweise analog schleppend, und einige der eher hüpfkompatiblen Passagen dürften live wesentlich angenehmer zu konsumieren sein als auf Silberling. Klar, schlecht sind alle zehn neuen Songs nicht, und nach einer gewissen Eingewöhnungszeit wünscht man sich, wenn man nicht gerade ausgesprochen puristisch veranlagt ist, die neuen Elemente im Mortification-Sound gar nicht wieder weg, aber bis zu dieser Erkenntnis bedarf es halt etwas Arbeit, und ich befürchte, daß in der heutigen schnellebigen Zeit eine gute Anzahl potentieller Hörer diese Geduld nicht aufbringen wird. Diese Leute werden allerdings durch den Nichtzugang zu einer guten, jedoch nicht zu den absoluten Highlights der Bandhistory zählenden Platte gestraft.
Wer sich mit dem Erwerb beeilt, erwischt vielleicht noch ein Exemplar der Erstauflage und ergattert dabei einen Bonussilberling namens "10 Years Live Not Dead". Diesen Mitschnitt der "Hammer Of God"-Tour dürften allerdings viele Fans schon im Schrank stehen haben, da er auch einzeln erhältlich ist. Vielleicht kommt sich der eine oder andere dadurch verkohlt vor, falls er im Laden den Preis für eine Doppel-CD bezahlen mußte, aber alle, die besagten Livesilberling noch nicht besitzen, bekommen einen echten Gegenwert fürs Geld. Mortification, hier noch mit Keith Bannister an den Drums, konzentrieren sich in der Setlist hauptsächlich auf die neueren Platten, vergessen aber, wie es sich für eine Geburtstagsparty gehört, auch ihre alten Releases nicht, denen sie mit einem Medley gedenken. (Man erinnere sich, daß es von diesen Platten auch schon Liveaufnahmen gibt, sowohl in Gestalt zweier EPs als auch mittels des Albums "Live Planetarium".) Der Sound dieses Mitschnittes unterscheidet sich nur marginal von dem der neuen Studioaufnahme (lediglich die Gitarre ist live etwas leiser, die Drums dafür lauter), und die einzelnen Songs kommen nur teilweise in etwas höherem Tempo zum Ziel, da man beispielsweise beim angesprochenen Medley eher langsamere Tracks ausgewählt hat und in Gestalt von beispielsweise "Chapel Of Hope" noch weitere doomlastige Exempel an Bord sind. Spaß macht die ehrliche Spielfreude der drei Australier aber von der ersten bis zur 53. Minute, und Steve läßt es sich selbstverständlich auch nicht nehmen, Message auszustreuen (schelmische Frage: "Do we have any Christians here tonight?"). Viel mehr gibt es eigentlich auch nicht zu sagen. Das Nacheinanderhören beider CDs macht jedenfalls richtig Laune und zeigt verschiedene Facetten einer in allen Belangen liebenswürdigen Band auf, die - ich sagte es bereits - seit x Jahren ihr Ding durchzieht und sich den Gottvatistatus der christlichen Ganzhartszene redlich verdient und erarbeitet hat.
 




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