www.Crossover-agm.de MISTRUST: Spin The World
von rls

MISTRUST: Spin The World   (Heart Of Steel Records)

Eine der wenigen Achtziger-Metal-Bands, die sich bisher nicht wiedervereinigt hat: Mistrust stammten aus Seattle und brachten es 1987 auf ein Album namens "Spin The World", bevor sie ein Jahr später die Aktivitäten einstellten. Prominentestes Mitglied war Sänger Jeff L'Hereux, der mit Culprit schon einige Erfolge einheimsen konnte und bei Mistrust zunächst aushilfsweise (als diese nach dem Abgang des Originalsängers Kevin Wells ohne Fronter dastanden), nach der Trennung Culprits dann als festes Mitglied am Frontmikrofon stand. Dazu kamen zwei Mitglieder von Rottweiller, einer Band, die damals auf keinen grünen Zweig kam und erst heute sich einen gewissen Namen in der überregionalen Szene macht, nicht zuletzt durch die Tatsache bedingt, daß ihr Sänger Ronny Munroe mittlerweile auch bei Metal Church aktiv ist. Mistrust probten in einem Komplex mit Bands wie Mudhoney und Green River, aber in ihrem eigenen Schaffen war von einer diesbezüglichen Beeinflussung noch nichts festzustellen (Mudhoney und Green River legten den stilistischen Grundstein für das, was wenige Jahre später unter dem Namen Grunge kommerziell explodieren und den traditionellen Hardrock und Metal für Jahre in den Untergrund verbannen sollte); erst die Nachfolgeband von Drummer Chris Gohde und Gitarrist Owen Wright, My Sisters Machine, sollte sich dem als typisch angesehenen Seattle-Sound widmen, konnte allerdings auch keine größeren Erfolge einheimsen. Mistrust spielten relativ geradlinigen Metal amerikanischer Prägung, aber ohne die Filigranität von Culprit zu erreichen, wenngleich ein Song wie "Loaded Guns" durchaus interessanter strukturiert ist, als es sein etwas platter Titel vermuten läßt. Jeffs ausdrucksstarker Gesang dominiert das Material in nicht unerheblichem Maße, aber einem Könner wie ihm hört man ja auch gerne zu, selbst wenn er das Telefonbuch von Herne singen würde. Die Songs bewegen sich zumeist in mittleren Tempobereichen und sind dabei durchaus variabel arrangiert, wie neben "Loaded Guns" auch ein auf den ersten Blick unauffälligeres Beispiel wie "(Yes) It's True" zeigt, in das Chris einige interessante Verschleppungen des Grundrhythmus der Strophen eingebaut hat. Und wenn man so will, verweist das Riffgeschiebe, das die klassischen Metalsoloparts dieses Songs gliedert, musikgeschichtlich schon ein paar Jahre nach vorn, wenngleich diese Entwicklung anno 1987 natürlich noch niemand erahnen konnte. Da kam es neben der Musik auch noch auf die Optik an - man schaue mal auf die Fotos im reich bebilderten Booklet, die einen schönen Eindruck der damaligen Zeit vermitteln. Daß auf den Einzelmitgliederfotos Gitarrist Michael Winston ausgerechnet ein kariertes Hemd trägt, sollte nicht als prophetische Gabe gewertet werden - dazu sind die neun Songs dann doch viel zu traditionell ausgefallen, und etwa das etwas flottere "Running For My Life" stellt puren, geradezu urtypischen US-Traditionsmetal der Mittachtziger dar. Hier und da, etwa in "Love Me Overtime", meint man gewisse Anklänge an Armored Saint durchzuhören, auch Stryper haben an einigen Stellen ihre klanglichen Spuren hinterlassen. Letztere gehörten auch zu den Bands, für die Mistrust seinerzeit als Supportact in ihrer Heimat agierten; die originalen Pässe dieser Show wie auch derer für Loudness und Alice Cooper, wohl das Highlight der Livebandgeschichte, sind auf der Bookletrückseite abgebildet, zusammen mit einem eigenen Konzertflyer mit den eigentümlich betitelten Slaughter Haus 5 als Support, die später unter dem Bandnamen Warbabies noch ein Album herausbringen sollten. Die vorliegende CD enthält neben den neun Albumsongs noch "Spin The World" und "Running For My Life" in Demofassungen und damit mit einer Ausnahme das komplette konserviert vorliegende Werk der Band, das es summiert auf nicht mal 40 Minuten bringt. Besagte Ausnahme hört abermals auf den Namen "Running For My Life", das bereits 1985 auf dem "Pacific Metal Project"-Sampler erschienen war; die dortige Fassung müßte, wenn ich das Interview mit Chris Gohde im Booklet richtig deute, weder mit der späteren Albumversion noch mit der Demoversion identisch sein. Vergleiche die drei Versionen, wer den Sampler besitzt - nur das dürfte letzte Klarheit ergeben. Die beiden Demofassungen sind ein wenig polteriger produziert, aber trotzdem recht anhörenswert, obwohl sie sich strukturell wenig von den Albumversionen unterscheiden (man achte aber mal auf die Gangshouts im Hintergrund der Demofassung des Titeltracks!). Herausragendes zu bieten hatten Mistrust nicht, aber gutklassigen traditionellen Metal mit diversen guten Ideen, und somit macht der Genrefreund mit der Schließung dieser Sammlungslücke auch in musikalischer Hinsicht nichts verkehrt.
Kontakt: http://heartofsteel.nlz.it

Tracklist:
Lightning And Thunder
Spin The World
C'mon
Loaded Guns
(Yes) It's True
Running For My Life
Love Me Overtime
It's Alright
March In E Minor
Spin The World (Demo Version)
Running For My Life (Demo Version)
 




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