www.Crossover-agm.de MARILLION: Sounds That Can't Be Made
von ta

MARILLION: Sounds That Can't Be Made   (Intact Recordings)

Ängstlich habe ich "Sounds That Can't Be Made" in den Player geworfen - würde die neue Marillion ein ähnlicher Lahmarsch wie der viel zu lange "Happiness Is The Road"-Doppeldecker werden? Das 17-minütige, furiose "Gaza" beantwortet die Frage mit einem energischen: NEIN! In Struktur und Arrangement an eine Großtat wie "Interior Lulu" (von "marillion.com") erinnernd, fegt der Opener des neuen Albums alle Bedenken beiseite: orientalische Skalen, elektronische Einwürfe, unerwartet harte Gitarren, rasante Stimmungswechsel - Top-Teil!
Das Stück bleibt kein leeres Versprechen: "Sounds That Can't Be Made" ist das experimentellste Marillion-Album seit "Anoraknophobia", gleichzeitig aber atmosphäretechnisch ähnlich konsequent und überzeugend wie "Somewhere Else". Markant ist insbesondere was den Punkt Atmosphäre betrifft, dass Marillion anno 2012 weniger schwermütig klingen. Melancholisch immer noch, dabei jedoch befreiter, träumerischer und optimistischer. "Montréal", mit 14 Minuten Laufzeit der zweite Longtrack des Albums, verdeutlicht das exemplarisch mit unerwarteten Dur-Auflösungen und einem gewaltigen Mittelteil. Atmosphärisch konsequent präsentiert sich auch Longtrack Nummer drei, die Traumreise "The Sky Above The Rain" mit ihrem über die Laufzeit von 10:34 Minuten durchgehaltenen Klavierthema. Macht die Volltreffer auf drei zentrale Stücke - allein diese Quote hebt "Sounds That Can't Be Made" über seinen drögen Vorgänger.
Auch die kürzeren Nummern überzeugen, wenngleich das Niveau schwankt. Etwas unscheinbar ist die gleichförmige Ballade "Pour My Love" ausgefallen, deren kitschiges Finale den Mitklatschfaktor provoziert, der auf neueren Marillion ab und an zum Gruseln einlädt. Ihr charakterstärkerer Balladenpartner "Invisible Ink" punktet dagegen mit Swing-Vibes. Die restlichen Songs möge jeder für sich erkunden.
Textlich wagen sich Marillion bzw. wagt sich Steve Hogarth nur streckenweise wieder an anspruchsvolle Themen: Das Thema von "Gaza" verrät bereits der Titel - einen derart politischen Text hat man bei Marillion lange nicht gelesen. Die anderen Songs arbeiten die gewohnten Dauerbrenner Hogarths auf (Lieben, Reisen, Musikmachen) und münden in der unvermeidlichen "Lebe den Tag"-Lehrstunde, die sich seit "Marbles" auf jedem Marillion-Album findet, diesmal "Lucky Man" heißt und inzwischen nur noch Anlass zum Schmunzeln ist. Na ja, Schwamm drüber, gibt blödere Altersweisheiten.
"Sounds That Can't Be Made" ist wider Erwarten ein abwechslungsreiches, stimmiges und überzeugendes Album geworden, das eine hungrige und aufgeweckte Band zeigt. Ich bin ehrlich begeistert.
Kontakt: www.marillion.com

Tracklist:
1. Gaza
2. Sounds That Can't Be Made
3. Pour My Love
4. Power
5. Montréal
6. Invisible Ink
7. Lucky Man
8. The Sky Above The Rain



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