www.Crossover-agm.de MANDOWAR: Hellboys From Cow
von rls

MANDOWAR: Hellboys From Cow   (Singalongsongs)

No metal at all? Ansichtssache. Einerseits setzen Mandowar Instrumente ein, die sich selten bis nie auf ein Manowar-Album verirren werden - andererseits interpretieren sie mit diesen Instrumenten Rock- und, jawohl, Metalklassiker, und das auf originelle, unterhaltsame und, jawohl, ehrliche Art und Weise. Das Wortspiel im Bandnamen assoziiert bereits, daß eine Mandoline an Bord sein dürfte, und diese Vermutung stellt sich alsbald auch als korrekt heraus; hinzu treten noch eine Akustikgitarre, ein Ukulelenbaß sowie als gelegentliche Zutat eine Flöte, die aber nicht von einem Gastmusiker, sondern von Mandolinist Tom Laundhardt geblasen wird. Zusammen mit Joe Schulz (Baß) und Nils Hofmann (Gitarre, Leadgesang) covert sich dieser mit Geschmack kreuz und quer durch die Musikgeschichte der letzten 45 Jahre, wobei diese zeitliche Eingrenzung aber auch einer weiteren Beschränkung in Gegenwartsrichtung unterliegt: Mit Ausnahme von Rammsteins "Engel" ist keine der als Ganzes auf dem neuen Album "Hellboys From Cow" vertretenen Kompositionen später als 1986 entstanden, der Fokus liegt diesmal vielmehr auf den Siebzigern, während das Eröffnungsmedley unterschiedliche Perioden vereint: Hinter "Alexander Strack" verbirgt sich ein AC/DC-Potpourri, das mit "Thunderstruck" anhebt, aber mit etwa "You Shook Me All Night Long" auch weiter in die Geschichte zurückgreift. "(Ghost) Riders In The Sky" wiederum läßt die Band einen Blick über den Tellerrand werfen, nämlich in Richtung desjenigen Repertoires, das man mit ihrer Besetzung primär erwarten würde. Aber das Trio aus Wetzlar nähert sich den Rock- und Metalklassikern zwar ohne jegliche Berührungsängste, aber doch mit Respekt und Ehrfurcht: Erstens bleibt das Material jederzeit identifizierbar (bei den stilistisch etwas ähnlich gearteten Hellsongs wurde bisweilen der Vorwurf erhoben, man erkenne diverse der von ihnen umgesetzten Songs nur noch anhand des Textes - derartigen Dekonstruktivismus, so reizvoll er im Einzelfall auch sein mag, wenden Mandowar nicht an), und zweitens besitzen Mandowar ein glückliches Händchen, wie man bestimmte Elemente der Vorlage mit den eigenen Möglichkeiten umsetzt. Klassebeispiel: Dios "Holy Diver" beinhaltet genau jenen lockeren Groove des Originalriffs, den man beispielsweise in der Adaption von Killswitch Engage etwas vermißte. "Kashmir" wiederum gewinnt durch die Mandoline eine hochinteressante Klangfarbe, hatte doch Jimmy Page in diversen anderen Led-Zeppelin-Songs genau diese eingesetzt, aber eben in "Kashmir" nicht (wer die diversen eigenhändigen Adaptionen aus den Neunzigern kennt, kann weitere Vergleiche ziehen, aber diese befinden sich nicht in der Kollektion des Rezensenten). Und Sänger Nils gibt im Mittelteil einen durchaus kompetenten Plant-Ersatz ab, wobei man sich an diversen anderen Stellen aber noch einen Deut mehr Rauhigkeit im Leadgesang wünschen würde. Hier und da wird man das Gefühl nicht los, eine Achse Hamburg-Wetzlar wäre eine feine Sache: Ski-King am Mikrofon von Mandowar - das könnte passen. Vielleicht mal als Experiment auf ein, zwei Songs der nächsten Scheibe? Eine gewisse Seelenverwandtschaft scheint es ja sowieso zu geben (von gewissen Analogien in der grundsätzlichen Herangehensweise ganz zu schweigen): Immerhin haben beide Acts auf ihrer jeweils aktuellen Scheibe Pink Floyds "Wish You Were Here" gecovert, und beide haben diesen Song auch noch ans Ende der jeweiligen Scheibe gepackt. Zufall? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Mandowars Umsetzung mit ihrem dramatischen Spannungsbogen im Mittelteil kann in diesem Falle mehr überzeugen als die ein wenig zu blutarme von Ski-King, aber das Highlight auf "Hellboys From Cow" bildet sie trotzdem nicht - dieser Status bleibt Metallicas "Master Of Puppets" vorbehalten, ein kleines Meisterwerk, das zudem in den Soloparts unter Beweis stellt, daß Mandowar ihre Instrumente exzellent beherrschen (wobei man das aber auch ansonsten nicht in Zweifel gezogen hätte ...). Die Flöte kommt übrigens nur in "Engel" zum Einsatz, aber sie bereichert diesen Song an dieser Stelle durchaus und trägt dazu bei, daß sich auch an dieser Stelle beim Hörer, so er kein absolut verbohrter Anhänger der Originalversion sein sollte, ein breites Grinsen entwickelt. Für Scheuklappenträger, Schubladendenker und Eindimensionale ist "Hellboys From Cow" mit seinem Country-Folk-Metal, wie ihn das Wetzlarer Trio selbst benennt, natürlich ungeeignet, und wer Manowar-Umsetzungen sucht, wird in diesen leider nur knapp 39 Minuten auch nicht fündig - aber die Scheibe entfaltet trotzdem einen unverkennbaren Unterhaltungswert, der sich freilich live noch erhöhen könnte. Am besten schaut man sich also zunächst einen Gig der wochenends bundesweit recht aktiven Truppe an und erwirbt bei Gefallen eine der Tonkonserven gleich vor Ort - oder man gönnt sich im WeltWeitNetz die eine oder andere Hör- oder Sehprobe. Unter folgendem Link steht zum Rezensionszeitpunkt das Video zu Alice Coopers "Poison" in der Mandowar-Version: https://www.youtube.com/watch?v=7nPBvSHRHrk
Kontakt: www.mandowar.de

Tracklist:
Alexander Strack
Engel
(Ghost) Riders In The Sky
Hellboys From Cow
Holy Diver
Kashmir
Master Of Puppets
Radar Love
Wish You Were Here
 




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