www.Crossover-agm.de LAST TRIBE: The Uncrowned
von ta

LAST TRIBE: The Uncrowned   (Frontiers Records)

Melodic Metal, die dritte: Last Tribe gehören mitnichten zum letzten Trieb, der mit genanntem Paradigma durch die Weltgeschichte schippert (schließlich bieten Frontiers noch ein ganzes Arsenal gleichgearteter Bands), sind aber durch die Alben "Last Tribe" (2001) und "Witch Dance" (2002) zu einer der inzwischen bekannteren Bands ihrer Gattung geworden. Das beackerte Fahrwasser ist anno 2004 auch exakt dasselbe geblieben und ich kann im direkten Vergleich mit der letzten Platte keine gravierenden Neutendenzen konstatieren: Mit angenehmen Pfunden, d.h. relativ heavy abgemischten Gitarren und drückenden Bassdrums ist auch "The Uncrowned" bestückt, die handwerklich sehr souveräne Umsetzung ist ja beinahe schon Allgemeinheits-Usus, Sänger Rickard Bengtsson bietet einmal mehr mittelhohen, angenehmen, spartentypischen Gesang und die Stücke kommen fast gänzlich ohne progressive Spielereien oder sonstige Extravaganzen aus. An solchen Prädikaten wiederum lässt sich bei wachem Blick schon leicht ablesen, dass Last Tribe sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, in gewissem Sinne Stangenware abzuliefern, die sich selbst genügt und dabei ebenso risikounfreudig wie nett daherkommt. "Risikounfreudig" aufgrund konservativer Kompositionskunst, "nett", weil die Songs wie ein erzgebirgisches Bächlein aus dem Quell plätschern, ohne mit gekonnten Effekten der Überraschung etwa am Hörer zu rütteln. Das mag die Zielgruppe auch nicht erwarten, aber in einem Markt, der überschwemmt ist mit Musik aus allen Sparten, die der menschliche Geist entwerfen vermag, geht man so leicht unter. Ob das berechtigt ist, ist eine andere Frage. Logisch ist es in bestimmten Maßen sicherlich.
Zum Einzelnen: Mit "Healer" und "The Chosen One" beginnt "The Uncrowned" unspektakulär. Technisch einwandfrei dargeboten und strukturell mit allen erwarteten Konstanten vom Mitsingrefrain (dazu gleich) bis zum Gitarrensolo ausstaffiert, aber ohne großen Reichtum an frischen Ideen dargeboten, melodicmetallt man sich durch zehn Minuten, die vom weitaus besser gelagerten "Sacrifice" abgelöst werden. Semi-balladesk und - wenn man will - kitschig, aber einfach gut gemacht vom nervenerbebenlassenden Intro in die aufheulende Gitarre bis zum Chorus. Chorus? Hier sind wir bereits bei einer Crux der Platte angelangt, die so auch schon den 2002er Silberling zierte: Dem Fehlen von Merkhilfen in Form von Sahne-Hooklines oder Festbeiß-Refrains/Schüttelreimen. Dabei darf nicht behauptet werden, dass Refrains wie der des Openers oder "Sound Of Rain" (beide Songs hob Rock Hard-Kollege Götz Kühnemund als Ohrwürmer hervor) nicht einen gewissen aufdringlichen Charakter haben und sich damit selbst als ebensolch Getier klassifizieren. Diese Klassifizierung geht aber nicht von mir als Hörendem aus (was freilich auch an mir liegen kann), denn ich habe auch nach vermehrten Hördurchläufen Probleme, etwas Markantes nach Ablauf des einzelnen Stücks im Kopf zu behalten. Der Ohrwurm ist nur ein vorläufiger - was für ein seltsamer Placebo-Effekt. Mit dem Blick auf Entwicklungsmöglichkeiten wäre griffigerer Stoff im Melodiebereich also sicher nicht fehl am Platz, bis dahin ziehe ich in der Sparte Melodic Metal lieber Royal Hunt als die hardrockigere, aber vitalere Variante im Melodiebereich vor. Eben denen stehen Last Tribe inzwischen auch dadurch näher, dass die Stücke insgesamt straffer als noch im Jahr 2002 arrangiert sind, ja eigentlich nur noch "Otherworld" ein etwas verschachtelteres Arrangement feilbietet und sich ansonsten nahtlos in den Gang des Albums einreiht, in positiven wie in negativen Aspekten. Selbst ein rein instrumentelles, in sich ruhendes, dann bombastisch aufbrechendes Einsprengsel wie "April Sky" kommt weniger unterbrechend als den oben zitierten Gebirgsbach an einer lediglich etwas schmaleren Stelle weiterführend daher, und auf eine "richtige" Ballade wurde gänzlich verzichtet ("Full Moon" beginnt zwar wie eine solche, mündet aber in ein dick aufgetragenes Hardrockriff und einen Refrain, der frappant an die Pretty Maids erinnert, wozu insbesondere die Stimme von Bengtsson beiträgt, die wie eine Kopie von Ronnie Atkins' Röhre klingt). Very Metal also.
Wieder im Albumganzen angekommen, lässt sich als Fazit festhalten: Ebenso gewohnt wie gewöhnlich. "The Uncrowned" ist mitnichten ein Zäsurwerk oder auch nur eine Spitze aus dem Meer von melodischen Metal spielenden Bands, dürfte aber mit, positiv wertend formuliert, gefälligem Liedgut dem Fan der Band das geben, was er erwartet. Kontakt: Frontiers Records, Via G. Gonzaga, 18 - 80125 Napoli, Italy oder www.frontiers.it.

Tracklist:
1. Healer
2. The Chosen One
3. Sacrifice
4. The Uncrowned
5. Otherworld
6. April Sky
7. Sound Of Rain
8. Only The Innocent
9. Full Moon
10. Call Of The Tribe



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