www.Crossover-agm.de LABYRINTH: Labyrinth
von rls

LABYRINTH: Labyrinth   (Century Media/SPV)

Lange hat es gedauert bis zur Veröffentlichung des neuen Albums von Labyrinth. Christian hatte ja schon in seinem Review zum 2000er Vorgänger "Sons Of Thunder" orakelt: "Bleibt abzuwarten, ob sie mit dem etwas sperrigen Werk an den Erfolg des Vorgängers 'Return To Heaven Denied' anschließen können." Sie konnten nicht, und "Labyrinth" zeigt einen der Gründe auf, warum: Labyrinth hatten mit "Sons Of Thunder" den zweiten Schritt vor dem ersten getan, waren offensichtlich so genervt von der vor allem presseseitig über der italienischen Power Metal-Szene ausgeschütteten Häme (man vergegenwärtige sich, daß die gleiche Presse im gleichen Atemzug primitive Black Metal-Rumpler und diese ganzen "The"-Bands lobte, von denen die Hälfte auch nach jahrelangem Üben nicht die technische Fähigkeit besäße, auch nur einen durchschnittlichen Italometalsong kompetent nachzuspielen), daß sie den Bombast und die Eingängigkeit von "Return To Heaven Denied" komplett ad acta legten und ein kompliziertes, erst nach zahlreichen Durchläufen ins Ohr gehendes, sich aber dort nicht festsetzendes, wenngleich in seiner Vielschichtigkeit und seiner kalkulierten Unkommerzialität mutiges Album einspielten - ebenjenes "Sons Of Thunder". Dieser Stilsprung dürfte Labyrinth etliche Fans gekostet haben, welche ihn nicht mit nachvollziehen konnten oder wollten, und somit mögen sich auch die Verkaufszahlen in überschaubaren Grenzen gehalten haben; das schon damals anno 2000 bestehende Überangebot auf dem Markt für echtmetallische Tonträger (wohingegen dessen Durchsetzungsdichte noch anno 1998 zu "Return"-Zeiten noch deutlich geringer war) mag sein Scherflein gleichfalls dazu beigetragen haben. Labyrinth trennten sich in der Folgezeit nicht nur von ihrem Label Metal Blade (oder dieses von ihnen), sondern auch von Gitarrist Olaf Thörsen, der bisher nach außen hin eine Art Leitfigur der Band zu sein schien und mit seiner Zweitband Vision Divine den gleichen beschriebenen Entwicklungssprung von Eingängigkeit zu Sperrigkeit vollzog, wenn man die beiden bisher erschienenen Vision Divine-Alben miteinander vergleicht. Die fünf verbliebenen Labyrinth-Musiker jedenfalls schienen mit Thörsen keinesfalls so einig über den erwähnten Sprung gewesen zu sein - das legt zumindest die stilistische Ausrichtung von "Labyrinth" nahe, welches sich ungefähr auf halbem Wege zwischen "Return" und "Sons" niedersetzt, diesen Sprung damit in zwei Schritte teilend. Zur reinen Eingängigkeit der früheren Tage ist man nicht zurückgekehrt, aber die Songs haben wieder etwas an Zugänglichkeit gewonnen, wozu nicht zuletzt auch der deutlich basischere, "wärmere" Sound beiträgt, nachdem Neil Kernon bei "Sons" noch daran gescheitert war, ein Nevermore-artiges Klangbild zu erzeugen, was die Band nur noch ansatzweise beim Mix korrigieren konnte. Dadurch hat sich auch ein weiterer Kritikpunkt aus Christians Review erledigt, nämlich der etwas zusammenhanglos über dem Ganzen "schwebende" Gesang, wenngleich Roberto Tiranti sich logischerweise nicht zum Boltendahl-Soundalike entwickelt hat und an einigen Stellen in Höhen vorstößt, die das Trommelfell auf schmerzhafte Weise in ähnlicher Stärke dehnen wie Morbys Vocals auf der neuen Domine-CD, wenn man nicht gerade auf solcherart hohe Stimmen steht, wie das der Rezensent von sich behaupten kann. Labyrinth als italienische Melodic Speed-Band zu identifizieren bereitet generell natürlich auch auf dem neuen Album keine gesteigerten Probleme, wenngleich das mit den Melodien so eine Sache ist, denn die schleichen sich eher seitlich an, als daß sie wie früher mit der Tür ins Haus fallen. Statt dessen gibt's auch wieder einige stakkatohafte amelodische Passagen, beispielsweise in "Just Soldier" oder "Terzinato", die in analoger Form auch auf den Albumvorgänger gepaßt hätten, wenngleich die damals noch niemand als Thrasheinflüsse tituliert hat, wie es einige Rezensentenkollegen diesmal plötzlich tun zu müssen glaubten (wenn das Thrash ist, dann müssen Europe wohl Power Metal spielen). Keyboarder Andrea De Paoli entdeckt einesteils die Siebziger wieder (höre die herrlich altmodischen Soli in "This World"), wirft aber auch hintergründig mit spacigeren Effekten um sich, welche die Songs allerdings nur "illustrieren" und nicht dominieren wie etwa bei Ayreon. Das Intro zu "Synthetic Paradise" macht trotzdem nur im inhaltlichen Kontext des Songs, nicht aber bei dessen ausschließlicher musikalischer Betrachtung Sinn (es handelt sich um den eingängigsten und "vergangenheitsbezogensten" Track). Dagegen spielt der Keyboarder im abschließenden "When I Will Fly Far" die Hauptrolle, denn hier geht's ausnahmsweise wirklich mal sehr atmosphärisch-dominant zu Werke, einen stimmungsvollen Ausklang des Albums findend. Wie Andrea Cantarelli (der Mann mit dem positionstechnisch irreführenden Namen - er ist in der Liste nicht mal für Backingvocals angegeben) live die Aufgabe als alleiniger Gitarrist bewältigt, können andere Menschen besser beurteilen als ich, der ich Labyrinth bisher nur ein einziges Mal live gesehen habe, und das war auf der Tour mit HammerFall 1998, wo sich die Besetzung aus zwei Gitarren plus Keyboards im legendären Schützenhaus zu Markneukirchen (RIP) als äußerst schwer abzumischen entpuppte (Pegazus hatten mit nur einer Gitarre und ohne Keyboards allerdings einen Kontrapunkt gesetzt, der auch nicht eben zu begeistern wußte). Für die Studioarbeit besitzen solche Überlegungen bekanntlich keine Auswirkungen. "Labyrinth" bleibt allerdings auch bei rosarotester Betrachtung das, was es in der logischen Entwicklungsfolge eigentlich gewesen wäre: ein Übergangsalbum - wenn auch ein gutes. Eine eventuelle Abwandlung (wahlweise auch Verifizierung oder Ad-Absurdum-Führung) dieser Theorie kann erst das Folgealbum bieten.
Kontakt: www.centurymedia.de, www.labyrinthmusic.it

Tracklist:
The Prophet
Livin' In A Maze
This World
Just Soldier (Stay Down)
Neverending Rest
Terzinato
Slave To The Night
Synthetic Paradise
Hand In Hand
When I Will Fly Far
 




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