www.Crossover-agm.de KROSSFIRE: Shades Of Darkness
von rls

KROSSFIRE: Shades Of Darkness   (Pure Steel Records)

In gleicher Besetzung wie ein halbes Jahrzehnt zuvor das Debüt "Learning To Fly" eingespielt, überrascht der Krossfire-Zweitling "Shades Of Darkness" beim Hören gleich in mehrererlei Hinsicht. Zum ersten sind die prinzipiellen Stilmerkmale des Debüts zwar immer noch erkennbar, werden aber durch diverse Neuzugänge überlagert: Die Grundhärte des Materials ist ein gutes Stück angehoben worden, was wohl nicht zuletzt an den Gitarren von Georgi Kushev liegt, der eine tiefere Stimmung gewählt hat und zugleich einen aggressiveren Anschlag an den Tag legt. Den Unterschied bemerkt man deutlich etwa in "Destiny's Calling", wo die hinteren Teile der Strophen mit einer der früheren Herangehensweise ähnlicheren Stimmung gestaltet werden und daher wirkungsvoll sowohl zu den vorderen Strophenteilen als auch zum Refrain, wo Kushev wieder tiefen Riffkrach macht, kontrastiert. Zum zweiten ist der Prog-Faktor auf dem neuen Album viel stärker ausgeprägt - zwar gibt es auch jetzt noch geradlinige Melodic-Metal-Passagen, aber der Break- und Tempowechselfaktor hat eine deutliche Erhöhung erfahren, wobei die Fähigkeit zum Komponieren einprägsamer Melodien vor allem im Gesangssektor den Bulgaren aber nach wie vor nicht abhandengekommen ist und somit eine gekonnte Symbiose entsteht. Zum dritten schließlich - und das geht mit dem zweiten Punkt durchaus Hand in Hand - haben die beiden Hauptkomponisten, neben Kushev noch Keyboarder Peter Boshnakov, ihre Vorliebe für ausladende Arrangements ausgebaut: Mit dem Epos "Annabelle" sprengen sie die Zehnminutenmarke, und wäre "The Lost Eagle" als ein Track programmiert worden und nicht jeder seiner drei Teile einzeln, so wäre dieser Fall noch ein zweites Mal eingetreten. Letztgenannter Song offenbart zudem das Phänomen, daß an ihm beide Hauptkomponisten mit Einzelsätzen beteiligt waren (zudem hat am zweiten Teil "The Last Ride" auch noch Drummer Spas Markov mitgeschrieben) und trotzdem ein einheitliches Ganzes entstanden ist. Daß besagtes "The Last Ride", ausgestattet übrigens mit lateinischen Chorpassagen, von der Melodik her einen Verwandten auf Almoras "Kiyamet Senfonisi"-Album besitzt, und zwar dessen Opener "Ay Isigi Savascisi", kann Zufall sein, muß aber nicht, wenn man die jahrhundertelange Präsenz der Türken in Bulgarien bedenkt. Trotzdem sind Krossfire im Zweifel eher der panslawischen Bewegung zuzuordnen: Trotz der oben genannten Stilabwandlungen dürften sie für Anhänger der russischen Catharsis nach wie vor ein hochgradig geeignetes Hörobjekt darstellen, und neben Sopranistin Violeta Kusheva, die drei Songs mit ihrer Stimme veredelt, und den vier Chorsängern aus "The Last Ride", "Annabelle" und "Heaven Halls", die auch allesamt slawische Namen tragen, ist die weitere Gastmusikerin gleichfalls im besagten Kulturkreis zu verorten: Daniela Djorova Waldhans spielt im Orchester der Schlesischen Oper im tschechischen Opava Cello und tut ebenjenes hier in der Ballade "Farewell". Apropos Oper: "Annabelle" stellt praktisch einen Opernversuch dar, der freilich hier und da noch nicht endgültig ausgereift wirkt und offenbart, daß Krossfire ihr definitives Meisterstück auf diesem Gebiet vielleicht noch nicht geschrieben haben, obwohl sich in den zehn Minuten durchaus etliche gute Ideen verstecken, etwa der hochbombastische glockendurchwirkte Doompart am Ende der Einleitung. Sänger Dimo Petkov arbeitet hier mit verschiedenen Ausdrucksformen seiner wandlungsfähigen Stimme, singt die Rolle der Krankenschwester allerdings auch mit eindeutig männlicher Stimme (also nicht als Altus o.ä.), und wer die Stimme des dämonischen Kindes einbringt, läßt das Booklet offen. Den Exorzismus mit Kirchenorgelklängen zu untermalen ist ein so simpler wie logischer Einfall, die Sitar im Intro von "Glory To Heavens" hingegen wäre nicht zwingend nötig gewesen, meint man zunächst, bis man dann aber im Song ein weit im Orient anzusiedelndes Thema entdeckt und eine gewisse Zusammengehörigkeit konstatieren kann. Freilich braucht das Material generell etwas Zeit, bis sich der Hörer in selbiges eingearbeitet hat, und auch die erwähnten einprägsamen Melodien sind alles andere als simpel, so daß ihre Erschließung auch nicht gerade im Vorübergehen geschehen kann. Wer sich allerdings darauf einläßt und den Stil des Quintetts prinzipiell mag, der könnte reich belohnt werden. Das abermals chorerweiterte und mit einem grandiosen hymnischen Mittelteil prunkende "Heaven Halls" schließt trotz der Tatsache, daß Violeta Kusheva in ihr einleitendes "Vorsingen" des Hauptthemas einen Deut zu viel Vibrato legt und sich die Stimmen Kushevas und Petkovs im Refrain eher im Wege stehen, als sich zu ergänzen, das starke 63minütige Zweitwerk auf hohem Niveau ab. Nur die Schriftschnittvielfalt in der Tracklist, die sich in den Lyrics noch extremer fortsetzt, wirkt eher etwas bemüht.
Kontakt: www.puresteel-records.com, www.krossfirebg.com

Tracklist:
The Ninth (The Lost Eagle, Part I)
The Last Ride (The Lost Eagle, Part II)
King Will Come (The Lost Eagle, Part III)
Destiny's Calling
One More Time
Farewell
Fall From Grace
Annabelle
Glory To Heavens
Like A Shadow
Rule The Dark
Heaven Halls



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver