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KALAPÁCS: Enigma
von rls

KALAPÁCS: Enigma   (Hammer Records)

József Kalapács stellt zweifellos eine der zentralen Figuren der ungarischen Metalszene dar, aber obwohl die nach ihm benannte Metalformation nach einem Soloprojekt (per se mit austauschbaren Mitmusikern) aussieht, so täuscht dieser Eindruck: Das Quintett ist mittlerweile bei Album Nr. 11 angekommen und spielt noch immer in der Besetzung vom 2002er Zweitling "Ösztön" (die erste Kalapács-Scheibe hatten u.a. Endre Paksi, Richard Rubcsics und Peter Hornyák veredelt, die damals bei Wellington spielten und sich bald daran machten, eine neue Besetzung von Ossian zusammenzustellen), was in der schnellebigen Metalwelt von heute doch schon eine gewisse Besonderheit darstellt. Aber vielleicht hilft da die gruppeninterne Demokratie weiter: Alle vier Instrumentalisten sind ausgezeichnete Songwriter, und auf "Enigma" durfte jeder mindestens zwei Songs beisteuern, wobei Drummer Zsolt Beloberk mit fünf Kompositionen den Löwenanteil abbekommen hat. Und das Quartett macht seine Sache auch richtig gut, sowohl songwriterisch als auch beim Einspielen der Instrumente: Klassischer Power Metal ist hier zwölfmal zu hören, mit kernigem Riffing, wahlweise flitzefingerigem oder gefühlvollem Leadgitarrenspiel und einem soliden Rhythmusfundament, also allen Zutaten, die sich der Anhänger dieser Richtung wünscht. Nur ein Wunsch bleibt offen, und der hat ausgerechnet mit József Kalapács selbst zu tun: Dem Sänger merkt man sein Alter mittlerweile etwas an. Im nicht schnellen, aber sehr harten Opener "Az Ördög Visz El" bekommt man geradezu einen Schreck, wenn man das unbeholfene Geshoute in den Strophen hört, und erst der melodische Refrain beweist, daß der Sänger durchaus noch in der Lage ist, Töne zu treffen. Das speedige "Özönvíz" zeigt dann, daß er auch im Shoutbereich zu Differenzierung fähig ist, wenngleich man hier und da schon geneigt ist, ihm ein Paket Wick-Rachendrachen zu schicken. Kein Vergleich zu früheren Pokolgép-Zeiten - gut, die Biologie läßt sich nun mal nicht austricksen, aber an einigen Stellen berührt das Gebrüll unangenehm, so auch im Intro des folgenden Midtempostampfers "A Játék, Ha Véget Ér", wo dann im Refrain die Backingsänger (neben dem erwähnten Drummer noch Gitarrist László Weisz) große Schwierigkeiten haben, eine brauchbare Linie hinter die des Leadsängers zu legen. Das ist in gewisser Weise schade, weil dieser insgesamt das deutlich schwächste Glied der Kette darstellt, aber man kann natürlich auch nicht einfach den Bandgründer und -namensgeber durch einen Jungspund ersetzen, zumal der "Chef" an allen Kompositionen beteiligt war, also vermutlich zumindest die Melodielinien und Texte selber geschrieben hat. Und daß er im cleanen Bereich immer noch erstklassige Arbeit abliefern kann, beweist er in den Strophen von "Kötéltánc" - und da gelingt auch der hymnische, wenngleich ebenfalls angerauhte Refrain gleich besser. Vielleicht gelingt es auf künftigen Werken wieder besser, daß sich der Sänger auf seine Stärken fokussiert und dann auch den einen oder anderen Refrain wieder mit ausschweifenderen und zugleich merkfähigeren Melodien ausstattet - in dieser Hinsicht läßt "Enigma" durchaus noch den einen oder anderen Wunsch offen, etwa in "Elhagyott Rock And Roll", wo die Refrainmelodie so undeutlich ausgearbeitet worden ist, daß man sie erst beim dritten oder vierten Hören überhaupt als solche wahrnehmen kann. Da geht, wie man aus der Vergangenheit weiß, definitiv mehr, und die starken Power-Metal-Kompositionen der Band verdienen auch mehr. Zum besten Song gerät trotzdem die zweitzurückhaltendste Komposition, der gefühlvolle Halbakustikrocker "Zuhanni Kell" (geschrieben von Weisz), der mit diversen Ossian-Großtaten dieser Sparte problemlos mithalten kann. Generell inszenieren alle vier Songwriter (nennen wir sie beim Namen: neben den bereits erwähnten noch Bassist István Beloberk, der Bruder des Drummers und Schöpfer u.a. der schönen Abschlußballade "Búcsú Helyett", sowie Zweitgitarrist Lajos Sárközi, der mit Kalapács schon bei Omen zusammenspielte) ihr Material relativ kompakt, so daß es "Enigma" mit seinen zwölf Kompositionen auf knapp 48 Minuten Spielzeit bringt - aber sie wissen den Reichtum ihrer Einfälle trotzdem sinnvoll unterzubringen und dem Hörer die eine oder andere Überraschung zu bescheren, wozu neben dem sehr heftigen Unterbau im Opener auch die winzigen modernen Anklänge in "Verseny" (beides übrigens Kompositionen des Drummers, der aber beispielsweise mit "Adj Tenet" auch ganz "konventionellen" Stoff schreibt) zählen. Trotzdem bleibt das hier natürlich Stoff für metallische Traditionalisten, und daß "Enigma" trotz der Kritik am Sänger in jede vernünftige Classic-Metal-Sammlung gehört und all denen sehr zusagen dürfte, die sich gewünscht hatten, das jüngste Omen-Album "Huszonöt Ev" hätte seinen harten Kurs des Openers über die ganze Spielzeit beibehalten.
Kontakt: www.hammerworld.hu, www.kalapacs.net

Tracklist:
Az Ördög Visz El
Enigma
Várlak Téged
Adj Valamit
Zuhanni Kell
Özönvíz
A Játék, Ha Véget Ér
Kötéltánc
Elhagyott Rock And Roll
Fájjon, Hogy Érezz
Verseny
Búcsú Helyett



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